Tiefsee-Schätze Im Ozean lagern Rohstoffe im Wert von Milliarden Euro

Auf dem Meeresboden liegen Metalle im Wert von vielen Milliarden Euro. Die Rohstoffe könnten die Industrie versorgen.

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Deutschland hat wieder eine Kolonie. Sie ist so groß wie Bayern und liegt im Pazifik - rund 1500 Kilometer vor der Westküste Mexikos in 4000 Meter Tiefe.

Auf dem Meeresboden vermuten Experten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) Schätze im Wert von vielen Milliarden, wenn nicht gar Billiarden Euro: Metalle und Seltene Erden, versteckt in Millionen Manganknollen. Gelänge es, diese zu bergen, wäre die deutsche Industrie für Jahre mit wertvollen Rohstoffen versorgt.

Auch Belgien, Frankreich, Russland und weitere Staaten haben sich bei der Internationalen Meeresbodenbehörde ISA Erkundungslizenzen für die Clarion-Clipperton-Zone besorgt, die sich bis Hawaii hinaufzieht. Der Run auf die Schürflizenzen ist verständlich. Schließlich birgt das Gebiet von der Größe Europas jeweils mehr Nickel, Mangan, Kobalt oder Thallium als alle Lagerstätten auf dem Land zusammen. Auch neue Erdöl- und Gasvorkommen entdecken Geologen und Energiekonzerne vor allem in der Tiefsee.

Rücksichtsloser Raubbau würdeGewinne verspielenDie maritime Jagd nach den letzten unerschlossenen Rohstoffreserven unseres Planeten hat begonnen. Und alle wollen dabei sein. Der Reichtum aus der Tiefe kann unseren Wohlstand mehren. Aber nur, wenn wir die Schätze mit umweltschonenden Technologien nachhaltig erschließen. Ein rücksichtsloser Raubbau würde die fragilen Ökosysteme der Ozeane für immer zerstören. Der Gewinn wäre schnell wieder verspielt.

Schon heute sind die Weltmeere, die 70 Prozent der Erdoberfläche bedecken, von großem ökonomischen Wert: 90 Prozent des Warenaustauschs zwischen den Kontinenten passieren auf dem Seeweg. Drei Milliarden Menschen decken ihren täglichen Proteinbedarf hauptsächlich mit Fisch.

Forscher finden in Meeresorganismen neue Wirkstoffe gegen Krebs - die Zahl der Pharmapatente, die auf Organismen aus den Ozeanen beruhen, ist zuletzt um zwölf Prozent gestiegen. Die Küsten bieten Milliarden Menschen Lebensraum; die Ozeane produzieren die Hälfte unseres Sauerstoffs. All das summiert sich nach Expertenschätzungen zu einem Wert von drei Billionen Dollar pro Jahr. Die Europäische Umweltagentur schätzt die Wertschöpfung der europäischen Küstenregionen und Meere auf 330 bis 485 Milliarden Euro im Jahr.

Der slowenische EU-Umweltkommissar Janez Potocnik warnt daher eindringlich davor, dieses produktive Ökosystem auszuplündern. "Nur wenn wir ein Gleichgewicht zwischen Nutzung und Schutz finden, schaffen wir Wachstum und Arbeitsplätze, die langfristig sicher sind."

Architekten entwerfenschwimmende KleinstädteWie schnell der Schaden eintreten kann, zeigt die Überfischung der Meere. Seit 1987, als fast 90 Millionen Tonnen Fisch in die Netze gingen, gehen die Fangmengen zurück. Die Weltbank taxiert die jährlichen Verluste der Fischindustrie durch das Leerfischen der Meere auf 50 Milliarden Dollar.

Vorsicht ist also geboten bei der Hebung der maritimen Schätze. Zugleich stößt der Aufbruch zur See faszinierende Entwicklungen an: Architekten entwerfen schwimmende Kleinstädte, um neuen Lebens- und Wirtschaftsraum vor den überfüllten Küstenstädten zu schaffen. Die Technologiekonzerne Siemens, ABB und General Electric arbeiten an einem Stromnetz für den Meeresgrund, das unterseeische Bagger und Bohrinseln mit Energie versorgen soll. Biologen wollen künftig auch Raubfische wie den Roten Thun in Aquakulturen züchten.

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In einer Mini-Serie beleuchtet WiWo Green in den kommenden Tagen die fantastische Unterwasserwelt mitsamt ihrer ökonomischen Perspektiven. Als nächstes stellen wir Raubfische in Aquakulturen vor.

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