Zweiteilige Toilette Smartes WC sammelt Urin für die Landwirtschaft

Aurin ist ein hochwirksames Düngemittel aus Urin. So könnte es künftig Kläranlagen die Arbeit erleichtern.

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Gerade mobile Toiletten von Großveranstaltungen sind für die Urin-Gewinnung prädestiniert. Quelle: dpa/dpaweb

Landwirte können in der Schweiz neuerdings "Aurin Recycling-Dünger" kaufen, einen besonderen mineralischen Dünger. Die Produktionsanlage betreibt das Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag. Rohstoff ist menschlicher Urin, der in so genannten NoMix-WCs gewonnen wird. Denn in dem steckt fast alles, was guten Dünger ausmacht.

Der Name NoMix weist dabei auf die Eigenart dieser Sanitärkeramik hin: Urin und Fäkalien werden getrennt. Der Urin fließt in ein Sammelbecken, die Fäkalien werden wie üblich per Kanalisation abtransportiert. 

Dünger dieser Art ist bereits auf einem Maisfeld getestet worden. Die Pflanzen entwickelten sich genauso gut wie die, die mit klassischem Dünger versorgt wurden. Nährstoffe aus dem menschlichen Urin könnten in der Schweiz mindestens 37 Prozent des Stickstoff- und 20 Prozent des Phosphorbedarfs ersetzen, die heute durch importierten Kunstdünger gedeckt werden, so eine Hochrechnung des Eawag.

Dünger entlastet Kläranlagen

Urin macht nur ein Prozent der Abwässer aus, die in der Kläranlage ankommen. Er enthält allerdings bis zu 80 Prozent aller ankommenden Nährstoffe für Pflanzen an Land und im Wasser. Damit es in Gewässern und letztlich im Meer keine Wachstumsexplosionen gibt müssen die Nährstoffe mit hohem Aufwand entfernt werden. Würde der Urin komplett abgetrennt, bevor er ins Abwasser gelangt, könnten Kläranlagen um 70 Prozent kleiner sein. Der Energieaufwand würde um 20 Prozent gesenkt. Entsprechend geringer wären die Kosten für die Reinigung.

Der Sanitärkeramikhersteller Duravit aus dem baden-württembergischen Hornberg hat das NoMix-WC entwickelt. Es ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Im vorderen Teil fängt es den Urin auf. Ohne Zusatz von Wasser fließt er in einen Sammeltank. Im hinteren Bereich sammeln sich die Fäkalien, die per Spülwasser in die Kanalisation befördert werden. Damit sich nichts vermischt, öffnet sich das Urin-Ableitungsrohr erst, wenn ein am Eingang installierter Sensor benetzt wird.

Der Sammelbehälter könnte, wie einst beim Plumpsklo, von Spezialfahrzeugenregelmäßig leergesaugt werden. Wird der Urin eingedampft bleibt wertvoller Dünger übrig, vor allem Salze der Phosphatsäure sowie Nährstoffe, die Kalium und Stickstoff enthalten. Langfristig könnte durch den Einsatz von NoMix der umweltschädliche Phosphatabbau eingeschränkt werden.

Forschungsprojekt zeigte Möglichkeiten auf

Im Rahmen des Forschungsprojekts Novaquatis installierte das Schweizer Wasserforschungsinstituts Eawag vor Jahren vier NoMix-WCs. Diese liefern jetzt den Rohstoff für die "Aurin Recycling-Dünger"-Anlage. Die Befragung von 1750 NoMix-Nutzern ergab, dass die große Mehrheit der Urinseparierung positiv gegenüber steht. Das Trenn-WC "stößt auf große Sympathien" und wird „trotz einiger Mängel gut akzeptiert, insbesondere in öffentlichen Gebäuden“, heißt es im Abschlussbericht des Forschungsprojekts.

In Zürichs Partnerstadt Kunming in China könnten die NoMix-WCs die letzte Rettung vor einer Umweltkatastrophe sein. In den Dianchi-See, an dem die Stadt liegt, gelangen mit dem Abwasser pro Jahr 2000 Tonnen Phosphor. Das frühere Trinkwasserreservoir kann jedoch nur 60 Tonnen pro Jahr schadlos verkraften. Die Folge der Überdüngung ist ein gigantisches Algenwachstum, das auf Dauer dazu führt, dass der See umkippt, also zu einer stinkenden Kloake wird.

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