Nachhaltigkeit Wie die Ratings von Unternehmen funktionieren

Teil 4 unserer Serie über Nachhaltigkeitsratings beschäftigt sich mit der Frage, was sie eigentlich den Unternehmen bringen.

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Ein Gastbeitrag von Rolf Häßler von den Münchener Nachhaltigkeits-Analysten Oekom Research.  Dies ist der vierte und letzte Teil unserer Serie über Nachhaltigkeitsratings.

Der dritte Teil der Artikelserie zu Nachhaltigkeitsratings beschäftigte sich mit der Frage, wie die Investoren die Analysen und Bewertungen nutzen. Was haben aber eigentlich die Unternehmen davon, wenn sie ungefragt von den Nachhaltigkeitsanalysten bewertet werden?

Die Tatsache, dass die Unternehmen nicht Auftraggeber der Nachhaltigkeitsratings sind, unterscheidet diese fundamental von konventionellen Ratings, schafft Unabhängigkeit bei der Bewertung, begründet aber für die Nachhaltigkeitsanalysten auch die Notwendigkeit, die Unternehmen zur Teilnahme an den Ratings zu bewegen.

Hier gibt es drei große Motivatoren: Dies ist zum einen das beeinflusste Kapital. Je mehr Investoren die Ratings einer bestimmten Agentur nutzen und je mehr Kapital sie auf dieser Basis verwalten, desto größer ist die mögliche Auswirkung auf den Kurs von Aktien oder die Platzierbarkeit von Anleihen. Die Angabe der „Assets under Advisory“ gehört daher heute zur Standardkommunikation der Nachhaltigkeits-Ratingagenturen.

Der zweite große Motivator ist die Reputation der bewertenden Agentur. Hier setzt sicherlich der Dow Jones Sustainability Index (DJSI) Maßstäbe, dem es jedes Jahr gelingt, die Wechsel in der Zusammensetzung öffentlichkeitswirksam zu kommunizieren. Kaum ein im DJSI gelistetes Unternehmen verzichtet auf seiner Website und in seinem Nachhaltigkeitsbericht auf den entsprechenden Hinweis.

Diese Palmarès der Unternehmen umfassen aber darüber hinaus häufig weitere positive Bewertungen. Ratings leisten damit einen Beitrag zur Positionierung der Unternehmen. Sie können die Wahrnehmung bei den Kunden positiv beeinflussen, die Motivation der Mitarbeiter erhöhen und die Position des Unternehmens im viel zitierten „War for Talents“ verbessern.

Der dritte gute Grund für die Unternehmen, sich an Nachhaltigkeitsratings zu beteiligen, ist der unmittelbare Nutzen, den sie aus den Ratings ziehen können. Hier kristallisieren sich zunehmend zwei Funktionen der Nachhaltigkeits-Ratingagenturen heraus, von denen die Unternehmen profitieren können:

1. Nachhaltigkeits-Ratingagenturen als SherpaNachhaltigkeitsratings sind – für die Unternehmen häufig kostenlose – Stärken-Schwächen-Analysen des Nachhaltigkeitsmanagements und bilden damit eine gute Basis für dessen Weiterentwicklung. Sie zeigen den Unternehmen damit, in welche Richtung die Entwicklung gehen muss und helfen den Unternehmen damit, den Gipfel der Nachhaltigkeit zu erklimmen.

Die unabhängige Bewertung schließt dabei nach Einschätzung von oekom research aber eine entgeltliche Beratung aus. Die gelegentlich von Unternehmen gestellte Frage „Können Sie uns dabei beraten, wie wir unser Rating verbessern können“, muss aus Sicht einer glaubwürdigen Nachhaltigkeits-Ratingagentur verneint werden.

2. Nachhaltigkeits-Ratingagenturen als ScoutsIn den Kriterien der Agenturen schlagen sich sowohl die Erwartungen der relevanten Stakeholder des Unternehmens als auch neue Themen nieder, die für die Unternehmen zukünftig relevant werden können. Nachhaltigkeits-Ratingagenturen fungieren damit sowohl als Themenscouts als auch als Vermittler zwischen den Unternehmen und ihren Stakeholdern, insbesondere den nachhaltigen Investoren.

Dieser Einfluss auf die Unternehmen bringt für die Nachhaltigkeits-Ratingagenturen Verantwortung mit sich, die sich in hohen Standards für ihre Tätigkeit niederschlagen muss. Dazu zählen ein hohes Maß an Transparenz über Kriterien, Methodik und Prozesse sowie die Unabhängigkeit, die sich unter anderem in der angesprochenen klaren Trennung von Bewertung und Beratung niederschlagen muss.

Das Verhältnis zwischen Unternehmen und Nachhaltigkeits-Ratingagenturen ist trotz mancher Klage über eine vermeintliche „Fragebogenflut“ und den steigenden Aufwand für die Beantwortung entsprechender Anfragen gut – soweit oekom research es beurteilen kann. Dafür sprechen eine auf bereits hohem Niveau weiter steigende Beteiligung der Unternehmen am Ratingprozess und eine Intensivierung des Kontaktes über Telefonkonferenzen und Besuche. Es könnte aber noch besser werden, wenn die Motive und Rahmenbedingungen des jeweils Anderen noch transparenter werden. Hieran gilt es weiter zu arbeiten.

Mit diesem Artikel endet die kurze Einführung ins Nachhaltigkeitsrating. Wer sich intensiver mit dem nachhaltigen Investment im Allgemeinen oder mit Grundlagen und Methodik von Nachhaltigkeitsratings im Speziellen beschäftigen will, findet hier weitere Informationen:

Bücher:• Martin Faust, Stefan Scholz (Hrsg.): Nachhaltige Geldanlagen. Produkte, Strategien und Beratungskonzepte; Frankfurt School Verlag• Wolfgang Pinner: Nachhaltig investieren & gewinnen. Profitieren vom ökologischen Megatrend; Linde Verlag Wien• Mirjam Staub-Bisang: Nachhaltige Anlagen für institutionelle Investoren, Einführung und Überblick mit Fachbeiträgen und Praxisbeispielen; Verlag Neue Züricher Zeitung

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