Hochgeschwindigkeitszüge Siemens und Alstom rasen um Platz eins

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Der AGV: das neue Quelle: REUTERS

Alstom versucht, Käufern mit diversen Weltrekordfahrten zu imponieren. Während Siemens Höchstgeschwindigkeiten mit Serienzügen austestet, präparieren die Franzosen ihre Renner speziell. Als sie am 3. April 2007 den Geschwindigkeitsrekord auf 574,79 Kilometer pro Stunde schraubten, hatten sie die Antriebsleistung des TGV von 9,3 auf fast 20 Megawatt erhöht. Der Siemens-Rekord liegt bei Tempo 404.

„Reisegeschwindigkeiten von 500 Kilometer pro Stunde sind technisch durchaus machbar“, sagt Siemens-Manager Steuger. » Derzeit allerdings nur zulasten der Wirtschaftlichkeit. Denn oberhalb von Tempo 350 steigt der Luftwiderstand exponentiell an und mit ihm der Energieverbrauch. Künftige Entwicklungen konzentrieren sich darauf, die Windschlüpfigkeit zu erhöhen. „Unser Zug soll wie eine Python über die Schienen gleiten“, nennt Steuger als Ziel. „Da darf nichts rausgucken.“

Alstom baut den AGV schon mit windschnittigen Verkleidungen. Wichtig sei vor allem ein glattes Dach, meint Steuger. Zusätzlich müssen Fallwinde entschärft werden, die zwischen die Waggons stürzen und den Widerstand erhöhen. Auch an den Seiten soll der Hochgeschwindigkeitszug der Zukunft wieder so glatt werden wie der ICE der ersten Generation. Dessen Verkleidungen hielten dem Stress jedoch auf Dauer nicht stand. Bisher haben die Siemens-Ingenieure einen Energieverbrauch von umgerechnet einem Liter Benzin pro 100 Kilometer und Sitzplatz erreicht. Der Airbus 380 kommt auf 3,3 Liter.

Die superschnellen und im Vergleich relativ sparsamen Züge sollen auf Entfernungen bis zu 1000 Kilometer dem Flugzeug Konkurrenz machen. Unter Berücksichtigung der Ein- und Auscheckzeiten in den Flughäfen sind Zugreisende über diese Distanzen etwa gleich schnell am Ziel. „Wir wollen die Flieger aus diesem Markt herausdrängen“, gibt sich Wolfgang Merz kämpferisch, Entwicklungs- und Marketingchef von Thalys. Das gemeinsame Unternehmen der Bahnen Frankreichs und Belgiens – mit Deutschland und Holland als Partnern – bedient die Route Paris–Brüssel–Köln/Amsterdam. Angesichts immer stärker beanspruchter Lufträume über den Metropolen lässt sich der Flugverkehr nicht beliebig ausweiten. Kaliforniens umweltbewusster Gouverneur Arnold Schwarzenegger beispielsweise drängt darauf, seine Hauptstadt Sacramento per Hochgeschwindigkeitsbahn mit San Francisco, Los Angeles und San Diego zu verbinden.

Die neusten Plänen der amerikanischen Verkehrsbehörde sehen vor, landesweit sechs voneinander unabhängige Hochgeschwindigkeitsnetze aufzubauen. Wo es wie in Florida um reine Städteverbindungen geht (Tampa–Orlando–Miami), ohne Anschluss in die Fläche, gibt Siemens-Chef Peter Löscher auch dem Transrapid eine Chance. „Es gibt noch Bedarf für ihn, vor allem zwischen Ballungsräumen in weniger dicht besiedelten Regionen.“ Der Magnetschwebezug kommt mit deutlich weniger Antriebsleistung als schienengebundene Schnellzüge aus, vor allem im Geschwindigkeitsbereich oberhalb von Tempo 350.

China, das als einziges Land über praktische Erfahrungen mit dem Transrapid verfügt, wird beim Ausbau seines Hochgeschwindigkeitsnetzes von derzeit knapp 1000 auf rund 8000 Kilometer dennoch auf diese Technik verzichten. Lediglich die Verlängerung des Flughafen-Transrapids von Shanghai bis Hangzhou ist noch im Gespräch. Besser stehen die Chancen in den reichen Golfstaaten Katar, Abu Dhabi und den Vereinigten Arabischen Emirate, die ihre Hauptstädte mit ultraschnellen Zügen verbinden wollen. Ob Hochhäuser, Flughäfen oder künstliche Inseln: Das Größte und Exklusivste ist dort gerade recht. Und exklusiv ist der Transrapid ohne Zweifel.

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