Kreisel-Batterien Drei Brüder erobern mit ihrem Akku die E-Autobranche

Mit einem einzigartigen elektrischen Sportwagen startet die Erfolgsgeschichte des Akku-Bauers Kreisel.

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Als ihr Vater sich ein Elektroauto kaufte, hatten die Brüder Philipp, Johann jun. und Markus Kreisel nur ein müdes Lächeln dafür übrig. Die Autofreaks sahen in dem Stromer kein richtiges Auto. Bis sie sich selbst hinter das Lenkrad klemmten: Vor allem von dem Drehmoment waren sie sofort begeistert.

Nur die Reichweite war eine Katastrophe. Der Renault Fluence Z.E. machte in den Bergen Österreichs nach 50 Kilometern schlapp. Beim Blick unter die Motorhaube beschlossen die drei Brüder, es selbst besser zu machen.

Nach Feierabend im Familienunternehmen schmissen sie aus einem Audi A2 Motor, Getriebe und Auspuffanlage raus und bauten eine E-Maschine, Batteriepaket, Wechselrichter und Steuerelektronik ein. Nach nur sieben Bastelabenden war der Stromer startklar. Und mit den am Markt erhältlichen Komponenten war er viel zu schwer.

Also griffen sie noch einmal tiefer in die Tasche und investierten in einen Porsche 911 Carrera S und die besten elektrischen Antriebskomponenten, die man kaufen konnte. Insgesamt 150.000 Euro ließen sie sich den Feierabendspaß kosten und begannen, ihr eigenes Batteriekonzept zu entwickeln.

450 Kilometer ReichweiteDiesmal dauerte es mehr als sieben Abende, aber ihr E-Porsche schaffte schließlich eine Beschleunigung von 5,9 Sekunden von 0 auf 100 - ist damit absolut wettbewerbsfähig, aber sparsamer und leiser als ein Benziner. Zudem ist er 50 Kilogramm leichter als das Original, schafft eine beeindruckende Reichweite von 450 Kilometern und ist in zweieinhalb Stunden vollgeladen.

Eine Leistung, von der andere Hersteller und auch Porsche nur träumen. "Die große Herausforderung beim Panamera bestand darin, die Allradtechnik ohne jeglichen Leistungsverlust beizubehalten. Deswegen entschieden wir uns  dafür, ein 7-Gang-Automatik-Getriebe mit einem Elektroantrieb zu kombinieren", erklärt Christian Schlögl, zuständig für Business Development und von Anfang an dabei. Trotz sehr geringem Bauraum schafften sie es zudem, eine Batteriekapazität von 90 kWh in den Wagen zu packen - fünf kWh mehr als Tesla verwendet.

Auf der Automesse in Salzburg stellten sie den Porsche im vergangen Jahr zum ersten Mal vor. Die Resonanz war riesig. Die ersten Aufträge trudelten ein. Vor gut einem Jahr gründeten die Brüder aus Freistadt in Oberösterreich deshalb mit der Kreisel Electric GmbH ihr eigenes Unternehmen.

Schwerpunkt liegt heute auf Akkus"Heute bauen wir nur noch Prototypen und Kleinserien von jeweils 500 Stück pro Jahr", erklärt Schlögl. Sie haben sich auf etwas anderes konzentriert: Ihr eigenes Batteriesystem, das schon heute Rekorde bricht und noch viel besser werden soll. Denn die Batterien bestimmen die Reichweite – bisher neben dem Preis das größte Manko bei Elektroautos. Die meisten Stromer halten kaum mehr als 150 Kilometer durch. Nissan will in diesem Jahr ein Auto mit immerhin 250 Kilometer auf den Markt bringen. Tesla bricht Reichweitenrekorde mit großen und somit auch schweren Akku-Systemen.

Doch trotz der namenhaften Konkurrenz: Die Kreisel-Brüder können sich vor Aufträgen kaum retten. "Wir bekommen Aufträge aus der ganzen Welt nach dem Batteriesystem", erklärt Schlögl. Produziert wird nur  in geringen Stückzahlen. Anders ist es nicht zu schaffen.

