Wer heute Solarzellen herstellen will, braucht wahres High-Tech-Equipment: Schmelzöfen und Präzisionssägen, Roboter und Beschichtungsanlagen. Fotovoltaikfabriken sind teuer, komplex, und sie schlucken enorme Mengen Energie.
Nicht so bei Arved Hübler. Wenn er neue Solarmodule braucht, drucken seine Mitarbeiter einfach welche aus. Dafür reichen dem Leiter des Instituts für Print- und Medientechnik der TU Chemnitz eine Druckmaschine, Spezialtinte und eine Rolle Papier. „Fast so wie die Verpackungsindustrie Pralinenschachteln herstellt“, sagt Hübler, „stellen wir Solarzellen her.“
In seinem Labor hat der Solarforscher schon kilometerlange Papierrollen an einem Stück in Sonnenkraftwerke verwandelt. In Stücke geschnitten und mit Kontakten versehen, kann damit selbst gewöhnliches Büropapier Strom produzieren. Die Zellulosezellen halten nur rund drei Monate, sind aber spottbillig – und lassen sich wie jeder Pappkarton recyceln.
Bald sollen Hinterhofdruckereien in Indien Fotovoltaikkartons fertigen, so der Plan des Chemnitzers. Selbst die Ärmsten können sich dann kleine Kraftwerke auf ihre Hütten legen – vielleicht finanziert durch Werbung auf der Rückseite. „Zwei Din-A3-Bögen reichen, um ein Handy zu laden“, sagt Hübler. „Und ein Filmplakat, um einen Schreibtisch zu beleuchten.“
Nicht nur in Indien steht die Fotovoltaik vor einem technischen Wandel: Weltweit erhalten die starren blauen Solarmodule aus Silizium bald Konkurrenz von dünnen, flexiblen Zellen, gefertigt aus Plastik oder sogar Papier. Auch auf Glasscheiben und Stahlbleche lassen sich neuartige Solarzellen lackieren. Forscher sprechen von der dritten Generation der Fotovoltaik – nach Siliziummodulen und Dünnschichtsolarzellen. Sie könnte Sonnenstrom noch preiswerter machen – und allgegenwärtig.
Die Top-Ten-Hersteller kristalliner Solarmodule
Suntech ist der weltweit zu den größte Produzent im Segment kristalliner Photovoltaikmodule.
Allein für das Jahr 2012 vermelden die Chinesen produzierte Kapazitäten im Umfang von 2430 Megawatt. Für das Jahr 2011 meldeten sie 2400 Megawatt und für 2010 1830 Megawatt.
Das Marktforschungsunternehmen IHS iSuppli errechnete für beide Jahre eine geringere Produktionszahlen - 2185 Megawatt für 2011 und 1485 Megawatt für 2010.
Das ebenfalls aus China stammende Unternehmen Trina Solar prognostiziert für das Jahr 2012 Produktionskapazitäten von 2400 Megawatt.
Das sind 500 Megawatt mehr als für 2011 und 1200 Megawatt als für 2010 prognostiziert.
Die tatsächlich gemeldete Produktion unterschreitet diese Zahlen noch. Im Jahr 2011 belief sich diese auf 1702 Megawatt, 2010 auf 912 Megawatt.
Das Unternehmen Canadian Solar, mit Sitz in Ontario, ist der weltweit drittgrößte Hersteller kristalliner Solarmodule.
Laut Unternehmensangaben wird für das Jahr 2012 eine Produktion von 2050 Megawatt erwartet. Die gleiche Schätzung wurde für das Jahr 2011 abgegeben, dürfte aber laut IHS iSuppli bei 1.426 Megawatt anzusiedeln sein.
Auch für das Jahr 2010 differieren die Zahlen stark: Canadian Solar meldete Kapazitäten von 1300 Megawatt, IHS iSuppli berechnete nur 937 Megawatt.
Auch der Hersteller Yingli Green Energy sitzt in China, genauer in der Provinz Hebei.
Die Firma erwartet für das Jahr 2012 Kapazitäten von insgesamt 2450 Megawatt. Dies wäre eine enorme Steigerung zu den Vorjahren, 2011 waren es 1700 Megawatt und 2010 1000.
In beiden Jahren berechnet IHS iSuppli die Kapazitäten geringer, 2011 sind es 1121 Megawatt und 2010 937 Megawatt.
Der japanische Elektronikkonzern Sharp ist im Bereich kristalliner Photovoltaikmodule gut aufgestellt. Die Prognosen für die beiden letzten Jahre belaufen sich auf jeweils 1295 Megawatt. 2010 waren es noch 1055 Megawatt.
Die von IHS iSuppli errechnete Kapazitäten fallen in beiden Jahren etwas geringer aus: 2011 kommen die Marktforscher bloß auf 963 Megawatt, 2010 auf 858 Megawatt.
Der chinesische Hersteller Hanwha SolarOne erwartet im Jahr 2012 die gleichen Kapazitäten wie im Vorjahr: 1500 Megawatt. 2010 beliefen sich die Erwartungen auf 900 Megawatt.
