Umwelt-Satellit „Sentinel“ startet in Kourou

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Am gefährlichsten ist ein Blitzschlag

Den wertvollen Standort schützt der Gastgeber nach Kräften. Besucher werden auf Waffen und spitze Gegenstände durchsucht, Busse müssen auf dem Gelände des Weltraum-Bahnhofs immer wieder Straßensperren und Stacheldraht passieren. Mehr als 7000 Kilometer von der französischen Hauptstadt entfernt tun Pariser Feuerwehrleute Dienst. Warum? „Weil das die einzige Feuerwehr-Einheit der Armee ist“, erklärt Bouchard.

Die stärkste mechanische Belastung beim Start einer Rakete entsteht nicht etwa durch die Beschleunigung, wie Heinz Sontag erläutert, der die Entwicklung der „Sentinel“-Satelliten als Programmleiter bei Airbus von Anfang an bis ins vergangene Jahr begleitet hat. Viel wichtiger seien die vom Schall verursachten Vibrationen, dem das Material standhalten muss. „Jede Komponente wird in Tests extra geschüttelt“, sagt Sontag. Beim Start werden die großen - und lauten - Ariane-Raketen mit Wasser besprüht. Zuschauer würden eine allzu große Nähe gar nicht überleben. Dafür, dass Unbefugte, Saboteure oder andere Eindringlinge fernbleiben, sorgen Gendarmen und Fremdenlegionäre.

Bei Gewitter hilft auch in Kourou nur der Blitzableiter. Kaum etwas fürchten die Experten mehr als Blitzschlag. Jede Startrampe schützen mehrere hohe, mit Kabeln verbundene Masten, die gemeinsam einen riesigen Faradayschen Käfig bilden.

Manchmal ragt zwischen den Masten auch eine Sojus-Rakete rund 46 Meter in die Höhe. Die EU nutzt russische Technologie für Lasten, die für die bis zu 30 Meter hohe Vega zu schwer und für die 62 Meter hohe Ariane zu leicht sind. Einige Dutzend russische Experten sind jeweils an den Sojus-Missionen in Kourou beteiligt. Die Europäer können so ein etabliertes Transportsystem nutzen, Russland bringt das Einnahmen. Viele nicht-europäische Länder nutzen die Basis in Kourou, um eigene Satelliten ins All zu bringen.

Ohnehin interessieren Ländergrenzen zumindest beim Erdbeobachtungs-Programm wenig. Esa und EU stellen die Daten kostenfrei zur Verfügung, Interessenten können im Internet darauf zugreifen. Verlierer gibt es dabei aus europäischer Sicht trotz eines Budgets von sieben Milliarden Euro nicht: Jeder ins Copernicus-Programm investierte Euro löst nach Esa-Schätzungen wirtschaftliche Gewinne von zehn Euro aus, etwa durch präzisere Angaben zum Reifezustand von Pflanzen oder zur Trockenheit von Böden für die Landwirtschaft.

Bei Überschwemmungen, Vulkanausbrüchen und Erdbeben können die Daten ebenfalls nützlich sein. Fischzüchtern helfen sie bei der Überwachung giftiger Algenblüten. Bei Copernicus gelingt Europa, was sonst oft scheitert, glaubt Josef Aschbacher, Direktor für Erdbeobachtung bei der Esa: „Es ist ein Programm, das zeigt, dass Europa wirklich gut zusammenarbeiten kann.“

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