Leit-Artikel Haier Smart-TV-Kit Frischzellenkur für den Fernseher

Ein „Tatort“ aus der Mediathek oder eine Runde „Angry Birds“: Mit dem Smart-TV-Kit von Haier schaffen es ältere Fernseher ins Web-Zeitalter. Das System überzeugt mit einer doppelseitigen Fernbedienung – und Offenheit.

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Düsseldorf Hunderte Sender und nichts Interessantes dabei: Dieses Problem kennen viele Zuschauer. Eine Nachrüstlösung soll helfen, den Fernseher smart zu machen und Videos aus dem Netz auf die Mattscheibe zu holen. Mit dem Smart-TV-Kit vom chinesischen Hersteller Haier, das aussieht wie ein überdimensionierter USB-Stick, erhält das TV-Gerät eine Benutzeroberfläche, auf der mehr möglich ist als nur Zappen und Videotext.

Das Android-Gerät macht aus dem Fernseher ein Smart-TV – und das im Handumdrehen. Denn der Haier-Stick ist kinderleicht anzuschließen. Auch bei einem älteren Gerät, sofern es einen HDMI-Eingang besitzt. Den Stick einmal eingesteckt, ist die Installation fast schon abgeschlossen. Fehlt nur noch die Stromversorgung: Den Saft erhält der Stick über den USB-Anschluss des Fernsehers oder das mitgelieferte Stromkabel.

Den HDMI-Anschluss im TV-Gerät angewählt, begrüßt den Nutzer der Schriftzug des Herstellers Haier auf dem Bildschirm. Nach kurzer Ladezeit ist die Benutzeroberfläche zu sehen. Noch schnell das heimische WLAN eingerichtet und der Stick ist einsatzfähig.

Zugegeben: Die türkisfarbene Oberfläche mit den grauen Navigationsboxen kommt etwas kühl und wenig heimelig daher. Die Anzeige der Uhrzeit ist Standard und das lokale Wetter eine kleine Spielerei. Aber es sind auch vielmehr die Möglichkeiten des Sticks, die auf dem Fernsehgerät für Abwechslung sorgen.

Diese muss man sich aber erst erschließen. Gesteuert wird der Stick mit einer eigenen Fernbedienung, die in weiten Teilen überzeugen kann. Mit Richtungspfeilen navigiere ich mich über die Oberfläche. Das Element, auf dem ich mich gerade befinde, wird durch eine Art Laternenlicht hervorgehoben. Mit einem Tastendruck kann ich es anwählen.

Einfacher ist allerdings die Navigation per Mauszeiger. Die Fernbedienung lässt sich vom Tasten- in den Mausmodus umstellen. Wie auf einem PC bewege ich dann einen Mauszeiger auf der Oberfläche, indem ich die Fernbedienung auf den Fernseher richte und sie in die jeweilige Richtung bewege – die Sensorverbindung ist auch mit ein paar Metern Abstand erstaunlich stabil. Der nötige Bewegungssensor wird per USB an den Stick angeschlossen.

Also ab ins Internet! Mit dem vorinstallierten Webbrowser lässt sich problemlos surfen. Doch um wirklich alles gut lesen zu können, muss ich hoch von der Couch und auf den Hocker vor dem Fernseher. Zudem fällt das Scrollen auf Internetseiten sowohl im Tasten- als auch im Mausmodus schwer. Immerhin macht sich die doppelseitige Fernbedienung bezahlt: Auf der Rückseite befindet sich eine Qwerty-Tastatur, mit der schnell die nächste Webadresse eingetippt werden kann. Im Test versagt die Tastatur aber ausgerechnet beim @-Zeichen.


Streaming-Dienste und „Angry Birds“ von der Couch

Mehr Möglichkeiten als im Browser habe ich ohnehin, wenn ich Apps installiere. Vorinstalliert sind Anwendungen wie Youtube oder Facebook. Der Stick läuft mit dem Betriebssystem Android von Google und bietet Zugang zu dessen Online-Plattform Play Store. Dort lassen sich weitere Mini-Programme herunterladen. Mehr als eine Million Apps warten im Store, ich entscheide mich zunächst für die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Schließlich möchte ich den Stick vor allem dafür nutzen, wofür Fernseher grundsätzlich einmal gebaut wurden: um Bewegtbilder zu schauen.

