Mission Phoenix Vom Weltraum-Schrott zum Weltraum-Wertstoff

Die Forschungsagentur der US-Streitkräfte lässt einen Roboter entwickeln, der ausgediente Satelliten im All recyceln soll. Doch die meisten Erdbeobachter sind für eine solche Wiederverwertung gar nicht ausgelegt.

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Die Darpa-Illustration zeigt den Reparatur-Satelliten bei der

Geht ein Satellit kaputt, muss er durch einen neuen ersetzt werden – ein teures Unterfangen. Dabei kreisen jede Menge Satelliten um die Erde, die nicht mehr in Betrieb sind, aber durchaus noch brauchbare Teile haben. Ließen sich diese wiederverwerten, könnte manch ein Satelliten-Neustart vermieden werden, so die Überlegung der Experten der Defense Advanced Research Projects Agency (Darpa). Die Forschungsagentur der US-Streitkräfte hat deshalb das Projekt Phoenix ins Leben gerufen.

Ziel ist es, ein Weltraumreparaturfahrzeug zu entwickeln, das in den sogenannten Friedhofsorbit geschossen wird. Dieser liegt etwa 300 Kilometer über dem Orbit geostationärer Satelliten (GEO = Geostationary Earth Orbit) in 36.000 Kilometer Höhe. Hier werden ausgediente Satelliten geparkt, die in niedrigeren Umlaufbahnen zu einer Gefahr für andere Satelliten oder bemannte Raumfahrzeuge werden könnten.

Das Darpa-Szenario sieht vor, Kleinsatelliten von bis zu 10 Kilogramm Gewicht als Zuladung mit einem anderen Raumtransport in den Orbit zu befördern. Der Reparatursatellit nimmt einen oder mehrere dieser Nanosatelliten an Bord und sucht einen passenden ausgedienten Satelliten, dessen Antenne noch einsatzfähig ist. Die Nanosatelliten werden daran befestigt, schließlich die Antenne vom ursprünglichen Satelliten entfernt – fertig ist der neue Satellit.

Es gebe heute schon robotische Systeme, die es ermöglichten, einen medizinischen Eingriff aus vielen tausend Kilometern Entfernung vorzunehmen oder Bohrungen auf dem Tiefseeboden zu überwachen. Solche Systeme sollen, so die Vorstellung der Darpa, an die Bedingungen des Weltraums angepasst werden. Der Montagesatellit soll dabei nicht autonom agieren, sondern von der Erde aus ferngesteuert werden.

Nicht einfach nur ein paar Schrauben entfernen

Schwierigkeiten gibt es genug: Nicht nur, dass der Weltraumroboter Schwerelosigkeit, Vakuum und starker Strahlung widerstehen muss. „Satelliten im GEO sind nicht so konstruiert worden, um auseinandergebaut oder repariert zu werden. Da ist es nicht damit getan, einfach ein paar Schrauben und Muttern zu entfernen“, erklärt Phoenix-Projektleiter David Barnhart.

Um Teile von einem Satelliten abzubauen, müssten bildgebende Verfahren und Robotik weiterentwickelt werden. Vor allem bedürfe es neuartiger Aktoren, um die gegossenen oder geschweißten Verbindungen zu lösen. Außerdem müsse eine Möglichkeit gefunden werden, wie der Reparaturroboter bei der Montage zwei Teile festhalten und sie dann zusammenfügen kann.

Das Ganze soll dann von einem Menschen im Kontrollzentrum auf der Erde ferngesteuert werden. Das sei, vergleicht Barnhart, als versuche man, „eine Vielzahl von Legosteinen ferngesteuert zusammensetzen, die man nur durch ein Teleskop sieht.“

Weltraumschrott stellt eine Bedrohung für Satelliten und andere Raumfahrzeuge in der Erdumlaufbahn dar. Verschiedene Projekte beschäftigen sich damit, das Problem in den Griff zu bekommen. Im Rahmen des vom Deutschen Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Bremen initiierten Projekts Inveritas etwa soll ein Satellit entwickelt werden, der Weltraumschrott einfängt und unschädlich macht.

Durch Phoenix könnte zumindest ein Teil davon unschädlich gemacht werden, indem er wiederverwendet wird. Außerdem ließen sich dadurch die Kosten für den Bau und den Transport neuer Satelliten senken. „Wenn dieses Programm erfolgreich ist, wird aus dem Weltraum-Schrott ein Weltraum-Wertstoff“, resümiert Darpa-Chefin Regina Dugan.

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