Grüne Pioniere Rebellin vom Lech

Seite 4/4

Verhasste Ungleichbehandlung

Die nachhaltigsten Unternehmen
Innenansicht einer Filiale der Drogerie-Kette dm Quelle: AP
Ein Mann lehnt an einer Wand, unter dem Logo von Mercedes Benz Quelle: REUTERS
Palina Rojinski bei der Pressepäsentation zum OTTO Saisonstart 2012 in Hamburg Quelle: Morris Mac Matzen
Ein Audi A1 Quattro in der Produktion Quelle: dpa
Ein Marmeladenglas der Sorte Landliebe Quelle: dpa/dpaweb
Produkte der Bärenmarke Quelle: AP
Ein Mitarbeiterin von Miele montiert eine Waschmaschine Quelle: dpa

Sich durchzusetzen hat sie früh gelernt: als eines von vier Mädchen unter lauter Jungen auf einem Augsburger Gymnasium. Das Beispiel des Vaters, der ein Bauplanungsbüro führte, zeigte ihr, dass man ohne hohe Arbeitsmoral nichts erreicht.

Ihre soziale Ader hat hingegen ihre Mutter geprägt – allerdings ungewollt. Weil Sina gegenüber ihrer ein Jahr älteren Schwester mit mehr Talenten gesegnet war, bevorzugte die Mutter diese oft. So empfand es jedenfalls Klein-Sina. Sie hasste die Ungleichbehandlung – und wandelte sich zur Gerechtigkeitsfanatikerin.

Mit Verve wettert sie gegen Greenwashing: den Versuch, umweltschädliches Verhalten schönzureden. Dagegen hat sie sogar ein Manifest verfasst. Nie sei es so einfach gewesen, sich als besserer Mensch zu fühlen, der fair ist, bio lebt und öko fährt, schreibt sie darin. Doch das neue Bewusstsein, klagt Trinkwalder, „ist nur eine Fassade, hinter der die alte, schmutzige Konsumwirtschaft quicklebendig ist“. Vor allem die soziale Dimension komme zu kurz, bemängelt sie: „Dem Qualitätsgedanken gegenüber dem Produkt wird Rechnung getragen, gegenüber dem Mitarbeiter wird rücksichtsloser Raubbau betrieben.“

Ständig neue Ideen

Auch in Sachen Ökologie geht sie weiter als andere, will möglichst viele Materialien aus der Region beziehen, um Transporte zu sparen. Das ist gar nicht so leicht. Einst hieß ihre Heimat das „blaue Allgäu“, weil die Landwirte auf vielen Hektar blau blühenden Flachs aufzogen. Heute hat sie Mühe, Bauern zu überreden, außer Flachs auch andere textile Naturprodukte wie Leinen oder Hanf wieder anzubauen.

Solche Hürden halten die Unternehmerin nicht davon ab, ständig neue Ideen zu entwickeln. Eine kam ihr, als sie mit dem Reutlinger Textil-Experten Nebel Shrimps aß: Könnte man aus deren Schalen nicht Knöpfe und Reißverschlüsse herstellen?

Nebel, längst ein engagierter Weggefährte, prüfte das im Labor: Es klappte. Wie vieles andere, das der 49-Jährige und Trinkwalder ausprobieren: Fasern aus Brennnesseln etwa oder Knöpfe aus Lignin, einem Holzabfallprodukt.

Hilfe durch Spenden

Kann sie das alles als One-Woman-Show weiterführen? Trinkwalder traut sich das zu. Nur beim Geld ist sie jetzt erstmals auf Unterstützung angewiesen. Weil ihre persönlichen Finanzreserven weitgehend aufgebraucht sind, bittet sie Kunden und Sympathisanten auf ihrer Web-Seite um Spenden, um das unerwartet schnelle Wachstum aufrechterhalten zu können. Rund 29 000 Euro hat die Aktion schon eingebracht. Davon kann sie zehn Nähmaschinen kaufen.

Steckt ihr Geschäftsmodell etwa doch in Schwierigkeiten und droht vom eigenen Erfolg aufgefressen zu werden? Trinkwalder weist das zurück. Sie will nur nicht zurückstecken von ihrem Ziel, in fünf Jahren eine soziale und ökologische Alternative zu den etablierten Modemarken zu sein. Und schon in zwei Jahren hofft sie, 300 Beschäftigten wieder eine Perspektive zu bieten. Sina hat ihr Ziel fester vor Augen denn je.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%