Ähnlich schätzt auch IHS iSuppli die Werte ein, 2011 errechneten sie eine Produktion von 919 Megawatt, 2010 612 Megawatt.
Ebenfalls aus dem Reich der Mitte stammt der Konzern LDK. Für die Jahre 2012 und 2011 meldete er jeweils Kapazitäten von 2600 Megawatt. Für das Jahr davor 1500 Megawatt.
Die Marktforscher von IHS iSuppli stuften die Produktion sehr viel geringer ein, sie kamen im Jahr 2011 auf 795 Megawatt, 2010 auf 610 Megawatt.
Der Jinko-Konzern prognostiziert für das Jahr 2012 1200 Megawatt an kristallinen Modulen, die gleiche Anzahl an wie Jahr zuvor. Im Jahr 2010 wurde mit 600 Megawatt knapp die Hälfte erwartet.
IHS iSuppli berechnete die Produktion für 2011 auf 749 Megawatt, 2010 auf bloß 274 Megawatt.
Das Unternehmen Jabil Circuit wurde 1966 in den USA gegründet, noch heute hat es seinen Sitz in St. Petersburg, Florida.
Für 2012 und 2011 erwartete das Unternehmen jeweils Produktionskapazitäten von 1020 Megawatt. Im Jahr 2010 waren es 740 Megawatt.
Das Marktforschungsunternehmen IHS iSuppli kalkulierte 716 Megawatt für 2011 und 584 Megawatt für 2010.
Kleinster Hersteller unter den großen ist die deutsche Firma SolarWorld.
Sie meldete für 2012 und 2011 950 Megawatt produzierte Solarmodule. Für das Jahr 2010 fiel die Angabe mit 940 Megawatt etwas geringer aus.
IHS iSuppli kam bei der Berechnung der Produktion für 2011 auf 711 Megawatt, 2010 auf 546 Megawatt.
Aufsehen erregen derzeit sogenannte Farbstoffsolarzellen. Sie nutzen statt Silizium spezielle Farbstoffe, um Sonnenlicht in Strom zu verwandeln. Anders als ihre Siliziumpendants erzeugen die bunten Zellen auch dann reichlich Strom, wenn sie nicht direkt in die Sonne gerichtet sind – was sie ideal für den Einbau in Hausfassaden macht. Zudem sind sie dünn, leicht und flexibel – und lassen sich mit Druckmaschinen auf Stahl oder Glas auftragen.
Oft werden die Zellen Grätzel-Zellen genannt – nach ihrem Erfinder, dem Chemiker Michael Grätzel von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne. Seit mehr als 20 Jahren forscht er daran, nun ist ihm ein Durchbruch gelungen: In seinem Labor erreichte er den Rekordwirkungsgrad von 14,1 Prozent. „Das ist ein Durchbruch, wie Forscher ihn selten erleben“, sagt Grätzel. Siliziumzellen haben zwar noch höhere Wirkungsgrade – sind aber viel teurer.
Möglich wurde der Rekord dank neuer Mineralien, Perowskite genannt. Mit ihnen leisten Farbstoffzellen nicht nur mehr, sie werden auch widerstandsfähiger und preiswerter. Denn das Material ist spottbillig, und eine Schicht von einem tausendstel Millimeter reicht für den Bau einer Solarzelle. Für ein Zehn-Megawatt-Kraftwerk, schätzt Toby Meyer, Gründer des Schweizer Solar-Startups Solaronix, brauche man nur 30 Kilogramm der Mineralien. „Das ist nicht low-cost“, sagt er, „das ist no-cost.“
Kevin Arthur, Chef des britischen Solar-Startups Oxford-PV, glaubt, dass Module aus Farbstoffsolarzellen nur 30 Cent pro Watt kosten – weniger als halb so viel wie heute. Zudem sollen die Zellen, gedruckt auf Fensterscheiben oder Stahlfassaden, Teile von Gebäuden ersetzen, für die Bauherren ohnehin Geld ausgeben. Und es soll noch billiger gehen: „Die Technik wird mit der Zeit einen Wirkungsgrad von 20 Prozent erreichen“, sagt Arthur. Das schaffen heute nur Spitzensiliziummodule.
Die Top-Ten-Hersteller von Dünnschicht-Solarmodulen
Das Unternehmen First Solar aus Arizona, USA, ist spezialisiert auf Dünnschicht-Solarmodule.
Für das Jahr 2012 belaufen sich die gemeldeten Kapazitäten in diesem Segment auf 2331 Megawatt. 2011 wurde die gleiche Anzahl Megawatt gemeldet, 2010 beliefen sie sich auf 1627 Megawatt.
Das Unternehmen meldete für 2011 eine Produktion von 1981 Megawatt, 2010 belief sich der Wert auf 1411 Megawatt.
Beim japanischen Hersteller Solar Frontier werden 2012 Kapazitäten von 980 Megawatt erwartet. 2011 waren es 920 Megawatt, 2010 lediglich 360 Kilowatt.
Das Marktforschungsinstitut IHS iSuppli errechnete für das Jahr 2011 eine Produktion von 441 Megawatt, 2010 waren es 107 Megawatt.
