Hans von Storch "Zu viele setzen nur auf steile Thesen"

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Wetterereignisse

Aus diesen Gründen schwitzt die Erde
Das BevölkerungswachstumDie Anzahl der Menschen auf der Erde wächst jedes Jahr um etwa 70 bis 80 Millionen Personen. Das entspricht fast der Bevölkerungsgröße Deutschlands. Bis 2050 soll laut Schätzungen der Vereinten Nationen die Weltbevölkerung auf knapp 10 Milliarden Menschen angewachsen sein. Dass die Kinder nicht hierzulande oder bei unseren europäischen Nachbarn geboren werden, ist hinreichend bekannt. Vor allem in den Schwellen- und Entwicklungsländern in Afrika und Asien wächst die Bevölkerungszahl. Dadurch wächst auch der Bedarf an Rohstoffen, Energie, Wasser und Nahrung. Quelle: dpa
WirtschaftswachstumTrotz Kyoto-Protokoll aus dem Jahr 1992 hat sich der CO2-Ausstoß kaum verringert. Lediglich als 2009 aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise viele Industriestätten weniger produzierten, sank der Wert der Kohlendioxidemission auf 784 Millionen Tonnen. Schon ein Jahr später lag der Wert wieder bei 819 Millionen Tonnen. Dabei entsteht ein Großteil der Emissionen in nur wenigen Ländern wie China, den USA und der EU. Quelle: dpa/dpaweb
AutomobileWährend Carsharing und der öffentliche Nahverkehr in Ländern wie Deutschland in Zeiten hoher Bezinkosten viele Anhänger findet, ist der weltweite Trend eindeutig ein anderer. Immer mehr PKW fahren über den Globus. 2010 wurde erstmals die 1.000.000-Marke geknackt. Besonders viele Autos pro Einwohner werden in Monaco und den USA gefahren. Quelle: dpa
Kohle, Kohle, KohleDer seit Mai 2012 stetig ansteigende Ölpreis hat dafür gesorgt, dass Kohle wieder an Attraktivität gewonnen hat. Die Wiederauferstehung der Kohle ist für die Umwelt eine Katstrophe. Laut BUND sind Kohlekraftwerke mehr als doppelt so klimaschädlich wie moderne Gaskraftwerke. Die großen Dampfwolken aus den Kühltürmen der Kraftwerke machen ein anderes Problem deutlich: Mehr als die Hälfte der eingesetzten Energie geht meist als ungenutzte Wärme verloren. Quelle: dpa
AbholzungDas Handout der Umweltschutzorganisation WWF zeigt die illegale Abholzung eines Waldgebietes in Sumatra (Indonesien). Jährlich gehen knapp 5,6 Millionen Hektar Wald verloren. Die fortschreitende Abholzung von Regenwäldern trägt entsprechend mit zur globalen Erderwärmung bei. Denn die Wälder speichern Kohlendioxid. Quelle: dpa
RindfleischRinder sind wahre CO2-Schleudern. Die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch in Brasilien erzeugt genauso viel klimaschädliches Kohlendioxid wie eine 1.600 Kilometer lange Autofahrt. In diese Rechnung fließen mehrere Faktoren ein. Zum einen können auf dem für die Rinder genutzten Weideland keine Wälder mehr wachsen. Zum anderen scheiden Rinder das klimaschädliche Gas Methan aus. Laut WWF sind in Deutschland fast 70 Prozent der direkten Treibhausemissionen auf die Ernährung mit tierischen Produkten zurückzuführen. Quelle: dpa
WegwerfgesellschaftNicht nur Unmengen an Verpackungsmüll produzieren die Deutschen. Wir schmeißen auch jede Menge Lebensmittel weg, pro Kopf etwa 100 Kilogramm pro Jahr. Auch diese Verschwendung wirkt sich massiv negativ auf das Klima aus. Quelle: dpa

Winter an Ostern in Deutschland, Wirbelstürme, Dürrekatastrophen – gibt es andere untrügliche Zeichen des Klimawandels?

Die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur bleibt der wesentliche Maßstab.

Einige Forscher zählen mehr extreme Wetterereignisse und werten sie als Beleg für den Treibhauseffekt.

Da wäre ich vorsichtig. Die Zahl der Hitzewellen hat statistisch auffällig zugenommen, was konsistent ist mit der globalen Erwärmung. Wir sollten aufhören, jede Wetterkapriole zum Menetekel des Klimawandels zu stilisieren. Die Klimaforscher, und damit meine ich natürlich die, die derzeit nach außen den Ton angeben, sollten lieber ihre Rolle neu diskutieren.

Soll heißen?

Sie dürfen nicht länger den Eindruck erwecken, als wäre infolge der wissenschaftlichen Ergebnisse klar, welche Politik zu befolgen ist. Dafür sind die politischen Fragen zu komplex und die Folgen der Entscheidungen viel zu weitreichend.

Wo mischen sich Klimaforscher zu Unrecht ein?

Sie sollten zum Beispiel nicht über die Autoindustrie oder die Energiewende sprechen, weil sie davon nicht mehr verstehen als jeder Bürger. Sie haben keine höhere Deutungsmacht.

Und was muss sich innerhalb der Gemeinde der Klimaforscher ändern?

Sie muss selbstkritischer mit ihren eigenen Aussagen umgehen und bereit sein, Minderheitsmeinungen und Einwände von außen ernsthaft zu prüfen. Vor allem aber darf sie nicht der Versuchung erliegen, im Nachhinein die Theorie zu reparieren, damit die Beobachtungen passen. Sondern sie muss fragen, was bedeuten diese für die Theorie: Ist sie bestätigt oder falsch?

Ist der Weltklimarat zu solchen Reformen bereit?

Nach meinem Eindruck nicht. Im IPCC hat sich so eine Art Adel etabliert, der seine Arbeiten gegenseitig beurteilt und wenig Lust hat, Kritik von außen zuzulassen.

Das klingt nach Selbstzerstörung.

Besinnt sich der Mainstream der Klimaforschung nicht neu, droht unserer Disziplin das Schicksal der Atomphysiker. Die waren in den Fünfzigerjahren die Elite der Wissenschaft überhaupt. Heute hört ihnen kaum noch jemand zu.

Der Vergleich ist etwas schräg.

Nicht unbedingt. Die Wissenschaftler haben damals – ebenso wie manch führender Klimaforscher heute – Probleme heruntergespielt und Sorgen und Einwände einfach weggewischt. Am Ende hatten sie ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt.

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