Medizin Hormon als Sonnenschutz

Nie hatten die Deutschen so viel Auswahl beim Sonnenschutz wie heute. Neue Wirkstoffe sollen uns vor UV-Strahlen und Hautkrebs schützen. Doch einige sind von höchst zweifelhaftem Nutzen.

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Risiko Sonnenbaden: Letztes Quelle: dpa

CUV 1647 – der Name klingt wie ein Aktenzeichen aus deutschen Amtsstuben. Doch hinter dem spröden Kürzel verbirgt sich eine neue Substanz aus Australien, die in Internetforen schon als Lifestyledroge und Zaubertrank zum Erreichen von Schönheitsidealen unserer Zeit gefeiert wird. CUV 1647 ist ein künstliches Hormon. Spritzt man es unter die Haut, wird sie braun – viel gleichmäßiger als von jeder Bräunungscreme, ohne Flecken und ohne Bikini-Abdruck.

Aber das Hormon hat jede Menge Nebenwirkungen. Es wirkt im Gehirn sexuell stimulierend und sogar appetitzügelnd. Kein Wunder, dass das Mittel – obwohl noch nicht einmal zugelassen – bereits schwarz im Internet gehandelt wird. Rund um „Melanotan“, so der frühere Markenname der Stoffes, entstehen gerade zahlreiche Communitys, die Tipps und Erfahrungen im Netz austauschen.

Gefahrloses Bräunen – den alten Traum aller Sonnenanbeter soll nicht nur das australische Sonnenschutzhormon endlich erfüllen. Forscher und Entwickler in den Laboren von Universitäten und Kosmetikherstellern arbeiten an einer Flut neuartiger Sonnenschutztechniken. Die Palette reicht von beschichteten Nanopartikeln über High-Tech-Reparatursysteme für die Haut, die Wissenschaftler aus Bakterien isolieren, bis hin zu Antioxidantien, die UV-geschädigte Zellen wieder frisch machen sollen.

Die Inhaltsstoffe sind entscheidend

Doch das ist erst der Anfang. Für die nächsten Jahre erwarten Experten einen regelrechten Innovationsschub bei Sonnenschutzmitteln, die nicht nur ein kurzfristig schmerzfreies, sondern vor allem langfristig unschädliches Bräunen ermöglichen sollen. Denn längst ist klar: UV-Strahlung ist Hautkrebsursache Nummer eins. Mehr als 140.000 Bundesbürger erkrankten nach Angaben der Deutschen Krebshilfe alleine im vergangenen Jahr, und etwa 3.000 starben daran.

Um sich davor zu schützen, greifen die Deutschen immer öfter zu immer teureren Produkten. Rund 130 Millionen Euro gaben sie 2008 für Salben, Cremes und Sprays gegen Sonnenbrand aus. Den größten Zuwachs verzeichnen die Hersteller bei den besonders aufwendigen Produkten, etwa Sonnenmilch mit Lichtschutzfaktor von 30 und mehr. Dabei achten die Käufer in erster Linie auf die Inhaltsstoffe der Produkte und weniger auf deren Preis. Das ergab eine Umfrage des VKE-Kosmetikverbands in Berlin.

Braun mit Modedroge CUV 1647

Ein Ende des Trends ist nicht in Sicht. Denn dass Sonne gefährlich ist, lernen Kinder heute schon im Kindergarten. Zwar braucht unser Körper Sonnenstrahlung, um Vitamin D zu produzieren. Doch dafür reichen schon wenige Minuten am Tag. Zu viel davon hingegen schädigt die Haut. Ein großer Teil der sichtbaren Hautalterung geht auf die UV-Strahlung zurück.

Mehr noch: „Allein dadurch, dass wir immer älter werden, steigt das Risiko, irgendwann an Hautkrebs zu erkranken“, sagt Klaus Hoffmann, Leitender Oberarzt der Universitätshautklinik Bochum: „Wer 70 Jahre Sonne abkriegt, bekommt früher oder später ganz sicher Krebs.“

Glaubt man den Fans der Modedroge CUV 1647, muss es so weit gar nicht mehr kommen. Schließlich sei die Haut – hormonell vorgebräunt – deutlich besser gegen die aggressive Strahlung geschützt. Dabei wurde das Hormon eigentlich von einem australischen Hersteller entwickelt, um Menschen zu helfen, die an einer schmerzhaften Sonnenunverträglichkeit leiden. Derzeit wird der Wirkstoff in klinischen Studien getestet, eine Verwendung als Kosmetikum war laut Hersteller nie geplant.

Das Medikament hilft der Natur auf die Sprünge. Auf UV-Bestrahlung reagiert der Körper nämlich mit der Produktion von Hormonen, die dafür sorgen, dass in den speziellen Pigmentzellen in der Haut, den  sogenannten Melanozyten, der Farbstoff Melanin gebildet wird – der körpereigene Schutz vor Sonnenbrand. Diese Pigmente, die für dunkle Haut sorgen, wandeln die absorbierte UV-Strahlung in Wärme um. CUV 1647 bringt den Körper dazu, auch ohne Sonne Melanin zu bilden.

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