Grüne Pioniere Der Öko-Ölbaron

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Wolf berichtet von einem Vortrag Mitte der Neunzigerjahre, in dem er auf einer Konferenz der Rohstoffindustrie sein Verfahren erläutert: Wie er zunächst mit regenerativem Strom Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt. Wie sich Wasserstoff dann in einer chemischen Reaktion mit Kohlendioxid zu einem Synthesegas umwandelt. Und wie dieses Gas schließlich in einer weiteren chemischen Reaktion zu einem Treibstoff- oder Ölersatz verarbeitet wird. Nach dem Vortrag lachte der Saal. Ein "Belustigungsfaktor“ sei er gewesen, sagt Wolf.

Dass seine Idee funktioniert, hat Wolf nun mit Sunfire bewiesen. Das Startup produziert eine durchsichtige Flüssigkeit mit den chemischen Eigenschaften von Diesel und Kerosin. Um Benzin und einen Ölersatz zu schaffen, müsste die Flüssigkeit in einer Raffinerie verarbeitet werden.

Kontakt zum Investor entstand zufällig

So neu die Technik ist, sie ist schon heiß umstritten. Der Physiker Klaus Lackner von der Columbia-Universität New York zeigte in einer Studie, dass grüne Kraftstoffe, wie Sunfire sie herstellt, den gesamten Treibstoffbedarf der USA decken könnten – zu heutigen Kraftstoffpreisen. Kritiker aber sprechen von Stromverschwendung. Denn bei der Umwandlung von Elektrizität in grünen Sprit geht über 30 Prozent der Energie verloren.

Diesen Vorwurf kontert Wolf mit dem Argument, dass batteriegetriebene Flugzeuge, Schiffe und selbst Autos auch in Zukunft keine weiten Strecken fahren können. Zudem passten seine Kraftstoffe zur bestehenden Infrastruktur. Dass Wolf seine Idee nach Jahren vergeblicher Investorensuche realisieren konnte, verdankt er einem Treffen auf einer Party. Dort erzählte er einem Gast von seiner Technik. Der schickte ihn zu seinem Onkel. Der Onkel war Hanns Arnt Vogels, ehemals Chef des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns Messerschmitt-Bölkow-Blohm und ein bestens vernetzter Manager.

VW und Daimler waren interessiert

Vogels war so begeistert von Wolfs Ökosprit, dass er ihm Termine bei den Chefs von VW und Daimler besorgte. Aber die Idee, mit Luft und Wasser zu fahren, war den Auto-Zaren Ferdinand Piëch und Jürgen Schrempp zu abenteuerlich. Immerhin konnte Wolf sie für ein Projekt mit ähnlicher Technik gewinnen: Diesel aus Biomasse wie Holz herzustellen.

Mit den prominenten Geldgebern im Rücken baute Wolf im sächsischen Freiberg den Biodieselproduzenten Choren auf. Das Potenzial des Verfahrens galt als enorm: Die staatliche Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe schätzte, dass Biokraftstoffe à la Choren künftig ein Viertel des deutschen Treibstoffbedarfs decken könnten. Bis zu 270 Millionen Liter Treibstoff sollten die Anlagen des Unternehmens, das zwischenzeitlich 300 Mitarbeiter beschäftigte, im Jahr herstellen. Anfang 2011 stand die Technik, um Holzschnipsel in Diesel zu verwandeln, kurz vor der Marktreife. Doch das Verfahren erwies sich als komplizierter, als Anfangs gedacht. Nachdem bei Testläufen Schwierigkeiten auftraten, musste Choren im Juli 2011 Insolvenz anmelden.

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