Mobilfunk Wann kommt das Zahlen per Handy?

Das Bezahlen per Handy ein heißes Thema in der Mobilfunkbranche. Doch über den Weg zur lange schon gehegten Vision herrscht Uneinigekeit.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Roundtable-Diskussion auf der CTIA. Die Mobilfunkbranche diskutiert über Modelle für das mobile Bezahlen. Quelle: Reuters

New Orleans Bargeld, Münzen und Kreditkarten sind von gestern. Zumindest sind Elektronikhersteller, Telekommunikationsunternehmen, Banken und Kreditkartenunternehmen dieser Ansicht. Sie erwarten, dass Kunden ihre Bezahlvorgänge in nicht allzu ferner Zukunft vor allem über ihre Mobiltelefone abwickeln werden. Allerdings haben sie unterschiedliche Vorstellungen davon, wie diese Zukunft konkret aussehen soll, wie sich in der vergangenen Woche auf der Messe der US-Mobilfunkbranche CTIA Wireless in New Orleans zeigte. Die Protagonisten haben viele Ideen, aber obwohl viel auf dem Spiel steht, können sie sich kaum einmal auf eine gemeinsame Linie einigen.

"85 Prozent aller Transaktionen auf der Welt werden noch immer mit Bargeld oder Schecks abgewickelt. Wir haben eine großartige Möglichkeit, das zu ändern", sagte der bei dem Kreditkartenunternehmen Mastercard für die weltweite Produktentwicklung zuständige Gary Floyd in einem Vortrag. Ein Konzept, das viel Aufmerksamkeit erregt, ist der digitale Geldbeutel - ein virtuelles Portemonnaie, in dem Kreditkartenkonten, Belege und Gutscheine gebündelt werden.

Im Prinzip unterscheidet es sich nicht großartig von bestehenden Diensten wie Paypal, in dem bereits in einem Konto mehrere Zahlungswege hinterlegt werden können. Für viele Unternehmen ist der digitale Geldbeutel aber der Schlüssel zur Welt der mobilen Bezahlsysteme, insbesondere wenn sie auch über Mobilgeräte abgewickelt werden können und nicht mehr an PCs gebunden sind.

Digitaler Geldbeutel als Instrument zur Kundenbindung

Mastercard kündigte in New Orleans einen Dienst an, der die Verbreitung der digitalen Geldbeutel beschleunigen soll. Das Kreditkartenunternehmen will es jedem anderen Unternehmen ermöglichen, seinen eigenen digitalen Geldbeutel zu erstellen.

Die Kunden vertrauten ihren Banken, sagte Ed Olebe, Vizepräsident für die Entwicklung des E-Commerce bei Mastercard. Und die Kunden hätten ihre Kreditkarten am liebsten in einem Geldbeutel ihrer Bank. Banken wiederum würden die Beziehungen zu ihren Kunden festigen und sie enger an sich binden wollen. Auch Geschäfte könnten ihre eigenen digitalen Geldbeutel haben wollen, als Ersatz für Kundenkarten oder eigene Kreditkarten.

Ab Herbst will Mastercard seinen digitalen Geldbeutel in den USA in Kooperation mit der Buchhandelskette Barnes & Noble und American Airlines einführen. Statt auf den Internetseiten des Buchhändlers und der App der Fluglinie bei jedem Kauf ihre Kreditkartennummer eingeben zu müssen, sollen Kunden einen Knopf drücken, der sie zu ihrem Geldbeutel führt. Dort sollen sie einfach auf eine ihrer Kreditkarten klicken und die Bezahlung ist erledigt.


Jeder geht seinen eigenen Weg

Mastercard-Konkurrent Visa will einen Schritt weiter gehen. Neben einem dem Mastercard-Modell ähnlichen Dienst will Visa einen weiteren Dienst anbieten, der auf Smartphones mit Nahfeld-Kommunikation über den Standard NFC aufbaut. Damit sollen Kunden auch an einer Ladenkasse bezahlen können, indem sie auf dem Telefon ihre Bezahloption auswählen und dann an der Kasse einfach das Telefon hinhalten, woraufhin die Transaktion abgewickelt wird. Allerdings ist Visa auf die Kooperation der Handyhersteller und der Mobilfunkbetreiber angewiesen. Bislang gibt es in den USA für Endkunden bei den vier großen Mobilfunkbetreibern keine kompatiblen Geräte zu kaufen.

Die Mobilfunkunternehmen haben ihre eigenen Vorstellungen davon, wie digitale Zahlungsabwicklung in Zukunft ablaufen soll. Der US-Mobilfunkbetreiber Sprint Nextel kooperiert mit Google und dessen Modell für einen digitalen Geldbeutel. Die übrigen drei großen US-Mobilfunkanbieter Verizon Wireless, AT&T und T-Mobile USA haben sich zusammengetan, um ihren eigenen digitalen Geldbeutel zu entwickeln. Die Telekomunternehmen "versuchen ernsthaft sich an das neue Ökosystem anzupassen", sagte Bill Greenwell, Chef der Firma BilltoMobile, die Kunden ermöglicht, Einkäufe über ihre Mobilfunkrechnung abzuwickeln. "Aber es gibt Spannungen was das Geschäftsmodell und die rechtlichen Aspekte angeht", sagte er.

Verschiedene Systeme für das Bezahlen per Handy sind bereits auf dem Markt. Was die Entwicklung noch hemmt, sind die unterschiedlichen Standards der Anbieter. Damit Kunden an der Kasse mit ihrem Telefon bezahlen können, muss jede Kasse mit einem entsprechenden System ausgerüstet sein. Die Geschäfte tauschen ihre Terminals allerdings erst nach drei bis fünf Jahren aus. Verglichen mit der Entwicklungsgeschwindigkeit auf dem Handy-Markt, wo ein Telefon nach einem Jahr bereits veraltet ist, ist das unsagbar langsam. "Die Industrie bewegt sich nicht so schnell, wie ich das gerne hätte", sagte Dave Talach, Vizepräsident für die strategische Entwicklung bei Verifone, einem Anbieter solcher Terminals.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%