Fotovoltaik Startup verbilligt Solarzellen - mit Silizium aus der Mikrowelle

Ein Braunschweiger Startup will die Herstellung von Solaranlagen preiswerter und grüner machen.

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Solarzellen produzieren mehr als 20 Jahre lang Strom - allerdings verbringen sie die ersten vier Jahre allein damit, die Menge an Strom zu erzeugen, die bei Ihrer Herstellung verbraucht wird.

Ein Startup aus Deutschland will das ändern - und die Fotovoltaik damit nicht nur umweltfreundlicher machen, sondern auch erschwinglicher: "Unsere Technik kann herkömmliche Fotovoltaikanlagen auf dem Dach um hunderte Euro preiswerter machen", sagt Jan-Philipp Mai, Gründer von JPM Silicon aus Braunschweig.

Der Trick der Braunschweiger: Sie senken den Energieverbrauch bei der Herstellung von hochreinem Silizium - dem Ausgangsstoff für die Produktion von Solarzellen. Herkömmliche Produzenten wie etwa Wacker Chemie erhitzen dazu Quarz mit Hilfe Lichtbogenöfen auf 2200 Grad Celsius. Dabei wird Sauerstoff abgetrennt, bis hochreines Rohsilizium übrig bleibt. Es ist ein Prozess, der viel Energie schluckt - und der Solarzellen so teuer macht.

JPM Silicon will den Energieverbrauch nun kräftig senken - um 30 bis 50 Prozent. Das Startup gewinnt das Silizium mit Hilfe einer Technik, die so ähnlich jeder aus der Küche daheim kennt: Dem Mikrowellenofen. In einem zweiten Schritt wird das Material veredelt. Der Vorteil: Mikrowellen erzeugen die Wärme genau dort, wo sie gebraucht wird - nämlich im Material selbst. Das macht das Erhitzen deutlich effizienter. Nötig sind nur noch Temperaturen um 1700 Grad Celsius, um aus Quarz hochreines Silizium zu gewinnen.

Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Mai an der Technik, die er zum ersten Mal bei einem Jugend-Forscht-Wettbewerb präsentierte. Inzwischen hat JPM Silicon neun Mitarbeiter. Noch in diesem Jahr will das Startup die Pilotfertigung starten. Rund 1,5 Millionen Euro Startfinanzierung haben sich die Braunschweiger dazu gesichert. Ende 2013 will Gründer Mai die ersten Silizium-Hersteller mit der Mikrowellen-Technik beliefern.

Fotovoltaik-Anlagen würden im hunderte Euro preiswerterDie Methode, die die Braunschweiger auch auf der Hannover Messe vorstellten, könnte den Preis für Solar-Silizium nachhaltig senken. Für eine Solaranlage mit zehn Kilowatt Leistung brauchen die Zellhersteller immerhin bis zu 220 Kilogramm des Rohstoffs. "Unser Ziel sind Kosten von 15 Dollar pro Kilogramm", sagt Gründer Mai.

Derzeit kostet der Rohstoff auf dem Weltmarkt zwar nur wenig mehr - doch die Anbieter verkaufen aufgrund massiver Überkapazitäten unter Gewinn. "Wir rechnen damit, dass die Preise wieder steigen werden", sagt Mai. Dann wäre die Ware auf Basis der Anlagen von JPM Silicon deutlich preiswerter als die Ware der Konkurrenz. Die kostengünstigen Hersteller von Silizium können laut dem Würzburger Silizium-Marktforscher Bernreuter Research zu 18 Dollar pro Kilogramm fertigen.

Eine Dachanlage mit 10 Kilowatt Spitzenleistung, die heute für rund 15000 Euro verkauft wird, könnte mit der neuen Technik um hunderte Euro preiswerter werden, hofft Gründer Mai. Für die Fotovoltaik wäre es ein wichtiger Schritt. Zwar haben Solarzellen im Jahr 2012 bereits fünf Prozent des deutschen Stroms erzeugt. Aber damit die Solarenergie mit dem Strom aus Kohlekraftwerken konkurrieren kann, müssen Fotovoltaikanlagen auf dem Dach noch erheblich preiswerter werden.

Bis dahin müssen die Braunschweiger allerdings die Silizium-Hersteller noch überzeugen, dass ihre Methode einen genauso reinen Rohstoff erzeugt wie herkömmliche Verfahren. "Die Frage ist, ob Zellhersteller für einen möglicherweise nur geringen Preisvorteil ihre Herstellungsprozesse ändern, wenn sie dabei riskieren, dass Zellen mit geringerem Wirkungsgrad herauskommen", sagt Johannes Bernreuter, Inhaber von Bernreuter Research.

Zudem setzt JPM auf eine Nischentechnik, das so genannte UMG-Verfahren. Weltweit wird es derzeit nur noch von drei Unternehmen benutzt, darunter der norwegische Silizium-Hersteller Elkem. Mais Startup ist auch eine Wette darauf, dass dieser Nischentechnik dank preiswerterer Verfahren ein Durchbruch gelingt. Bis sich diese Chance bietet, muss der Markt allerdings erst seine Überkapazitäten abbauen. Analyst Bernreuter erwartet daher, dass die UMG-Technik erst in drei Jahren die Chance erhält, sich durchzusetzen.

JPM-Chef Mai hofft, dass seine Methode die Fotovoltaik aber nicht nur erschwinglicher machen kann, sondern auch umweltfreundlicher: Die Herstellung eines gesamten Moduls verschlinge damit um 30 bis 35 Prozent weniger Energie, sagt er. Musste ein Solarmodul bisher rund vier Jahre Strom erzeugen, um die Energie zu gewinnen, die bei seiner Herstellung in der Fabrik verbraucht wurde, sollen es künftig mit dem neuen Silizium nur noch drei Jahre sein.

 

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