Es ist eine kleine Stadt im Norden Niedersachsens, die den Deutschen und Europa zeigt, wie es mit der grünen Mobilität geht. In Oldenburg, 50 Kilometer westlich von Bremen erledigen die Bürger 43 Prozent ihrer Alltagswege mit dem Drahtesel. Damit liegt die 160.000 Einwohnerstadt im europäischen Vergleich auf dem zweiten Platz. Nur in der niederländischen Gemeinde Houten wird mehr Fahrrad im Alltag gefahren.
Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung des Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Dieser hat in zahlreichen europäischen Städten das Fahrradverhalten der Bürger untersucht. Das Ergebnis: Deutsche Metropolen stehen mit ihren Radlern gar nicht so schlecht da.
Denn gleich auf dem dritten Rang landet die Unistadt Münster. Hier werden 38 Prozent der Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt. Damit liegt Deutschland in der europaweiten Untersuchung mit Oldenburg und Münster auf Rang Zwei und Drei. Verwunderlich: Die zwei Städte liegen mit ihrem Anteil sogar noch vor Kopenhagen.
Denn die dänische Hauptstadt wird von Experten und Medien oft als Weltfahrradhauptstadt betitelt und gefeiert, da hier zahlreiche Konzepte umgesetzt werden, die das Radeln bequemer, sicherer und vor allem attraktiver machen sollen. So gibt es hier richtige Fahrradhighways, spezielle Ampeln für den Drahtesel und Stationen, an denen man sich kostenlos öffentliche Bikes ausleihen kann.
München hat aufgeholtDennoch: Mit 35 Prozent der Alltagswege, die per Zweirad zurückgelegt werden, liegt Kopenhagen hinter Oldenburg und Münster. Allerdings ist Kopenhagen was die Infrastruktur angeht, tatsächlich die fahrradfreundlichste Hauptstadt Europas, dicht gefolgt von Amsterdam. Vielleicht liegt es hier am Wetter, dass nicht mehr Menschen auf den Radwegen unterwegs sind.
Die deutsche Hauptstadt Berlin schneidet dagegen im Ranking schlecht ab. Dort liegt der Anteil der Fahrradnutzung bei gerade einmal 13 Prozent.
Doch das Beispiel München zeigt, dass sich solch ein Rückstand in Sachen Drahteselnutzung durchaus aufholen lässt. Wurden hier bei einer Untersuchung aus dem Jahre 1995 lediglich sechs Prozent Fahrradfahrer registriert, hat sich der Anteil bis heute fast verdreifacht und liegt aktuell bei 17 Prozent. Doch billig ist solch eine positive Entwicklung selten.
Seit 1992 wurden in der bayrischen Landeshauptsadt mehr als 32 Millionen Euro zur Förderung des Radverkehrs investiert. Mittlerweile besitzt München ein Fahrradwegenetz von mehr als 1200 Kilometern, Radler genießen zahlreiche Privilegien wie die Benutzung von Einbahnstraßen in beide Richtungen und eigene Fahrradstraßen.
Oldenburg: Integration des RadverkehrsUnd wie hat es Oldenburg an die Spitze geschafft? Das liegt zum einen sicherlich an der passenden Topographie. Die flunderflache Gegend macht das Radfahren einfach und bequem. Außerdem wurde hier 2007 eine eigene Initiative zur Stärkung des Radverkehrs, die Initiative Radverkehr Oldenburg (IRO), gegründet. Sie arbeitet seitdem daran, dass sich das Fahrrad weiter als Verkehrsmittel etabliert - aber auch, und das ist vermutlich der wichtigere Punkt, dass es mit anderen Fortbewegungsmitteln verknüpft wird.
So gibt es mit dem Konzept "Bike and Ride" die Möglichkeit, das Fahrrad direkt an Bus-und Bahnhaltestellen sicher abzustellen, um mit dem öffentlichen Nahverkehr dann weiter zu fahren. Daneben bieten zahlreiche Geschäfte in der Oldenburger Innenstadt Radlern eine kostenlose Lagerung ihres Gepäcks und der Einkäufe an.
In Oldenburg freut man sich über die Silbermedaille für Fahrradfreundlichkeit. Die Kombination aus sinnvoller Verkehrsplanung für Radler und Nutzung des Drahtesels quer durch alle Altersklassen führe dazu, dass "im Ergebnis das Fahrrad im Stadtverkehr gegenüber dem Auto konkurrenzfähig in Bezug auf Schnelligkeit und Komfort ist", erklärt Norbert Korallus, Fachdienstleiter für Verkehrsplanung der Stadt Oldenburg gegenüber WiWo Green.
So zeigt die Untersuchung des VCÖ, dass Deutschland in Sachen Fahrradfreundlichkeit weit vorne liegt. Dennoch gibt es in einigen Städten noch vieles aufzuholen.
Hier die gesamte Statistik nocheinmal aufgelistet:(Anteil der Alltagswege, die mit dem Fahrrad gefahren werden)
Houten (NL): 44 Prozent (48.000 Einwohner)Oldenburg (D): 43 ProzentMünster (D): 38 Prozent
Kopenhagen (DK): 35 ProzentLeiden (NL): 33 ProzentGroningen (NL): 31 Prozent
Amsterdam (NL): 30 ProzentZwolle (NL): 30 ProzentBozen (I): 29 Prozent
Apeldoorn (NL): 28 ProzentAmersfoort (NL): 28 ProzentÖrebro (SWE): 28 Prozent
Uppsala (SWE): 28 ProzentFerrara (I): 27 ProzentFreiburg (D): 27 Prozent
Cambridge (UK): 27 ProzentOdense (DK): 27 ProzentGöttingen (D): 27 Prozent
Lund (SWE): 26 ProzentHarlem (NL): 26 ProzentEnschede (NL): 26 Prozent
Brügge (BEL): 25 ProzentBremen (D): 25 ProzentHeidelberg (D): 25 Prozent
Zanstaad (NL): 25 ProzentNijmegen (NL): 24 ProzentInnsbruck (A): 23 Prozent
Eindhoven(NL): 23 ProzentTilburg (NL): 23 ProzentAntwerpen (BEL): 23 Prozent
Malmö (SWE): 23 Prozent Cottbus (D): 22 ProzentOulu (FIN): 21 Prozent
Vantaa (FIN): 21 ProzentKiel (D) 21 ProzentUtrecht (NL): 21 Prozent
Rostock (D): 20 ProzentBasel (CH): 20 ProzentBregenz (A): 19 Prozent
Graz (A): 17-19 ProzentSalzburg (A): 17-19 ProzentParma (I): 19 Prozent
München (D): 17 ProzentKlagenfurt (A): 17 Prozent Dresden (D): 16 Prozent
Rotterdam (NL): 16 ProzentFrankfurt am Main (D): 14 ProzentStraßburg (F): 15 Prozent
Bristol (UK): 14 ProzentBerlin (D): 13 ProzentHamburg (D): 12 Prozent
Bern (CH): 11 ProzentLaibach (SLO): 10 ProzentDublin (IR): 8 Prozent
Zürich (CH): 8 ProzentHelsinki (FIN): 7 ProzentWien (:A) 6 Prozent
Brüssel (BEL): 5 ProzentOslo (NOR): 5 ProzentTallinn (Estland): 4 Prozent
Breslau (POL): 4 ProzentParis (F): 3 ProzentQuelle: Mobilitätserhebungen der Städte, VCÖ 2013