Neuromarketing Kauf mich!

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Der Kunde will anfassen, bevor er kauft Quelle: Olaf Hajek

Die Beobachtung der Reaktionen auf eine der beliebtesten Fernsehshows der USA (American Idol) würde eine meiner Fragen beantworten: Ist Produktplatzierung wirklich erfolgreich, oder ist sie Geldverschwendung? 400 Teilnehmern wurde eine schwarze, turbanähnliche Haube aufgestülpt, die mit einem Dutzend Elektroden verdrahtet war, welche wie Teelichter aussahen. Die Forscher stellten ein paar Verbindungen zwischen den Drähten her und krönten das Ganze mit einer Spezialbrille. Die Elektroden waren so über bestimmten Gehirnregionen angebracht, dass das Forscherteam hinter einer Glasscheibe die Gehirnwellen beobachten und mathematisch genau in Echtzeit messen konnte. Unter anderem ließ sich mittels der Steady-State Topography feststellen, wie stark die Teilnehmer emotional involviert waren, was mit ihrem Gedächtnis geschah und welche Bilder sie anzogen oder abstießen.

Produktplatzierungen in Filmen sind so alt wie das Medium selbst. Aber die Produktplatzierung, wie wir sie heute kennen, lässt sich auf einen kleinen Außerirdischen zurückführen. Falls Sie „E.T.“ von Steven Spielberg nie gesehen haben: Im Mittelpunkt steht der vaterlose, einsame Junge Elliott, der ein merkwürdiges Wesen entdeckt, das im Wald hinter seinem Haus lebt. Um dieses Wesen aus seinem Versteck zu locken, legt Elliott auf den Pfad, der vom Wald zum Haus führt, eine Spur von Süßigkeiten – die Amerikaner sofort als Reese’s Pieces von Hershey erkennen. Eine Woche nachdem der Film in die Kinos kam, hatte sich der Absatz von Reese’s Pieces verdreifacht, und binnen weniger Monate nahmen über 800 Kinos im ganzen Land diese Süßigkeit erstmalig in ihr Kiosk-angebot auf.

Seit den Tagen von „E.T.“ hat Produktplatzierung in Filmen geradezu groteske Ausmaße angenommen. Haben Sie zufällig „Casino Royale“ gesehen, den vorletzten Bond-Film mit Daniel Craig? Erinnern Sie sich an irgendwelche Marken aus dem Film? FedEx? Die Omega-Uhr an Bonds Handgelenk? Den Vaio-Computer von Sony? Louis Vuitton? Ford? Die fungierten alle als Statisten. Wenn es Ihnen geht wie mir, dann erinnern Sie sich nur an den Aston Martin, und das liegt vermutlich an der langjährigen Verbindung dieses Autos mit James Bond und weniger an diesem einen Film.

Wir zeigten unseren Gehirnscan-Teilnehmern nacheinander jeweils eine Sekunde lang 20 Produktlogos. Darunter waren solche von Unternehmen, die in den Werbepausen von American Idol 30-Sekunden-Spots sendeten, einschließlich Coke, Ford und Cingular. Diese nannten wir Sponsorlogos. Außerdem zeigten wir den Freiwilligen Logos von Produkten, die nicht im Zusammenhang mit der Show beworben wurden – alles Mögliche von Fanta über Verizon und Target bis zu Ebay. Diese bezeichneten wir als Nicht-Sponsorlogos. Anschließend führten wir unseren Probanden eine 20-minütige Sonderausgabe von American Idol vor sowie eine Episode einer anderen Show, die wir als Benchmark zur Verifizierung unserer Resultate verwenden wollten. Nachdem sich die Teilnehmer beide Shows angesehen hatten, präsentierten wir ihnen dreimal hintereinander die gleiche Folge von Logos.

Ziel war es, herauszufinden, ob sich die Probanden daran erinnern würden, welche Logos sie während der Show gesehen hatten und welche nicht. Im Laufe der Jahre ist die Neuromarketing-Forschung zu dem Schluss gekommen, dass die Erinnerung an ein Produkt das zuverlässigste Maß für die Wirkung der entsprechenden Werbung ist. Außerdem hängt die Erinnerung an das Produkt mit dem zukünftigen Kaufverhalten zusammen. Das heißt, wenn wir uns an 8×4 und Johnnie Walker erinnern, ist es um einiges wahrscheinlicher, dass sie wieder in unseren Einkaufskorb wandern.

Eine Woche nach dem Experiment traf ich Professor Silberstein, um die Ergebnisse zu diskutieren. Zunächst hatte Professor Silberstein aufgrund der Tests vor Sendung der Show -feststellen können, dass sich die Teilnehmer nicht besser an die Produkte der Hauptsponsoren von American Idol – Ford, » Cingular Wireless und Coca-Cola – erinnerten als an die anderen nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Marken. Sämtliche Logos hatten die gleiche Ausgangsposition.

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