Grüne Pioniere Der Öko-Ölbaron

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Die drei von der Ökotanke Quelle: Stefan Kröger für WirtschaftsWoche

Ähnliches sollen Wind und Sonne bald auch im Rest des Landes leisten, und das sei gut so, sagt Wolf. Nur für den flüssigen Kohlenstoffspeicher, das Öl, gibt es noch immer keinen Ersatz. Bis jetzt.

Denn auch dafür hat Wolf eine Idee: Erst vergangenes Jahr gründete der 71-Jährige mit drei jungen Ökonomen und Ingenieuren das Startup Sunfire. Ziel ist es, aus grünem Strom, Kohlendioxid und Wasser Treibstoffe wie Diesel, Kerosin und einen Ölersatz für die Industrie herzustellen.

Von Churchill lernen

Von der Terrasse seiner Villa hat Wolf einen weiten Blick über den See und die großen, alten Bäume im Garten. Wenn er nicht im Allgäu bei seiner Familie ist, sitzt er hier im Sommer manchmal von drei Uhr nachts bis Sonnenaufgang und entwirft Strategien für seine Unternehmen. Zu rasten ist nicht Wolfs Ding. Noch heute springt der ehemalige Zehnkämpfer fast täglich in den See und dreht seine Runden.

Auch über den Ölersatz grübelte Wolf nächtelang. Davon erzählt er in einem eindringlichen, fast messianischen Ton. Dabei spicken seine Sätze chemische Gleichungen und physikalische Formeln wie Stolperfallen. Doch wenn Wolf eine wichtige Botschaft verkündet, kann er auch anders: "Wenn wir genug regenerative Energie haben, können wir grüne Treibstoffe herstellen, bis die Schwarte kracht", sagt er. Wie sehr Wolf mit seinen Ideen begeistern kann, davon schwärmt auch Carl Berninghausen, einer der Sunfire-Gründer.

Dass die Herstellung des Ökoöls jetzt in greifbare Nähe rückt, hat vor allem mit Wolfs Hartnäckigkeit tun – und mit Weltpolitik. Damit er loslegen konnte, musste erst der Eiserne Vorhang fallen. Denn bis 1990 häufte er zwar Unmengen an Wissen über die Veredelung von Kohle zu Gas und Kohlenstoffchemie an. Umsetzen konnte er es wegen sturer Bürokraten in den Ministerien kaum.

Geblieben ist Wolf aus der Zeit vor 1990 neben seinem Wissen eine 39-bändige Karl-Marx-Ausgabe, die im Flur der Villa das Bücherregal belegt. Politisch sei Marx nicht sein Fall, sagt Wolf. Als Wissenschaftler schätzt er ihn, weil seine Analysen Pionierarbeit waren. Neben dem Marx-Wälzer stehen Dutzende Biografien. Vor allem Churchill und Bismarck haben es ihm angetan – „weil sie in widrigen Umständen an ihren Überzeugungen festhielten“. Ein bisschen spiegelt das Wolfs eigene Geschichte. Mit dem Ende der DDR gründete Wolf sein eigenes Ingenieurbüro. Aber anfangs meinte es der Kapitalismus nicht besser mit ihm als der Sozialismus. Denn jetzt musste er Geldgeber überzeugen. Die zeigten sich skeptisch, ebenso wie die Forscherkollegen.

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