Frage der Woche Reisen mit Auto oder Bahn - was ist umweltfreundlicher?

Eine eindeutige Anwort auf diese Frage ist komplizierter, als man es erwarten würde.

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In unserer Rubrik „Frage der Woche“ gehen wir regelmäßig einer spannenden Frage nach. Heute geht es darum, ob der Zug oder das Auto die bessere Wahl für umweltfreundliches Reisen ist. Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns an die Adresse green@wiwo.de.

Geht es um die Wahl, ob Sie für die kommende Reise den ICE oder das eigene Auto nehmen, können Sie es sich leicht machen und die CO2-Emissionen vergleichen. Die liegen, bei durchschnittlicher Auslastung, nach Angaben des Umweltbundesamtes für den Zug bei 45 Gramm je Person und Kilometer, beim Auto liegt der gleiche Wert mit 141 Gramm mehr als drei mal so hoch.

Das ist die einfache Rechnung. Sie können sich aber auch mehr Gedanken machen: Was ist, wenn wir die Infrastruktur, die für Züge und Autos benötigt wird mit einbeziehen? Was, wenn wir ein modernes, spritsparendes Auto in der Garage haben, der Zug aber mehr als ein Jahrzehnt alt ist? Allein diese zwei Fragen zeigen, dass das Argument, "wer öko ist, kauft die Bahncard 100 statt eines Autos", nicht einfach so zieht.

Eines ist jedoch klar: Mobilität auf der ganzen Welt ist einer der Haupttreiber des Klimawandels. Experten schätzen, dass rund ein Viertel der weltweiten Treibhausgase durch Autos, Flugzeuge, Schiffe und Züge verursacht werden.

Dabei ist das Auto in absoluten Zahlen bei der Umweltverpestung der Spitzenreiter. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) sorgt der Straßenverkehr für 71 Prozent des verkehrsbedingten CO2-Ausstoßes. 

Zug oder Auto - Eine Frage der TechnikDoch ganz so leicht sollten sich Autofreunde nicht abspeisen lassen. Denn Autos verbrauchen zunehmend weniger Sprit, zum Teil fahren sie sogar nur mit Strom.

Steht also vor dem Haus ein spritsparender Kleinwagen, geht es zunächst um die Frage, wie der Zug als Alternative angetrieben wird. Immer noch gibt es in Deutschland Strecken, die über keine Oberleitung verfügen und auf denen Dieselloks verkehren. Hier, das zeigen aktuelle Studien, sieht der Zug schnell alt gegenüber dem Auto aus.

Und wie sieht es mit den Klimagasen aus, die beim Bau von Bahnhöfen, dem Schienennetz und seiner Instandhaltung anfallen? Ganz generell: Infrastruktur und Herstellung eines Fahrzeuges vergrößern den ökologischen Fußabdruck der Verkehrsmittel um bis zu 100 Prozent, so die Erkenntnis von Forschern der Universitäten California und Arizona.

Die Untersuchung der Wissenschaftler zeigt: Der wahre ökologische Fußabdruck des Zugverkehrs liegt bedeutend höher, wenn man nicht nur die Reise selbst betrachtet.

Beim Auto sieht es allerdings nicht anders aus. Auch hier die Erkenntnis der Forscher: Die indirekten Emissionen vergrößern den ökologischen Fußabdruck des Autos enorm.

Das Auto holt in Sachen Umweltfreundlichkeit aufKönnte es am Ende sein, dass die Bahn ihre führende Position in Sachen Umweltschutz einbüßt? "Bisher noch nicht", sagte Mikhail Chester, Professor an der Arizona State University in einem Interview mit dem Guardian. Jedoch würde der Abstand zwischen Zug und Auto immer kleiner.

Dennoch: Während Autos durch Hybridtechnik, effizientere Verbrennungsmotoren oder Elektroantrieb immer umweltschonender werden, gibt es auch Verbesserungen bei der Bahn. Hier setzen die Zuständigen zunehmend auf Strom aus erneuerbaren Quellen, effizientere Züge und eine höhere Auslastung.

So dürfte, nach der Einschätzung von Chester, der Zug in Sachen Klimafreundlichkeit die Nase vorne behalten. Was jedoch stehts entscheidend bleiben dürfte, ist die Auslastung. Je voller das Auto oder der Zug, desto weniger schädlich für die Umwelt.

Die Überraschung am Ende: In der Klimabilanz des Umweltbundesamt liegt trotz allem der Zug nicht an der Spitze, sondern der Fernreisebus. Dieser ist im Schnitt immer gut besetzt, sodass auf jede Person nur 30 Gramm CO2 je Kilometer entfällt - ein absoluter Spitzenwert.

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