Nach Testflug Energiedrachen produziert Strom für 60 Haushalte

Mit Drachen will ein Startup doppelt soviel Windstrom produzieren, wie konventionelle Anlagen. Das könnte klappen.

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Immer mehr Deutsche begeistern sich dafür, in ihrer Freizeit Drachen steigen zu lassen. Was den Sportbegeisterten weniger bekannt sein dürfte: Mit Flugdrachen lässt sich auch Strom produzieren.

Das hat unter anderem eine Flugwindkraftanlage mit dem Namen "EK30" bei einem europaweit einzigartigen Langzeitflug  Ende November bewiesen. 74 Stunden verbrachte der 15 Quadratmeter große "Staudruckdrachen" in der Luft und produzierte dabei rund 170 Kilowattstunden Strom.

"Das hat sogar bei Eiseskälte geklappt", freut sich Peter Kövesdi vom Berliner Startup EnerKite, das die Flugwindkraftanlage baut.

Mit seiner neuen Flügelgeneration kann Enerkite an nur einem Wochenende künftig in der gleichen Flugzeit die sechsfache Menge Energie erzeugen. Genug, damit die Demonstrationsanlage EK30 über 60 Haushalte mit Strom versorgt.

Windkraft aus 300 Metern Höhe nutzenUnd so funktioniert die Anlage: Die Basis bildet ein Container, auf dem eine Winde-Station angebracht ist, die ein langes Seil aus- und einholt. Der Drachen ist an dem Seil befestigt. Gestartet wird er über einen rotierenden Masten. In 200 bis 300 Metern Höhe überträgt er die Kraft des Windes an den Generator in der Seilrolle. Ein Computer steuert den Drachen und stellt ihn perfekt in den Wind.

Die Anlage ist an einen Netz-Zugangspunkt angeschlossen, sodass der Strom direkt eingespeist werden kann. Eine Batterie kann den Strom zwischenspeichern, wenn der Stromfluss während Start und Landung für wenige Minuten unterbrochen ist. Hier ist beschrieben, wie die Technologie im Detail funktioniert.

Laut EnerKite kann die Anlage, die 2017 auf den Markt kommen soll, mit einer Leistung von 100 Kilowatt, genug Strom im Jahr produzieren, um damit 200 Haushalte zu versorgen. Der Preis würde bei sieben bis 12 Cent pro Kilowattstunde liegen, schätzt das Unternehmen.

Rund 23 000 herkömmliche Windräder drehen sich hierzulande schon. An den besten Standorten erzeugen sie Strom, der sechs Cent pro Kilowattstunde kostet, unter schlechteren Bedinungen kann es mit bis zu 12 Cent auch doppelt so teuer sein.

Auch für windschwache Standorte geeignetBraucht es die Drachenwindanlagen dann überhaupt noch?

Auf diese Frage antwortet Peter Kövesdi, dass Höhenwinde selten Flaute haben. Flugdrachen könnten so mindestens 5000 Stunden im Jahr Energie produzieren - herkömmliche Windanlagen an Land schaffen meist nicht einmal die Hälfte. Und: Da der Wind 300 Meter über dem Boden sehr viel stärker weht (eine Höhe, die konventionelle Windenergieanlagen nicht erreichen), kommen nun auch eher windschwache Standorte für die Ökostromerzeugung in Frage – zum Beispiel in Süddeutschland.

Noch ein großer Vorteil ist, dass Flugwindkraftanlagen kaum Auswirkungen auf das Landschaftsbild haben.

Da die Anlage komplett in einen Container passt, ist sie außerdem leicht zu transportieren und kann auch nach Katastrophenfällen schnell Strom erzeugen. Dann wären zur Speicherung der Energie allerdings entsprechende Batterien notwendig.

Die Konkurrenz ist großNoch handelt es sich bei EK30 um einen Prototyp. In einigen Monaten wird der Flugdrache durch einen professionellen Energiedrachen ersetzt. Kleine Betriebe und Landwirte können dann auf dem eigenen Firmengelände Strom erzeugen. Wie viel das fertige Modell kosten wird, will das Berliner Startup noch nicht sagen.

Denn das hängt auch davon ab, ob die Crowdfunding-Kampagne, die Enerkite derzeit auf Fundernation fährt, ein Erfolg wird.

Mit der Idee, Drachen und Windkraft zu verbinden, ist EnerKite allerdings nicht allein. Weltweit versuchen mehr als 20 Unternehmen und Forschungsprojekte, die neue Energieform zu kommerzialisieren. Mit dabei sind unter anderem das Startup Makani Power aus den USA, das neuerdings zu Google gehört und eine Art Segelflieger zur Stromerzeugung nutzt. Das Berliner Startup NTS  (WiWo Green berichtete) setzt als einziges Unternehmen auf Mini-Züge, die der Drachen in der Luft bewegt und so Strom erzeugt. Welche Ideen sich am Markt durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.

Dieses Video zeigt, wie die Flugwindkraftanlage funktioniert:

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