Navigationsgeräte-Test Was die neuen High-End-Navis wirklich bringen

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Apple iPhone: Quelle: dpa

Längst nicht alle Neuerungen sind allerdings so sinnvoll wie Freisprechfunktion oder Bilderkennung. So mancher Hersteller scheint seine Geräte eher planlos mit Technik vollzustopfen, um sich von der Masse abzusetzen. Blaupunkt treibt das mit seinem TravelPilot auf die Spitze. Das Gerät hat einen integrierten Empfänger für digitales Antennenfernsehen. Den unterwegs zu benutzen, verbietet sich. Aber auch wer beim Picknick auf dem Navi die Liveübertragung eines Fußballspiels ansehen will, wird den Schlusspfiff nicht hören: Die Akkuladung reicht nicht für 90 Minuten.

Praktikabler ist Garmins Ansatz: Das Modell Nüvi 550 kann auch als Wegweiser für Wander-, Rad- oder Bootstouren dienen. Mit maximal acht Stunden Laufzeit kann das Gerät mit reinen Outdoor-GPS-Empfängern aber nicht mithalten. Hinzu kommt, dass der Garmin-Kunde für Off‧road-Trips topografische Karten kaufen muss, die teils über Hundert Euro kosten. Ambitionierte Wanderer sollten lieber ein billiges Auto-Navi kaufen und einen Spezialnavigator für Touren durch die Natur.

Und manche Neuerung ist zwar gut gemeint, aber schlecht umgesetzt. Zum Beispiel „Reality View“: Immer mehr Anbieter versuchen, die realen Straßenverläufe sowie die Schildertafeln an der Fahrbahn in Autobahnkreuzen oder bei komplizierten Abzweigen möglichst detailgetreu abzubilden. In dieses Bild werden dann die farbigen Navigationspfeile eingeblendet.

Leider aber stimmt die Reihenfolge der Ortsnamen auf den simulierten Straßenschildern im Navi nicht immer mit den realen Wegweisern überein, mitunter fehlen einzelne Orte ganz. Dann sorgt Reality View eher für Verwirrung als für besseren Durchblick. Erst recht, wenn links und rechts neben den Fahrspuren noch Bilder von Häuserfronten, Wäldern oder Rasenflächen erscheinen. Das ist zum Beispiel beim TomTom-Top-Modell Go 940 der Fall. Hier verliert man sich in Details.

„Wer allzu lange auf dem Monitor herumsuchen muss, welches denn nun der richtige Abzweig ist, hängt dem Vordermann schon im Heck“, warnt Arnulf Thiemel, Experte für Navigationssysteme beim ADAC-Technikzentrum in Landsberg am Lech. Er fordert, die Vielfalt der Informationen auf den Displays zu reduzieren. „Das beste Navigationssystem führt den Fahrer über eindeutige Sprachanweisungen und erfordert keinen Blickwechsel von der Straße auf den Minibildschirm“, so Thiemel.

Bei vielen Geräten aber seien die Aussagen missverständlich oder ungenau. Da lauten Empfehlungen: „Biegen Sie rechts ab, dann biegen Sie rechts ab“ oder „In 100 Metern: Sie haben Ihr Ziel erreicht“. Das habe mit natürlicher Sprache noch immer wenig zu tun, kritisiert der ADAC-Mann. Statt 3-D-Welten auf die Displays zu bringen, „sollten die Gerätehersteller lieber die Sprachführung aufwerten“.

Zukunftsvision: Navis senken CO2-Emissionen

Den größten Innovationsschub aber verspricht nach Experteneinschätzung die Vernetzung der Navigationsgeräte. Und da ist Marktführer TomTom mit seinen neuen Live-Navis tatsächlich Vorreiter. Unterstützung kommt von der EU-Kommission. Vor wenigen Wochen präsentierte die Brüsseler Behörde einen Aktionsplan für Intelligente Verkehrssysteme (IVS), in dem sie auf die breite Verfügbarkeit der von TomTom verwendeten „Echtzeit-Verkehrsdaten“ für alle Reisenden drängt. Damit will die EU nicht nur die vorhandenen Straßen besser auslasten und die Zahl der Unfälle senken. Zugleich sollen auch der Spritverbrauch und die CO2-Emissionen sinken. Das Kalkül: Wer weniger im Stau steht, schädigt auch das Klima weniger.

Dienste mit ständiger Internet-Verbindung wie HD-Traffic sind dafür die Voraussetzung. Und sie könnten schon bald einen alten Traum von Verkehrsplanern verwirklichen: die individuelle Routenführung. Bisher führen alle Navis über die gleichen Straßen und im Falle von Staus auf die gleichen, überlasteten Ausweichstrecken. In Zukunft könnten sich die vernetzten Fahrzeuge je nach Streckenkapazität auf unterschiedliche Routen verteilen. Der Verkehr könnte so insgesamt flüssiger werden.

Dieser Vision werden wir schon in wenigen Wochen einen Schritt näher kommen: Denn TomToms HD-Traffic-Dienst bekommt Konkurrenz. T-Traffic, der Betreiber des deutschen Premium-Verkehrsinfodienstes TMCpro, arbeitet mit Hochdruck an einem vergleichbaren Angebot. Damit kommen viele Millionen aktuelle Verkehrsdaten hinzu. Denn das System stützt sich auf anonymisierte Positions- und Bewegungsdaten von T-Mobile-Handys. Zwar wurde T-Traffic, bisher eine Tochter von T-Systems, zum Jahresbeginn vom Nokia-Ableger und Navi-Karten-Hersteller Navteq übernommen. An den Plänen aber ändert das nichts. „Wir unterstützen voll das Konzept von T-Traffic“, versichert Howard Heyes, der Chef der Verkehrsinformationssparte von Navteq.

Dan Bartel, Europachef des TomTom-Konkurrenten Garmin hat bereits angekündigt, den T-Traffic-Dienst in seine Geräte zu integrieren. Wann der offiziell in Betrieb gehen wird, ist zwar noch offen. Marktbeobachter spekulieren auf Mitte Februar, wenn sich die Handybranche in Barcelona zum Mobile World Congress trifft. „Das wäre in der Tat ein guter Termin für den Start“, findet Navteq-Mann Heyes.

Ein Dementi klingt anders.

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