Scuddy Die Vespa unter den Elektrorollern

Der Scuddy ist Handarbeit "made in Germany". Mit dem Elektroroller haben sich zwei Kieler Maschinenbauer ihren Traum erfüllt.

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Der Markt für Elektro-Gefährte boomt. Gerade Fahrräder mit elektrischer Trittunterstützung erleben einen nie da gewesenen Aufschwung, und das nicht nur bei Senioren. Doch die E-Bikes bringen einen entscheidenden Nachteil mit sich: Sie sind schwer und können in Bus und Straßenbahnen nicht mitgenommen werden. Für Pendler, die den Weg zwischen öffentlichem Nahverkehr und Bürotür möglichst komfortabel überbrücken möchten, sind E-Bikes also keine Alternative.

Das dachten sich vor drei Jahren auch Tim Ascheberg und Jörn Jacobi. Die beiden gebürtigen Kieler machten gemeinsam Abitur und auch beim anschließenden Maschinenbaustudium saßen sie nebeneinander im Vorlesungssaal. An einem dieser Tage entdeckten sie, dass es auf dem Markt für leichte elektronische Gefährte hierzulande mau aussieht. Roller mit Elektromotor? Fehlanzeige in der Bundesrepublik. Ein kleines, relativ leichtes Gefährt mit Motor, das man auch im öffentlichen Nahverkehr mitnehmen könnte - Das wäre etwas, dachten sich Ascheberg und Jacobi.

Die Geschäftsidee der beiden war geboren. Um so professionell wie möglich in das Unternehmertum einzusteigen "haben wir gleich noch ein Studium in BWL aufgesattelt", erklärt Jacobi. Seine Abschlussarbeit des BWL-Masters drehte sich dann auch um die Idee des Elektrorollers. Thema der Arbeit:  "Märkte im Umfeld der Elektromobilität - Erfolgspotenziale für Unternehmensgründungen." So wussten die beiden Unternehmer schon zum Anfang ihrer Karriere, auf was für einem Markt sie agieren würden.

Die Idee zum Elektroroller liegt mittlerweile drei Jahre zurück, im April 2012 konnten die zwei Maschinenbauer dann ihren ersten Protoypen präsentieren. Seit März dieses Jahres wird nun der "Scuddy", wie sie den Elektroroller getauft haben, offiziell verkauft. Der Name ist dabei eine Kombination aus Scooter und Buddy. "Dein Roller und Kumpel", ist der Slogan, sagt Jacobi.

Was ihn so besonders macht? "Es ist ein Elektroroller mit der Leistung einer Vespa", sagt Jacobi. Nur wiege der Roller mit 27,5 Kilogramm mehr als 100 Kilogramm weniger und bringe dementsprechenden Fahrspaß mit sich. Das Gefühl während der Fahrt vergleicht Jacobi mit "elektrischem Kickboardfahren mit einem leichten Einschlag von Skifahren" oder einfach "surfen auf der Straße".

Angetrieben wird das Gefährt von einem Motor mit wahlweise 1000 oder 1500 Watt Leistung. Der beschleunigt das Gefährt auf bis zu 35 Stundenkilometer. Eine Technik im Inneren des Gehäuses sorgt dafür, dass die Energie, die beim Bremsen entsteht, wieder in elektrische Energie umgewandelt wird und damit den Akku lädt. Die Technik, die im Fachjargon Rekuperation genannt wird und vom Toyota Prius bekannt ist, sorgt für eine Reichweite von bis zu 40 Kilometern.

Verkehrsrechtlich ein MofaDie hohe Motorleistung lässt den Scuddy verkehrsrechtlich zum Mofa werden. Soll heißen: Kennzeichen- und Helmpflicht. "Wir sehen das positiv, da man dadurch auf jeden Fall gut versichert ist", erklärt Jacobi die Vorteile dieser Zulassung.

Ist man nicht auf dem Scuddy unterwegs, lässt er sich wahlweise auf die Größe einer Wasserkiste zusammenklappen oder zum Trolley umfunktionieren, der auch Gepäckstücke ziehen kann. Außerdem besitzt er einen aufsteckbaren Sattel auf dem man gemütlich lautlos durch die Lande gleiten kann.

Weitere Features des Elektrogefährts sind Vorder-und Rücklichter, Vorrichtungen für Fahrradschlösser und ein Chip, mit dem der Roller an- und abgeschaltet wird. "Außerdem soll bald eine Smartphone-App folgen", sagt Jacobi. Die kommuniziert dann via Bluetooth mit dem Scuddy und zeigt Parameter wie verbleibende Distanz, Akkutemperatur oder restliche Ladezeit an.

Handarbeit made in GermanyDamit ist der Scuddy ein nettes Gefährt für Pendler oder Leute, die den Roller möglichst platzsparend verstauen müssen. "Deswegen zählen auch viele Camper und Segler zu unseren Kunden", sagt Jacobi. Günstig ist der grüne Fahrspaß auf drei Rädern allerdings nicht. Die Basisversion kostet ab 3950 Euro, Extras wie Schnellladegerät kommen oben drauf.

Wie rechtfertigen die Unternehmensgründer diesen Preis? "Wir setzen auf hohe Qualität made in Germany und echte Handarbeit", sagt Jacobi. So sitzen die beiden Firmengründer morgens im Büro, nachmittags geht es in die Werkstatt, wo sie gemeinsam mit zwei Teilzeitkräften den Scuddy zusammenbauen. Eineinhalb Tage dauert es, bis eines dieser Gefährte in der eigenen Manufaktur in Kiel zusammengeschraubt ist. Die Komponenten kommen von renommierten Herstellern aus ganz Deutschland.

Scheinbar funktioniert das Konzept der beiden Kieler. Auch wenn sie zu Absatzzahlen schweigen, läuft der Verkauf bisher "sehr zufriedenstellend", wie sie sagen. Auch arbeiten die beiden an der Optimierung der Produktion, sodass bald mehr Scuddys die Werkstatt verlassen können.

Der Preis des Scuddy ist zwar hoch, jedoch dürfte ein Blick auf das Geschäftsmodell von Ascheberg und Jacobi verraten, dass sie mit ihrem Plan richtig legen. Sie haben es geschafft, innerhalb von drei Jahren und ohne die Unterstützung externer Investoren ihr Gefährt zur Marktreife und in den Verkauf zu bringen. Mögliche Konkurrenzunternehmen wie das Dresdner Startup Scrooser stecken noch in der Finanzierungsphase und ihr Roller soll mit rund 3900 Euro nur unwesentlich weniger kosten.

Dennoch: Wenn der Preis nicht bedeutend sinkt, wird der Scuddy erst einmal ein Nischenprodukt für Freunde außergewöhnlicher, grüner Vehikel sein.

Hier noch ein Video zu Scuddy:



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