iWallet-Patent Kommt nun die iBank?

Welche Wirtschaftszweig rollt Apple als nächstes auf? Eine Frage, die sich alleine schon durch die großen Geldreserven des Konzerns stellt. Es könnte die Finanzindustrie sein. Das iWallet-Patent könnte ein Hinweis sein.

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Entwicklung der Apple-Aktie auf einem iPhone dargestellt. Revolutionieren die Kalifornier als nächstes das Banking? Quelle: dpa

Bielefeld Ryan Kim stellte vor kurzem auf dem Blog Gigaom die Frage, welchen Wirtschaftszweig Apple als nächstes aufrollen kann. Seine Vermutung: Es könnte das Banking sein. Die Frage bewegt die Fach- und Webwelt nicht zuletzt wegen der enormen finanziellen Ressourcen des Konzerns.

Ryan bezieht sich in seinem Beitrag auf eine Studie des Marktforschungsunternehmens KAE Toluna in London. Danach können sich 10 Prozent der 5.000 Befragten vorstellen, über Apple Bankdienstleistungen zu nutzen, wenn der Konzern diese anbieten würde. Diese Zahl klingt nicht spektakulär. Interessanter wird es, wenn man die Nutzer von Apple-Produkten fragt. Hier antworteten 43 Prozent, dass sie sich einen Wechsel vorstellen könnten. Sie vertrauen dem Unternehmen und glauben, dass Apple Finanzdienstleistungen einfacher zugänglich macht und neue Arten von Serviceleistungen bieten könnte. Außerdem hoffen sie, möglichst viel Finanzdienstleistungen per Smartphone abwickeln zu können. Leider wurde nicht gefragt, ob die Kunden dafür den bei Apple üblich höheren Preis bezahlen würden.

Die Studie trifft mit ihrer Aussage eine auch in Fachkreisen vertretene Position: „Angesicht der Kapital- und Liquiditätsausstattung hätte Apple keine Beschränkungen beim Aufbau entsprechender Kontenangebote. Mit der Fähigkeit, vollkommen neue Märkte zu erschließen, könnte es Apple schnell gelingen, zu einer der profitabelsten Banken aufzusteigen.”

Nun elektrisierte Apple Anfang März erneut die Fachwelt mit einer Patentanmeldung. Der mittlerweile zum Unterhaltungskonzern mutierte Computerriese aus Kalifornien hat ein Patent für die sogenannte iWallet zugesprochen bekommen. Wallet ist die englische Bezeichnung für Geldbörse bzw. Brieftasche.


Auch eBay und Google mischen mit

Die Fachwebseite Patently Apple hat die Dokumente analysiert und detaillierte Auszüge daraus veröffentlicht. Mit der iWallet würde Apple tatsächlich den ersten großen Schritt in Richtung Finanzdienstleistungen gehen. Apple selbst hat bisher weder eine iWallet angekündigt noch die dafür notwendige NFC-Technologie in das neue iPhone integriert. Aber solche Patente fördern natürlich die Spekulationen. Die Details der Anmeldung beinhalten auch die Definition für finanzielle Transaktionen und die Regeln für die Kontrolle eines Finanzkontos (rules for controlling a subsidiary financial account). In jedem Fall lassen die Patentunterlagen die Vermutungen zu, dass Apple an der operativen Umsetzung arbeitet.

Apple wäre übrigens nicht das erste IT-Unternehmen, das den Finanzsektor aufmischen will. Die eBay-Tochter Paypal gehört mittlerweile schon zu den etablierten Newcomern für elektronisches und webbasiertes Bezahlen. Google bemüht sich seit knapp einem Jahr mit seiner Google Wallet um neue Einnahmequellen. Der Suchmaschinenriese hat außerdem eine europäische Banklizenz, wie Hansjörg Leichsenring im Bank-Blog heraus gearbeitet hat.

Ergänzen lässt sich die Aufzählung durch weitere Web- und Telekommunikationskonzerne, die bereits eine Banklizenz haben sollen. Dazu gehören die Deutsche Telekom mit Click and Buy, der japanische Telefonriese NTT Docomo, der den Bankverein Werther gekauft hat. Die kanadische Rogers Telekom will nach Angaben von CBC News ebenfalls eine Bank starten. Vodafone bietet mobile Bezahlverfahren zusammen mit Visa an. Daneben hat Amazon in den USA WebPay gestartet. Damit können Kunden an andere Amazon-Kunden Geld überweisen und empfangen. Auch Microsoft stürzt sich auf das Segment des Mobile Payments. Jedenfalls deutet eine jüngst auf Payment Jobs erschiene Stellenausschreibung dies an. Aus Deutschland heraus möchte die Ottogroup Paypal Konkurrenz machen und hat dazu die Yapital Financial AG Bank gegründet, berichtet die Der Handel.


Neudefinition der Spielregeln?

Apple wäre also längst nicht der erste neue Mitspieler in dem heiß umkämpften Segment mobiler und elektronischer Bezahlung. Die neue Konkurrenz für klassische Finanzdienstleister reibt sich allerdings zunächst gegenseitig auf, wenn sie sich nicht auf gemeinsame Standards verständigt. Viele unterschiedliche Technologien erfreuen zwar die Early Adopter, verwirren aber die Masse der Verbraucher. Nicht vergessen werden sollten außerdem die Einzelhandelsunternehmen, die am Ende entscheiden, wie an der Ladenkasse bezahlt werden kann (siehe dazu „The Most Powerful Man in Payments“).

Apple wird aber zugetraut das zu tun, was der Konzern jedes Mal macht, wenn er in einen neuen Sektor einsteigt: Die Neudefinition der Spielregeln. Die klassische Finanzbranche betrachtet diese Entwicklungen vergleichsweise defensiv. Dies könnte sich freilich einmal als Fehler erweisen.

Apple darf man durchaus zutrauen mit dem nächsten disruptiven Produkt das Banking 1.0 aufzumischen. Schon oft erzählt sind die Geschichten, wie Apple von Wettbewerbern vor dem Eindringen in neue Geschäftsfelder belächelt wurde. Viele dieser Wettbewerber, die Steve Jobs einst mit Häme und der Arroganz des Stärkeren überschüttet haben, existieren heute nicht mehr oder haben ihre Kerngeschäftsfelder gewechselt.

Übrigens, die Domain www.iwallet.com hat sich bereits ein Unternehmen gesichert, das in die Fußzeile schreibt: "This domain may be for sale". Die iBank gibt es bereits unter http://www.ibank.com Sie sitzt ebenfalls in Kalifornien, 344 Meilen weit weg vom Hauptquartier von Apple - noch.

Über den Autor

Dirk Elsner war mehrere Jahre Bereichsleiter einer Bank und Geschäftsführer einer mittelständischen Unternehmensgruppe. Heute berät der Bielefelder für die Innovecs GmbH Banken und mittelständische Unternehmen und betreibt privat das Wirtschaftsblog Blick Log.

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