Große Fahrzeughersteller, Bootsbauer und Flugzeughersteller wollen Akkus und Antriebssysteme für ihre E-Mobile haben. Eine spezielle Anwendung ist eine nachrüstbare Hydraulikbatterie für Müllfahrzeuge, mit der sämtliche Nebenaggregate angetrieben werden. Dies führt zu einer Dieselersparnis von bis zu 20 Liter pro Stunde und zu erheblich weniger Umwelt- und Lärmbelastung.

Dazu waren beträchtliche Investitionen nötig: Über zwei Millionen Euro steckten die Brüder an Privatkapital in ihre Vision. Ein Büro ins Shanghai wurde eröffnet, 70 Mitarbeiter eingestellt und ein neues Gebäude gebaut...

Allein über eine Kooperation mit einem chinesischen Unternehmen werden dieses Jahr 40.000 Batterien für Vans und Lkw nach Kreisel-Technologie in Asien gefertigt. Die Garagenfirma mausert sich zum beachteten Technologieunternehmen, hat bereits einen Umsatz von rund sechs Millionen Euro. Tendenz: stark steigend.

Alle Geheimnisse hinter ihrer Technologie verrät das Bastlertrio nicht. Aber ein paar: "Wir verwenden die gleichen Zellen wie Tesla", erklärt Schlögl. Diese sogenannten Rundzellen sind leichter als herkömmliche Zellen, haben keinen Memoryeffekt und eine etwa 50 Prozent höhere Energiedichte als die, die sonst in der Automobilindustrie eingesetzt werden. Dadurch werden ein Drittel Material- und Herstellungskosten eingespart.

Nur mit einem entscheidenden Unterschied. Statt die Zellen wie bei Tesla durch schweißen miteinander zu verbinden, investierten die Kreisel-Brüder 800.000 Euro in einen Laser, der die Zellen zusammenfügen soll. Niemand traute ihnen zu, dass sie das schaffen, da die Zellen sehr empfindlich sind. Da zu lasern ist heikel. Doch die Brüder waren davon überzeugt und testeten lange verschiedene Möglichkeiten durch. Ein Jahr haben sie dafür gebraucht und waren schließlich doch erfolgreich. Das ungewöhnliche Verbindungsverfahren ermöglicht nun eine Schnellladung bis zu 95 Prozent - Tesla ist derzeit bei 80 Prozent.

Ladezeit wichtiger als ReichweiteAußerdem wird jede Zelle im Fahrzeug über ein flüssiges Medium umspült und je nach Bedarf geheizt oder gekühlt und damit auf einem idealen Temperaturniveau gehalten - ohne den Bauraum zu erhöhen. Damit erhöht sich die Reichweite an heißen Sommer- oder kalten Wintertagen und die Lebensdauer der Zellen erhöht sich ebenfalls. Selbst nach 400.000 Kilometer hat der Akku noch 80 Prozent Kapazität und kann in einem zweiten Lebenszyklus etwa als Stromspeicher außerhalb des Fahrzeugs eingesetzt werden.

Entscheidend ist für die Brüder aber längst nicht mehr die Reichweite. Wichtiger ist die Ladezeit. Bisher brauchen sie 18 Minuten – fünf sollen es werden. Zudem sind mittlerweile alle Fahrzeuge mit einem bidirektionalen Ladegerät ausgestattet, wodurch die Fahrzeuge als stationärer Energiespeicher verwendet werden könne. Bislang hat dies in der Branche Seltenheitswert.

Von der ersten Fahrt im Elektroauto des Vaters bis zu diesem Punkt war es ein weiter Weg, den die Brüder aber unbedingt weitergehen wollen. Für ihre besonders leichten und kompakten Lithium-Ionen Batterien erhielten sie im Oktober 2015 Anfang den Energy Award, der herausragende Projekte der Energielandschaft auszeichnet.

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