Atomkraft statt Solarenergie Ägypten baut vier neue Kernkraftwerke

Statt seine Solarenergie auszubauen, kehrt Ägypten zur Atomkraft zurück und baut mit Hilfe von Russland vier neue Kraftwerke.

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Bis vor kurzem noch wollte Ägypten die Solarenergie weiter ausbauen. Nun hat das von der Sonne verwöhnte Land einen scharfen Schwenk vollzogen.

Rosatom-Chef Sergej Kirijenko und Ägyptens Energieminister Mohammed Schaker haben jetzt in Anwesenheit des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi einen Vertrag unterschrieben, nach dem die russische Atomindustrie im Land am Nil vier Kernkraftwerksblöcke mit jeweils 1200 Megawatt Leistung baut.

Russland finanziert den Bau mit einem Kredit in nicht genannter Höhe über eine Laufzeit von 35 Jahren. „Mit dem neuen Kernkraftwerk wird Ägypten zum regionalen Technologieführer im Bereich der friedlichen Nutzung der Atomkraft aufsteigen“, so Kirijenko. Er repräsentiert die rund 400 russischen Unternehmen, die am Bau von Kernkraftwerken beteiligt sind.

Atomkraftwerk mit hohem SicherheitsstandardDie ägyptischen Kraftwerke sollen in der Region Dabaa am Mittelmeer entstehen. Der Standort befindet sich rund 300 Kilometer westlich der Hauptstadt Kairo.

Die russische Industrie liefert Ägypten den modernen Leichtwassertyp WWER-1200, der auch nach westlichen Maßstäben einen hohen Sicherheitsstandard hat. Er soll sogar einen 72-stündigen Ausfall der Kühlung schadenfrei überstehen, versichert Rosatom. Im eigenen Land baut Russland 27 dieser Kraftwerksblöcke. Am weitesten fortgeschritten ist der Bau der beiden Blöcke des Kernkraftwerks Novovoronesch II im Südwesten Russlands nahe der ukrainischen Grenze.

Ebenso wie französische, japanische und amerikanische Anlagen der neuesten Generation ist er so konstruiert, dass ein schmelzender Kern aufgefangen wird und nicht tief in die Erde eindringt. Kernschmelzen treten ein, wenn die Kühlung dauerhaft versagt. Eine partielle Kernschmelze gab es beispielsweise 1979 in dem US-amerikanischen Kernkraftwerk Three Mile Island.

Wiederaufnahme bereits 2013 verkündetNach Südafrika, das seit rund 30 Jahren die Blöcke Koeberg-1 und -2 betreibt, wird Ägypten das zweite Kernenergieland auf dem afrikanischen Kontinent sein. Die südafrikanische Anlage hat der französische Hersteller Framatome gebaut. Jetzt kommt dort ebenfalls die russische Industrie zum Zuge. Bis zum Jahr 2023 sollen zwei weitere Atomkraftwerke gebaut werden.

Das Atomprogramm Ägyptens begann im Jahr 1954. Damals orderte der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser einen Forschungsreaktor, der von der damaligen Sowjetunion im Nildelta errichtet wurde. In den folgenden Jahrzehnten gab es immer wieder Pläne, kommerzielle Kernkraftwerke zu bauen. Sie wurden alle verworfen, bis der damaligen Übergangspräsident Adly Mahmoud Mansour am 7. November 2013 die Wiederaufnahme des ägyptischen Nuklearprogramms verkündete.

Atomkraft ist umstritten, weil Probleme mit einzelnen Werken zu großen Umweltkatastrophen führen können. Das passierte beispielsweise 1986 im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl – und 2011 im japanischen Fukushima.

 

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