Bei Sharp, dem drittgrößten Hersteller im Segment der Dünnschicht-Module, belaufen sich die gemeldeten Kapazitäten für 2012 - wie schon im Jahr 2011 - auf 480 Megawatt. Im Jahr 2010 waren es noch 320 Megawatt.
Die Analysten von IHS iSuppli kamen bei ihren Berechnungen auf einen Produktionswert von 221 Megawatt im Jahr 2011 und 195 Megawatt im Jahr 2010.
Der chinesische Konzern Trony Solar erwartete für die Jahre 2012 und 2011 jeweils 265 Megawatt Kapazitäten. 2010 waren es 175 Megawatt.
Laut IHS iSuppli belief sich die Produktion 2011 auf 201 Megawatt, 2010 auf 141 Megawatt.
Der japanische Hersteller Kaneka Solar erwartet 2012 einen Rückgang der Kapazitäten im Vergleich zum Vorjahr. 2012 beläuft sich die Erwartung auf 150 Megawatt, 2011 waren es noch 160 Megawatt. Schon 2010 hatte Kaneka Solar Kapazitäten in der Höhe von 150 Megawatt gemeldet.
2011 belief sich die Produktion gemäß der Berechnung von IHS iSuppli auf 117 Megawatt, 2010 auf 75 Megawatt.
Die in Shanghai angesiedelte Firma QS Solar rechnet im Jahr 2012 mit Kapazitäten von 165 Megawatt, genau wie im Vorjahr. 2010 betrugen die gemeldeten Kapazitäten zu Jahresende 160 Megawatt.
Leichter Rückgang: IHS iSuppli berechnet die Produktion der Chinesen von 2011 auf 111 Megawatt, 2010 waren es noch 112 Megawatt.
Den siebten Platz - gestaffelt nach den Produktionszahlen - belegen die Deutschen von Schott Solar. Für 2012, 2011 und 2010 meldeten sie jeweils Kapazitäten von 100 Megawatt.
Die Produktion belief sich 2011 laut IHS iSuppli auf 74 Megawatt, 2010 auf 73 Megawatt.
Ein weiteres deutsches Unternehmen auf Platz 8: Bosch Solar Energy aus Arndtstadt. Die gemeldeten Kapazitäten für das Jahr 2012 belaufen sich auf 180 Megawatt, 2011 waren es 140 Megawatt und im Jahr 2010 70 Megawatt.
Im Jahr 2011 wurden laut IHS iSuppli in der Produktion 73 Megawatt erreicht, 2010 waren es 51 Megawatt.
Die ehemalige Q-Cells-Tochergesellschaft Solibro wurde im Juni 2012 an Hanergy verkauft. Die Kapazitäten für 2012 belaufen sich auf 160 Megawatt, die beiden Jahre zuvor waren es jeweils 135 Megawatt.
Solibro produzierte laut IHS iSuppli 2011 mit 66 Megawatt weniger Solarmodule als im Jahr zuvor, da waren es noch 75 Megawatt.
Das aus den USA stammenden Unternehmen Global Solar Energy bringt es auf den 10. Platz unter den Dünnschicht-Herstellern. Wie auch die beiden Jahre zuvor meldete die Firma 2012 75 Megawatt Kapazitäten.
Die von IHS iSuppli erhobenen Zahlen ergeben für das Jahr 2011 eine Produktion von 58 Megawatt, im Jahr 2010 waren es noch 43 Megawatt.
Aber auch die herkömmliche Technik ist lange nicht an ihren Grenzen. Mit immer neuen Tricks machen die Hersteller Siliziummodule effizienter: Sie schneiden die Wafer – den Rohstoff für die Zellen – immer dünner, ersetzen teures Silber in den Leiterbahnen durch Kupfer oder stapeln mehrere Zellen übereinander, um das gesamte Wellenspektrum des Lichts auszunutzen.
Mit solchen Sandwich-Solarzellen will Martin Green, einer der renommiertesten Solarforscher, die Wirkungsgrade der Siliziumzellen erheblich steigern. „In den nächsten 20 bis 30 Jahren sind bis zu 50 Prozent machbar“, sagt der Leiter des ARC Photovoltaics Centre of Excellence an der University of New South Wales in Sydney.
Teure Materialien erlauben solche hohen Wirkungsgrade sogar heute schon: Kürzlich haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg mit einer Zelle aus Gallium und Arsen 43,6 Prozent erzielt – Weltrekord. Dabei bündeln die Forscher das Sonnenlicht mit einer Linse auf eine Hochleistungssolarzelle, die nur so klein wie ein Fingernagel ist. Das senkt die Kosten.
Die konzentrierte Fotovoltaik, für die der Heilbronner Solarhersteller Azur Space High-Tech-Zellen fertigt, könnte schon bald den preiswertesten Sonnenstrom liefern. Zwar eignet sie sich nicht für Deutschland, denn sobald sich ein Wölkchen vor die Sonne schiebt, erzeugt die Konzentratorzelle fast keinen Strom mehr. In sonnenreichen Regionen wie Kalifornien, Nordafrika oder Saudi-Arabien aber lassen sich damit Riesenanlagen errichten.