Medizin Neue Impfmethode schützt besser vor Grippe

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Warum eine neue Impftechnik besonders gut schützt (zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)

Intanza ist eine Fertigspritze, in die der Impfstoff schon integriert ist. Deshalb ist es ein aufwendig herzustellendes Produkt – und damit für eine pandemische Massenimpfung bislang untauglich. Hier sind Zehner- oder Hunderter-Packgrößen gefragt, die in eine Spritze aufgezogen und dann mit jeweils neuer Nadel den Impflingen in den Arm gejagt werden.

Für Grippe-Pandemien bietet das neue Impfverfahren dennoch wichtige Lösungsansätze: Weil die Impfung in die obere Hautschicht so wirksam ist, kann dieMenge an Impfsubstanz deutlich reduziert werden – von bisher 15 Mikrogramm auf 9 Mikrogramm, wie Studien ergaben. Sollte der Schweinegrippe-Erreger aus Mexiko in den nächsten Monaten noch aggressiver und tödlicher werden, steht theoretisch die Impfung von allen sechs Milliarden Menschen an. Weil das logistisch und produktionstechnisch unmöglich ist – bisher werden pro Jahr etwa eine halbe Million Dosen des saisonalen Impfstoffs hergestellt –, wünschen sich Hersteller und Experten genau solch eine Impfstoff-Variante, die mit geringeren Mengen aktiver Impfsubstanz die gleiche Wirkung erzielt.

Spritze in die Dermis

Ihre große Wirkung erzielt die neue Impfmethode, weil die Substanz nicht wie bisher ins Muskelgewebe oder die Unterhaut gespritzt wird, sondern in die nur drei Millimeter dicke eigentliche Haut, die Dermis. Hier kommen Immunzellen, die auf den Impfstoff reagieren und in eine aktive Immunantwort umwandeln, in sehr hoher Konzentration vor. Zudem ist die Dermis extrem dicht gespickt mit einem Typ von Abwehrzellen, der besonders wichtig ist, um einen effektiven Immunschutz vor einer Ansteckung herzustellen – den dendritischen Zellen. Das ist auch bei älteren Menschen so, deren Immunsystem sonst im Alter eher schwächer wird. „Die Oberhaut ist unser Schutzmantel gegen die Umwelt, hier ist die Barriere gegen Eindringlinge wie krank machende Viren und Bakterien besonders stark“, sagt Stephan Grabbe, Direktor der Universitäts-Hautklinik Mainz.

Nachfolgeprodukte sind geplant

Dass Impfstoffe in dieser Hautschicht besonders wirksam sind, haben Forscher erst in den vergangenen Jahren erkannt, vor allem bei experimentellen Impfungen gegen Krebs, Gelbsucht oder Aids. In vielen Entwicklungsländern werden seither Impfstoff-Rationen gegen jegliche Krankheiten halbiert oder geviertelt und dann mit ruhiger Hand ganz flach und quer zur Hautoberfläche gespritzt. „Das klappt mal mehr, mal weniger gut“, sagt Gabbe.

Bei dem neuen Produkt von Sanofi Aventis ist das einfacher, weil zusammen mit dem US-Medizinbedarf-Spezialisten Becton Dickinson (BD) eigens ein Applikationssystem entwickelt wurde, das sicher und exakt in diese dünne Oberhaut trifft. Ein solches Impfsystem ist bisher einmalig auf der Welt. Doch Nachfolgeprodukte sind schon geplant, wie Albert Garcia, Epidemiologe der Sanofi-Aventis-Konzernzentrale in Lyon, verrät, denn prinzipiell ist das Konzept auf jeden Impfstoff übertragbar: „Erste Tests mit einer Impfung gegen Hirnhautentzündung beginnen im August.“

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