Medizin Alzheimer - die erfundene Krankheit

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Konrad Beyreuther Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche

Professor Beyreuther, Sie gelten als Deutschlands Koryphäe in der Alzheimer-Forschung. Sind Sie einem Phantom hinterhergerannt?

Beyreuther: Natürlich nicht. Ich finde Frau Stolzes Aussage, Alzheimer existiere nicht, reichlich mutig. Schließlich kennen wir eine Reihe von Gendefekten, die die Menschen schon mit 50 oder 60 Jahren in diese Krankheit und die dazugehörende Hilflosigkeit zwingen.

Stolze: Erblich bedingte Demenzerkrankungen sind die absolute Ausnahme.

Beyreuther: Tatsächlich ist zwar nur ein Tausendstel aller Alzheimer-Kranken von solch einem massiven Gendefekt betroffen. Aber die Veränderungen, die in den Gehirnen dieser Menschen ablaufen, sind identisch mit denen aller anderen Alzheimer-Patienten.

Stolze: Woher wollen Sie wissen, wer Alzheimer hat und wer nicht? Es wird doch kaum ein Patient nach dem Tod obduziert. Dabei heißt es in allen offiziellen Statements, dass nur eine Obduktion Gewissheit bringen kann, ob ein Gehirn die als typisch geltenden Proteinablagerungen im Gehirn aufweist. Das sind zum einen Amyloid-Plaques und zum anderen sogenannte Tau-Fibrillen.

Beyreuther: Da liegen Sie falsch. Man kann Alzheimer aufgrund des klinischen Befunds eines Patienten erkennen. Dazu gehört zum Beispiel ein ausführliches psychologisches Gespräch sowie Merk- und Konzentrationstests.

Stolze: In der Tat heißt es immer wieder, mit solchen Tests sei heute eine sehr zuverlässige Diagnose möglich. In Wirklichkeit gilt das Ausschluss-Prinzip: Wenn der Arzt nichts findet, was in seinen Augen erklärt, warum der Patient verwirrt ist, dann muss es wohl Alzheimer sein. Selbst in der 2009 herausgegebenen Leitlinie Demenzen, der

Beyreuther: Dann ist Deutschland wie so oft hinten dran. Im Februar dieses Jahres hat das National Institute on Aging, also die US-Behörde für Alternsforschung, mit der Alzheimer Association neue Leitlinien veröffentlicht. Sie berücksichtigen Bildgebung und Biomarker im Blut, die die Proteinablagerungen im Gehirn nachweisen und eine klare Alzheimer-Diagnose zulassen.

Ist das der Biomarker-Test, den Sie entwickelt und über die Firma Abeta vertrieben haben, an der Sie beteiligt waren?

Beyreuther: Er basiert zumindest auf unserem Test der Beta-Amyloide. Allerdings wurde das Unternehmen bereits 2003 an ein Schweizer Unternehmen verkauft, das es an Millipore weiterverkaufte. Millipore gehört heute dem Darmstädter Pharmakonzern Merck.

Und wessen Gehirn diese Ablagerungen oder Plaques aufweist, der hat Alzheimer?

Beyreuther: Nein, das ist keine klinische Diagnose, sondern der Nachweis des Proteinablagerungsprozesses, der zur Alzheimer-Krankheit führt.

Stolze: Dafür gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg. Im Gegenteil. Seit Längerem weiß man, dass rund ein Drittel aller normal alternden Menschen, die bis zu ihrem Tod völlig klar im Kopf waren und nach ihrem Tod obduziert wurden, so viele Plaques im Gehirn hatten, dass der Befund eindeutig Alzheimer gelautet hätte. Das passt nicht zusammen.

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