Exklusivstudie So sieht der Verkehr der Zukunft aus

Laut einer aktuellen Studie, werden im Jahr 2030 Autos, Busse und Fahrräder ein virtueller Fuhrpark sein. Staus und Wartezeiten auf Busse sind dann passé.

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Ein eigenes Auto, dazu noch eins der Oberklasse? Muss nicht mehr sein, in 17 Jahren jedenfalls nicht. 2030 reist der moderne Mensch anders. Zwar besitzt er noch ein Auto. Doch als Statussymbol taugt es nicht mehr. Er nutzt es nur noch, wenn alle anderen Verkehrsmittel unbequemer, teurer, umweltschädlicher und langsamer sind. Das sagt das „Barometer zur Mobilität der Zukunft“, das das Institut für Zukunftsforschung und Wissensmanagement (IFK) sowie das Automotive Institute for Management (AIM) in Wiesbaden gerade fertiggestellt haben.

„Kooperationen und bedarfs- und regionsspezifisch abgeleitete flexible Konzepte ersetzen starre Einweglösungen“, betont Professor Franz-Rudolf Esch, Akademischer Leiter des AIM, das bereits zum zweiten Mal eine solche Szenario-Studie in Kooperation mit dem IFK erstellt hat.

Die Studie beruht auf drei parallel durchgeführten Real-Time-Delphi-Panels mit 248 Experten. Die Teilnehmer bejahten oder verneinten 16 Zukunftsthesen in den Kategorien Wahrscheinlichkeit, Wünschbarkeit und Expertise, beispielsweise die Thesen „2030: Das traditionelle Eigentum von Fortbewegungsmitteln hat für Endnutzer an Bedeutung verloren“ oder „2030: Die Bereitschaft der Endnutzer zur Freigabe persönlicher Daten für Unternehmen (gläserner Kunde) ermöglicht eine optimale Abstimmung von Mobilitätsdienstleistungen auf die individuellen Bedürfnisse“.

Das Ergebnis: Multimodalität heißt das vermeintliche Wundermittel, das eine komfortable, ressourcenoptimale und umweltfreundliche Fortbewegung ermöglichen soll. In einem Zentralrechner sind sämtliche verkehrsrelevanten Informationen gespeichert: Tarife, Fahrpläne, Wetterdaten, Staus auf Autobahnen und anderen Straßen und vieles mehr.

Die Zukunft ist MultimodalAus diesem Datenpool kann sich jeder bedienen, etwa per Smart Phone, um die schnellste, preiswerteste und umweltverträglichste Möglichkeit zu ermitteln, das jeweilige Ziel zu erreichen. Berücksichtigt werden neben den eigenen Fortbewegungsmitteln wie Auto, Motorrad, Elektrofahrrad sämtliche anderen Möglichkeiten, etwa Car-Sharing, Bus und Bahn, Flugzeug, die Dienste von Mitfahrzentralen und selbst der kuriose zweirädrige Segway. Das System übernimmt zudem die Zahlungsabwicklung.

„Urbane Mobilität ist eine Quelle der täglichen Frustration für Bürger, Unternehmen und Regierung gleichermaßen“, stellen die Autoren der Studie fest. Das soll abgestellt werden. Sie gehen davon aus, dass es in Zukunft weder private noch öffentliche Unternehmen gibt, die das gesamte Mobilitätsspektrum anbieten können. „Die Zukunft liegt in Mobilitätsclustern“, heißt es.

Megakooperationen der unterschiedlichen Anbieter seien nötig. Wer da nicht mitmache, werde an der mobilen Zukunft nicht teilhaben. Einbezogen seien Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnik wie Microsoft oder Google, die ebenso wie die Anbieter von Hardware wie Bussen, Bahnen und Autos Teile des virtuellen Fuhrparks der Zukunft sein werden.

Der Fuhrpark wird virtuell„Klassische, unflexible Nahverkehre“ werde es nicht mehr geben, etwa, dass man nach der Ankunft an einem Bahnhof gerade noch die Rücklichter des Anschlussbusses sieht und eine volle Stunde auf den nächsten warten muss. Im Mobilitätssystem der Zukunft steht in einem solchen Fall ein Elektrofahrrad bereit, oder es kommt wenige Minuten später der angeforderte Bedarfsbus.

Der Staat müsse sich als Anbieter von Verkehrsdienstleistungen zugunsten der privaten Wirtschaft zurückziehen und nur noch als eine Art Moderator wirken. Die Autoren der Studie glauben, dass die Mobilität der Zukunft teurer wird als die heutige, allerdings auch komfortabler und schneller.

Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft werden 90 Prozent des Personenverkehrs auf der Straße abgewickelt. Dabei entstehen 93 Prozent der verkehrsbedingten Emissionen an Kohlendioxid. Einen nicht vernachlässigbaren Teil seines Lebens verbringt jeder Mensch im Stau. 2050 sollen es jährlich gut 100 Stunden sein, wenn das Verkehrssystem nicht gründlich verändert wird. Unfreiwillige Pausen auf Straße und Schiene wird es dann nicht mehr geben. Die werden einfach umfahren. Routenänderungen kommen automatisch aus dem Zentralrechner. Denn der denkt mit.

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