Die vorgeschriebenen Filter gibt es nur in den großen staatseigenen Betrieben der Provinz Hebei, die machen aber nur zehn Prozent aller Kraftwerke aus. Für den großen Rest waren die Strafen geringer als die Anschaffungskosten. Im Zuge des „War on Pollution“ werden nun die Bußgelder drastisch erhöht.
Gleichzeitig sollen in den vergangenen Jahren entstandene Überkapazitäten in der Stahl- und Zementindustrie abgebaut werden. Die Branchen gelten neben der Kohle als Hauptverursacher der Verschmutzung. So sollen die Feinstaubwerte in den großen Städten der Ostküste jährlich um 20 bis 25 Prozent sinken, vor allem durch den Einsatz effizienterer Gaskraftwerke.
„Die Emissionsvorschriften unterscheiden sich nicht wesentlich von denen westlicher Länder. Nur sie werden nicht eingehalten“, sagt Calvin Quek von der Umweltorganisation Greenpeace in Peking. Das zuständige Umweltministerium ist schwach und schafft es nicht, die Unternehmen zu kontrollieren, deren Zahl in die Tausende geht. Zudem sind mehr als die Hälfte der Kohlekraft- und Stahlwerke in Hebei illegal, schätzt Greenpeace.
Sichtweite beträgt oft nicht mehr als 50 Meter
Von Xingtai aus führt eine Schnellstraße rund 100 Kilometer Richtung Süden nach Wu’an. Kohletransporter chinesischen Fabrikats brettern mit Getöse die Straßen entlang. Die Sichtweite beträgt oft nicht mehr als 50 Meter. Am Straßenrand stehen Bauern, die die herabfallenden Kohlestücke aufklauben. Rechts und links davon Schornsteine, die zu Kraftwerken, Eisenerzmühlen und Stahlwerken gehören – viele davon menschenleer und stillgelegt, keines ist größer als ein halbes Fußballfeld.
Lao Liu schnalzt mit einer Pferdepeitsche. Der 67-Jährige steht vor einer Baracke, vor der Tür hängt eine Steppdecke zum Schutz gegen die Kälte. Er und zwei Hunde mit räudigem Fell bewachen ein Kraftwerk, das kaum größer als eine Turnhalle ist. „Das hat die Regierung vor einem Jahr stillgelegt“, sagt Liu. Darauf habe man ihm sein Gehalt um die Hälfte gekürzt. Die Fabrik sieht nagelneu aus, und im Sand sind frische Reifenspuren zu erkennen.
Kohle, Stahl, Bau
Das letzte Mal blauen Himmel gesehen habe er vor einigen Wochen, sagt Liu. Da fand in Peking der Apec-Gipfel statt, bei dem US-Präsident Barack Obama und Xi Jinping das Klimaabkommen unterzeichnet haben. Extra dafür wurden die Dreckschleudern in Hebei abgeschaltet.
Chinas Sicherheit ruht auf Kohle und Stahl. Das Wirtschaftswachstum hängt zu großen Teilen am Bau. Wer baut, braucht Stahl, und wer Stahl produziert, braucht Kohle. Das Land produziert 2014 rund 826 Millionen Tonnen Stahl, die Provinz Hebei alleine rund 400 Millionen Tonnen, das ist fast fünfmal so viel wie die Vereinigten Staaten.
Weniger Stahlverbrauch bedeutet geringes Wachstum, den Verlust von Arbeitsplätzen und somit soziale Instabilität – und vor nichts fürchtet sich die Regierung in Peking mehr. Erst wenn die Transformation von Chinas Wirtschaft weg von Investitionen hin zu mehr Konsum und Service glückt, wird auch die Abhängigkeit von Kohle und Stahl sinken. Doch das dauert noch viele Jahre.