Die Installation der Apps geht leicht von der Hand. So kann ich am Montagabend den ARD-„Tatort“ gucken, den ich am Vortag verpasst habe. Richtig interessant wird es aber bei Video-Streaming-Diensten wie Maxdome oder Lovefilm, die Tausende Filme und Serien zum ständigen Abruf bereithalten. Ich entscheide mich für den Test von Watchever – und werde zunächst enttäuscht. Der Player in der App spielt nichts ab, es liegt offenbar an Android. Doch mit einem Update der App Mitte Dezember verschafft Watchever Abhilfe: Die Erfolgsserie „Breaking Bad“ könnte ich mir nun staffelweise gönnen – wenn doch nur die Zeit dafür da wäre.

Bei den Streaming-Diensten zeigt sich der Vorteil des Android-Sticks gegenüber dem Konkurrenz-Produkt Apple TV. Auf der kleinen schwarzen Box aus Cupertino sind die Apps vorinstalliert. Von den Streaming-Diensten ist jedoch nur Watchever vertreten. Will ich andere wie Maxdome oder die Mediatheken von ARD und ZDF benutzen, muss sie auf einem anderen Apple-Gerät wie dem iPad aufrufen und das Tablet per Air Play mit Apple TV verbinden. Auf dem Android-Stick kann ich hingegen installieren, was ich will. Und wenn kein Speicher (4 Gigabyte hat der Stick) für die nächste App mehr vorhanden ist, kann ich ihn mit einer Micro-SD-Karte erweitern.

Selbst speicherfressende Spiele-Apps lassen sich dann herunterladen. Zum Test installiere ich den Klassiker „Angry Birds“, der sich zu meiner Überraschung von der Couch aus spielen lässt, auch wenn man merkt, dass das Spiel nicht für einen Fernsehbildschirm konzipiert wurde.

Fazit:

Insgesamt überzeugt mich der Smart-TV-Stick von Haier. Der Ausflug des chinesischen Elektronikherstellers in die Unterhaltungswert ist gelungen. Der Stick läuft stabil und verfügt mit dem Play Store über eine gute Grundlage. Sympathisch macht das System seine Offenheit im Gegensatz zur geschlossenen Welt von Apple TV. Preislich liegen beide bei rund 100 Euro gleichauf. Auch wenn noch nicht immer alles perfekt ausschaut: Der Stick taugt, um ältere Fernseher in das Smart-TV-Zeitalter zu bringen und auch, um ältere bereits mit Smart-TV ausgerüstete Geräte auf den aktuellen Stand zu bringen.

Wer auf Android setzen will, kann allerdings auch auf das Original warten. Googles in den USA sehr erfolgreiche TV-Stick Chromecast wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2014 für ganze 35 Euro auch nach Deutschland kommen. Damit ist er eine Alternative für den Gelegenheitssurfer, der ohnehin schon die meiste Zeit mit Videos von Youtube verbringt. Wer allerdings Wert auf Online-Videos von RTL oder ZDF-Mediathek legt, der ist mit Chromecast (noch) verloren.

Technische Daten

Haier Smart-TV-Kit

ProzessorARM Cortex-A9 Doppelhertz-Prozessor 1,6 GHz
3D GrafikprozessorMali 400, OpenGL ES1.12.0
BetriebssystemAndroid 4.1 Jelly Bean
Arbeitsspeicher1 GB (DDR3)
Massenspeicher4 GB Flash
KonnektivitätHDMI, Micro USB 2.0, Micro-SD, WLAN, Infrarot
Maße9,6 x 3,45 x 1,2 cm (Breite x Höhe x Tiefe)
PreisUm die 100 Euro
Mehr Informationen

http://www.haier.com/de/produkte/tv/dongle/android-dongle.shtml

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