Wenn es nach den Vorstellungen der chinesischen Regierung geht, soll die Zukunft auf den Straßen den Elektroautos gehören. Die Autofahrer des Riesenlandes haben andere Vorlieben. Sie stehen auf nicht gerade spritsparende SUV. Die Automesse von Shanghai, die an diesem Freitag ihre Pforten für das Publikum öffnet, spiegelt das Dilemma der Autobauer.
Fast alle internationalen Firmen sowie einige einheimische haben ein Elektromodell angekündigt, wenn auch noch nicht bereit für den Verkauf, so doch zumindest als Konzept. Neben ihren neuesten Limousinen und SUV sollen die umweltfreundlicheren E-Autos Raum bekommen.
So hat General Motors' Buick-Sparte kürzlich verkündet, seine Hybrid-Limousine „Velite 5“ auf den chinesischen Markt zu bringen. Einen hybriden „LaCrosse“ gibt es da bereits. Fort will einen komplett elektrischen SUV-Wagen und eine hybride „Mondeo Energi“-Limousine vertreiben. Bis zum Jahr 2025 sollen Elektroversionen von 70 Prozent der in China verkauften Modelle angeboten werden. „Wir machen unsere Elektrifizierungsbemühungen zu einem Schwerpunkt in China“, erklärte Ford-Chef Mark Fields. Auch von Volkswagen und Honda werden neue Elektromodelle und -pläne erwartet.
Das Shanghaier Startup-Unternehmen NextEV will Wagen seiner Elektroserie NIO vorstellen und den Verbrauchern schmackhaft zu machen. Doch bislang goutieren die Käufer in China die Bemühungen nicht. Im Gegenteil: Der Geschmack der chinesischen Autofahrer geht zunehmend in die andere Richtung, hin zu den benzinfressenden Geländelimousinen. Im ersten Quartal stieg der Verkauf von SUVs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 21 Prozent auf 2,4 Millionen. Der Absatz von Elektroautos ging um 4,4 Prozent auf nur 55.929 zurück.
„Es ist schwer für Anbieter, mit einem Elektroauto anzukommen und den SUVs Marktanteile abzunehmen“, resümiert Marktanalyst Ben Cavender von der China Market Research Group. Zusätzlich steigt die Nachfrage auch insgesamt nicht mehr so stark wie vor einem Jahr.
In dieser Marktsituation treffen die Autobauer auf die Pläne der Politik, China zu einem führenden Elektroauto-Land zu machen. In einem Entwicklungsplan von 2013 äußerte die Regierung ihre Vorstellung, dass bis 2015 zwei der internationalen Top-Marken aus China kommen sollten.
BYD ist der Star der chinesischen Elektrofahrzeug-Branche
Im September folgte der konkrete Vorschlag, alle Autohersteller sollten im kommenden Jahr acht Prozent ihrer Produktion Elektroautos oder Hybrid-Modellen widmen. Im Jahr 2019 sollten es zehn Prozent sein, ein Jahr später zwölf. Wer diese Ziele nicht einhalte, könne stattdessen auch Zertifikate über Anteile von anderen Unternehmen kaufen, die die Marge überschritten, heißt es.
Wie aus der Branche verlautete, reagierten die Autobauer mindestens zurückhaltend. Die Ziele seien zu ehrgeizig, brachten sie vor. Möglicherweise ruderten die Behörden in einem für dieses Jahr erwarteten, aktualisierten Plan noch zurück, meldeten dann die Medien. Offiziell war dazu noch nichts zu hören.
