Sie nehmen aber nicht nur Unternehmen und Konsumenten aufs Korn, sondern auch die Ökologische Bewegung selbst. Sie kritisieren die „begrünte Verschwendungskultur“ und die „Nachhaltigkeitsindustrie“, die Produkte erfindet, deren Nichtexistenz viel nachhaltiger wäre.
Ich kritisiere die Ökobewegung aus einer Liebhaberposition. Außerdem lösen sich ja die Fronten allmählich auf. Die Propagandisten von „grünem Wachstum“ finde ich nicht besser als typische FDP-Vertreter.
Sie spielen auf Ralf Fücks und sein Buch „Intelligent wachsen“ an.
Das ist eine Entwicklungsrichtung, die die Grüne Partei genommen hat. Das ist parteiensoziologisch zu erklären und erwartbar. Aber gerade deswegen muss man es kritisieren.
Angesichts von so viel Kritik nach allen Seiten, könnte man Sie für einen Radikalen halten.
Mit Selbstbezeichnungen dieser Art kann ich nichts anfangen. Ich versuche selbst zu denken. Und das versuche ich, auch meinen Studierenden beizubringen. Ganz im Sinne der Aufklärung.
Sie erzählen in dem Buch auch persönliches, zum Beispiel wie scharf sie selbst als junger Mensch auf Autos und andere Konsumgüter waren. Warum wollten Sie irgendwann nicht mehr konsumieren? Hatten Sie ein Erweckungserlebnis?
Nein. Es war eher eine Folge der Beschäftigung mit bestimmten wissenschaftlichen Befunden, zum Beispiel zum kontinuierlichen Übernutzen von Ressourcen. Fürs selbst Denken braucht man kein Erweckungserlebnis. Das kann man einfach mal ausprobieren.
Der Konsumismus hat ja nun auch eine recht sympathische Eigenschaft. Im Gegensatz zu anderen Ideologien kennt er keine Feinde.
Stimmt. Arme sind im Prinzip nur Leute, die noch nicht am Markt teilnehmen können. Die alte Karikatur des bösen Kapitalisten mit Zigarre im Mund und Melone auf dem Kopf, greift nicht mehr, diese Kategorisierung des bösen Ausbeuters und der armen Opfer. Das macht den Konsumismus so schwer greifbar. Es ist verzwickt, aber natürlich kann man sagen: Ich spiele nicht mehr mit. Ich nehme mein Geld und gebe es der GLS-Bank oder einer anderen Genossenschaft, die genau nachweist, was damit passiert. Ich finde es bedenklich, auf die Aktienmärkte zu schimpfen, ohne darüber nachzudenken, was mit dem Geld gemacht wird, das man jahrelang auf der Bank spart. Und das kann man in anderen Lebensbereichen auch tun: Aus dem Spiel aussteigen – in gewissem Umfang.
Da setzen Sie aber extrem hohe moralische Standards voraus.
Überhaupt nicht. Es reicht, wenn man anfängt, sich selbst ernst zu nehmen. Sich zu schade zu sein als Mitspieler in einem Spiel, das man eigentlich nicht gut findet. Das gilt nicht nur im privaten, sondern auch im beruflichen Bereich.