Energie Gas ist das neue Öl

Neu entdeckte Gasreserven verändern die Energiemärkte. Sie sorgen für eine Renaissance der Industrie, schaffen Jobs – und schüren die Angst vor Umweltschäden. Beginnt nun das Gaszeitalter?

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Leuchtende Hoffnung - Schiefergas-Bohrung im US- Bundesstaat Pennsylvania Quelle: Laif

Von Sebastian Matthes, Dieter Dürand, Hans Jakob Ginsburg, Angela Hennersdorf, Benjamin Reuter, Andreas Wildhagen und Florian Willershausen.

Vielleicht werden Historiker eines Tages als Revolution bezeichnen, was gerade in den USA passiert; ähnlich bedeutsam wie die Zeit vor 150 Jahren, als die ersten Glücksritter im Westen Amerikas anfingen, nach Öl zu bohren. Nur geht es diesmal um Gas. Für Louisiana und seinen Gouverneur Piyush Jindal ist es jetzt schon eine große Sache: „Ich verkünde heute die größte Investition in der Geschichte unseres Bundesstaates“, jubelt er in die Reporter-Mikrofone. „Bis zu zehn Milliarden Dollar“ werde das südafrikanische Unternehmen Sasol investieren, sagt er und hält inne, damit es auch jeder kapiert: „nicht zehn Millionen“. Damit könnten in dem wirtschaftlich schwachen Bundesstaat 5.000 Arbeitsplätze entstehen.

Was den Gouverneur so begeistert, ist ein beachtliches Industrieprojekt: Sasol will eine Fabrik bauen, die massenhaft neu entdecktes amerikanisches Gas in eine Art Öl umwandelt. Vor den Toren der Kleinstadt Lake Charles soll das Werk täglich über elf Millionen Liter Rohstoffe für die Chemieindustrie sowie Diesel und Kerosin herstellen.

Amerikas neue Unabhängigkeit

Das Wichtigste sagt der Gouverneur aber erst ganz am Ende: Das Projekt senke die Abhängigkeit von Ölimporten. Das ist der wunde Punkt der Amerikaner, weil die eigenen Reserven aufgebraucht schienen, hingen sie am Öltropf instabiler Regionen.

Das, so hoffen sie, ist vorbei. Denn Geologen haben daheim gigantische, in Schiefergestein eingeschlossene Gasreserven entdeckt. Dank neuer Techniken sind Unternehmen nun in der Lage, diese unkonventionellen Vorkommen zu fördern – und das Gas als Ölersatz zu nutzen.

Weltweit lagern riesige Mengen Erdgas in schwierig zu erreichenden Gesteinsschichten. Neue Fördertechniken ermöglichen es jetzt, sie wirtschaftlich zu erschließen.

Die Folge ist ein landesweiter Gasrausch. Ein Drittel der US-Gasversorgung stammt bereits aus Schieferfeldern, und das zusätzliche Angebot hat Energie enorm verbilligt: Der Preis für eine Million BTU (British Thermal Unit) – die Verrechnungseinheit entspricht 26,4 Kubikmeter Gas – liegt in den USA bei drei Dollar. Die gleiche Menge notiert in Großbritannien bei rund acht Dollar, in Japan sogar bei über 15 Dollar.

Damit kostet Erdgas in den USA nur ein Viertel so viel wie Öl: Umgerechnet auf den Energiegehalt, dürfte ein Barrel Öl (159 Liter) statt aktuell rund 100 nur 22 Dollar kosten, um preislich mit dem Gas gleichzuziehen.

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