Trinkwassergewinnung Der Markt für Wasseraufbereitung boomt

Neueste Aufbereitungsanlagen verwandeln selbst Schmutzbrühe in bestes Trinkwasser. Der Markt floriert. Auch für arme Länder gibt es bezahlbare Lösungen.

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Entkeimung von Wasser mit ultraviolettem Licht Quelle: Wedeco

Wasser ist ein unersetzlicher Rohstoff in der Produktion. Wie abhängig die Industrie von einem ausreichenden Angebot ist, belegt eine Episode aus dem Jahr 2001: Ein regenarmer Winter im Nordwesten der USA reichte aus, um fast ein Drittel der amerikanischen Aluminiumindustrie in den Ruin zu treiben. Weil die riesigen Turbinen des Wasserkraftwerks in den Cascade-Bergen wegen der Wasserknappheit nicht genug Elektrizität erzeugen konnten, stieg der Strompreis binnen Wochen so exorbitant, dass etwa ein Dutzend Werke die Produktion einstellen musste. Nur eines ist bis heute wiedereröffnet worden.

Das ist nur ein Beispiel. Erzminen in Chile können der wachsenden Nachfrage nicht nachkommen, weil es ihnen an Wasser fehlt. Bis zu acht Tonnen Wasser werden je Tonne Erz gebraucht. Halbleiterhersteller, Lebensmittelproduzenten und Pharmakonzerne machen Standortentscheidungen inzwischen zunehmend vom Vorhandensein ausreichender Wasservorräte abhängig, um ihre Produktion nicht zu gefährden.

Nach Meinung der US-Investmentbank JP Morgan kalkulieren die Unternehmen die Risiken der Versorgungssicherheit aber längst noch nicht offen genug. „Obwohl Wasser wie Öl ein wichtiger Rohstoff in fast jeder Industrie ist und unerwartete Ausfälle katastrophale Konsequenzen nach sich ziehen können, wird ungern darüber gesprochen“, kritisiert Morgan-Experte Marc Levinson, Mitautor einer Studie der Bank über die Gefahren des Wassermangels für die Wirtschaft. Sie stuft vier Sektoren als besonders gefährdet ein: Kraftwerke, Bergbau, Chipindustrie sowie die Nahrungsmittel und Getränkehersteller.

Deutsche Anbieter liegen mit Produkten bestens im Rennen

Akut von Abschaltungen bedroht sieht Levinson zum Beispiel ein Viertel aller amerikanischen Atomkraftwerke. „Sie stehen in Gebieten mit großer Trockenheit. Geht das Kühlwasser zur Neige, müssen sie runtergefahren werden, und die Strompreise könnten dramatisch steigen.“ Auch Europa kann es treffen. Während des regenarmen Sommers vor zwei Jahren musste die Leistung mehrerer an Flüssen gelegenen deutschen Kernkraftwerke, darunter Krümmel und Brunsbüttel, um bis zu 30 Prozent gedrosselt werden, weil das Kühlwasser knapp wurde. In Frankreich wurden Kernkraftwerke sogar komplett abgeschaltet.

Edward Kerschner, führender Investmentstratege der Citigroup, ist überzeugt, dass die Industrie rechtzeitig vorbeugt. „Mit heutigen Techniken und Verfahren kann sie den Verbrauch um 40 bis 90 Prozent senken. Und je knapper und teurer Wasser wird, umso umfassender wird sie investieren.“ Seine Vorhersage deckt sich mit Marktprognosen von BCC Research. Danach klettern die weltweiten Umsätze mit Wasser- und Abwassertechniken ohne Bauleistungen innerhalb von nur fünf Jahren um mehr als das Dreifache – von 25,3 Milliarden Dollar 2007 auf fast 81 Milliarden Dollar 2012. Die kräftigsten jährlichen Wachstumsraten erwarten die BCC-Ökonomen mit 13 Prozent in China und 11 Prozent in Indien.

Deutsche Anbieter liegen mit ihren Produkten bestens im Rennen. Eine weltweit aufsehenerregende Innovation hat Siemens verwirklicht. Knapp 300 Kilometer von der australischen Großstadt Brisbane entfernt, haben die Münchner mitten in der Wüste das 750-Megawatt-Kohlekraftwerk Kogan Creek errichtet, das Kühlwasser immer wieder nutzt, statt es einfach verdampfen zu lassen. Im weltweit größten Kondensator des Bochumer Spezialisten Gea wird es zurückgewonnen. Der Frischwasserbedarf sinkt dadurch um mehr als 90 Prozent.

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