Elektroautos im Kostenvergleich
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
BMW i3 | Strom | 36.150 Euro | 598 Euro | 47,8 Cent |
Mini Cooper S | Super Plus | 26.600 Euro | 542 Euro | 43,4 Cent |
Mini Cooper SD | Diesel | 28.300 Euro | 519 Euro | 41,5 Cent |
Quelle: ADAC
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Citroën C-Zero | Strom | 19.800 Euro | 433 Euro | 34,6 Cent |
Citroën C1 Vti 68 | Super | 13.900 Euro | 388 Euro | 31,0 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Ford Focus Electric | Strom | 34.900 Euro | 665 Euro | 53,2 Cent |
Ford Focus 1.5 EcoBoost | Super | 25.500 Euro | 618 Euro | 49,4 Cent |
Ford Focus 2.0 TDCi | Diesel | 28.100 Euro | 623 Euro | 49,8 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Hyundai IONIQ Elektro | Strom | 33.300 Euro | 587 Euro | 47,0 Cent |
Hyundai i30 1.6 GDI | Super | 22.630 Euro | 562 Euro | 45,0 Cent |
Hyundai i30 1.6 CRDi blue | Diesel | 24.030 Euro | 548 Euro | 43,8 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Kia Soul EV | Strom | 28.890 Euro | 526 Euro | 42,1 Cent |
Kia Soul 1.6 GDI | Super | 19.990 Euro | 529 Euro | 42,3 Cent |
Kia Soul 1.6 CRDi | Diesel | 23.490 Euro | 539 Euro | 43,1 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Mercedes-Benz B250e | Strom | 39.151 Euro | 713 Euro | 57,0 Cent |
Mercedes-Benz B220 4Matic | Super | 34.076 Euro | 773 Euro | 61,8 Cent |
Mercedes-Benz B220d | Diesel | 36.521 Euro | 728 Euro | 58,2 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Nissan Leaf | Strom | 34.385 Euro | 632 Euro | 50,6 Cent |
Nissan Pulsar 1.2 DIG-T | Super | 22.290 Euro | 574 Euro | 45,9 Cent |
Nissan Pulsar 1.5 dCi | Diesel | 22.690 Euro | 535 Euro | 42,8 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Renault Zoë | Strom | 34.700 Euro | 580 Euro | 46,4 Cent |
Renault Clio TCe 90 | Super | 16.790 Euro | 433 Euro | 34,6 Cent |
Renault Clio dCi 90 | Diesel | 20.290 Euro | 454 Euro | 36,3 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Tesla Model S 60 | Strom | 71.020 Euro | 1206 Euro | 96,5 Cent |
Mercedes-Benz CLS 400 | Super | 63.427 Euro | 1198 Euro | 95,8 Cent |
Mercedes-Benz CLS 350d | Diesel | 62.178 Euro | 1156 Euro | 92,5 Cent |
Hinweis: Da Tesla selbst keine Autos mit Diesel- oder Benzinmotor verkauft, hat der ADAC zum Vergleich den Mercedes-Benz CLS herangezogen.
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
VW e-up! | Strom | 26.900 Euro | 472 Euro | 37,8 Cent |
VW up! 1.0 | Super | 14.255 Euro | 375 Euro | 30,0 Cent |
Star in der chinesischen Elektrofahrzeug-Branche ist bisher BYD Auto aus Shenzhen. Das Unternehmen versorgt Taxi- und Busflotten in China und im Ausland mit Elektrowagen und findet auch bei chinesischen Autofahrern Kunden. Im vergangenen Jahr stieg der Verkauf nach Angaben von BYD auf 100.183 Fahrzeuge. Damit wäre BYD Auto schon das zweite Jahr in Folge die größte Elektromarke, vor Tesla mit 76 230 verkauften Fahrzeugen.
Die chinesischen Mitbewerber hingegen verbuchen keine anspornenden Erfolge. Die meisten konnten im vergangenen Jahr nur ein paar Hundert Hybrid-Autos veräußern. Grund dafür ist zum einen der im Vergleich zu herkömmlichen Benzinern doppelte bis dreifache Preis - bis zu rund 50.000 Euro -, aber auch die mangelnde Infrastruktur an Ladestationen im Land. „Die größten Sorgen beim Kauf eines Elektroautos sind der fehlende Auflade-Komfort und die armselige Reichweite der meisten Elektroautos“, sagt der Branchenanalyst Zhang Xin.
Hier zumindest will die Regierung Abhilfe schaffen. Sie hat der staatlichen Stromindustrie die Errichtung zusätzlicher Ladestationen verordnet. Bis zum kommenden Jahr soll die Zahl von gut 50.000 auf 100.000 öffentliche und 800.000 private steigen. Bis 2020 soll ein Netzwerk aufgebaut sein, das fünf Millionen Fahrzeuge versorgen kann. Die Verbraucher sollen derweil mit Steuer- und Gebührenerleichterungen gelockt werden.
Dennoch rechnen die Autobauer nicht mit einem schnellen Durchbruch. „Auch 2020 wird es noch kein profitables Geschäft“, meint John Zeng von LMC Automotive. Viele Hersteller werden daher erst einmal abwarten, wie die Bedingungen für den Kauf von Zertifikaten ausfallen. Und dann entscheiden, ob sie diesen Ausweg wählen oder doch mit eigener Technologie antreten.