Klimawandel „Natürlich gibt es Unsicherheiten“

Der Klimawandel wirft neue Fragen auf. Für den Physiker Johannes Orphal bestehen trotzdem keine Zweifel: Der Mensch ist für die Erwärmung auf dem Planeten verantwortlich.

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Der Physiker Johannes Orphal Quelle: Pressebild

WirtschaftsWoche: Herr Orphal, auf einer Skala von 1 bis 100: Wie sicher sind Sie und Ihre Kollegen, dass der Mensch für den Klimawandel verantwortlich ist?
Oprhal: Ohne zu zögern: 100. Der Mensch hat mit seinen Treibhausgasemissionen schon heute eine deutliche Erderwärmung ausgelöst.

Der Chemiker und ehemalige RWE-Manager Fritz Vahrenholt hat gerade ein Buch veröffentlicht, in dem er behauptet, die Sonne sei schuld an der Erderwärmung und nicht der vom Menschen. Was stimmt denn nun?
Es gibt zwar auch verschiedene natürliche Faktoren, aber die Behauptung, der Einfluss der Sonne wäre wichtiger als die Treibhausgasemissionen ist nicht wissenschaftlich begründbar. Die Variabilität der Sonne hat, soweit wir es heute wissen, einen weitaus geringeren Einfluss als der Mensch.

Bildergalerie: Schnelle Wege aus der Klimafalle

Schnelle Wege aus der Klimafalle
Klimaexperten haben mehr als 400 Methoden zur Bekämpfung des Klimawandels unter die Lupe genommen. Im Fokus der im Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlichten Untersuchung stand ausnahmsweise nicht der Klimakiller CO2, sondern das Treibhausgas Methan sowie Ruß, der in der Atmosphäre dafür sorgt, dass weniger Sonnenstrahlung ins All reflektiert wird. Schon mit einigen einfachen Maßnahmen, so die Wissenschaftler, ließe sich der Ausstoß von Methan und Ruß so stark reduzieren, dass der globale Temperaturanstieg bis zum Jahr 2050 um ein Drittel geringer ausfallen würde als bislang vorhergesagt. Die zehn wichtigsten Maßnahmen im Überblick. Quelle: dpa
Durch eine bessere Filterung bei der Entlüftung von Kohleminen würde deutlich weniger Methan freigesetzt. Quelle: dpa
Lecke Gaspipelines sind eine weitere Treibhausgas-Quelle, die sich mit relativ geringem Aufwand schließen ließe. Quelle: dpa
Deponie-Gas, dessen Hauptbestandteil Methan ist, entsteht durch den bakteriologischen und chemischen Abbau von organischen Inhaltsstoffen des Mülls. Seine Freisetzung zu verhindern und es nutzbar zu machen, würde dem globalen Klimawandel entgegenwirken, so die Forscher. Quelle: dpa
Durch unkontrolliertes Abblasen bei der Ölförderung gelangen ebenfalls große Mengen Methan in die Atmosphäre, die durch verbesserte Fördertechnik eingefangen werden könnten. Quelle: dpa
Auch durch eine bessere Aufarbeitung der bei der Nutztierhaltung anfallenden Exkremente – etwa durch Vergärung in Biogasanlagen – ließe sich der Methanausstoß deutlich verringern. Quelle: dpa
Keine andere Kulturpflanze setzt soviel Methan frei wie Reis. Durch verbesserte Anbaumethoden, weniger Dünger und eine weniger intensive Bewässerung ließe sich der Methanausstoß beim Reisanbau reduzieren. Quelle: dpa

Herr Vahrenholt behauptet, dass natürliche Einflüsse wie die Sonnenaktivität noch gar nicht genug erforscht sind, um sie als Hauptfaktor des Klimawandels auszuschließen.
Es ist überhaupt nicht wahr, dass in Deutschland an keiner Universität und keinem Lehrstuhl darüber geforscht werden darf, wie groß der Anteil der natürlichen Einflüsse am Klimawandel ist, wie Vahrenholt sagt. An meinem Institut, wie auch an vielen anderen, wird schon lange zu diesen Fragen gearbeitet. Wir haben vor zwei Jahren am KIT eine neue Forschergruppe sogar ausschließlich zum Thema „Sonnenvariabilität und Klima“ eingerichtet. Bisher zeigen die Ergebnisse aber, dass der Einfluss eher gering ist.

Aber wie erklären Sie, dass in den vergangenen zehn Jahren die Temperaturen global kaum gestiegen sind, wo doch die CO2-Emissionen sehr stark zunehmen?
Es ist keine Überraschung, dass es nicht immer eine einfache, lineare Temperaturzunahme gibt. Das Klimasystem der Erde ist sehr kompliziert. Es gibt viele starke Kopplungen zwischen verschiedenen atmosphärischen Prozessen. Dazu gehört die Wolkenbildung, aber auch die Strömungen in den Ozeanen und Veränderungen auf der Erdoberfläche, wie Schnee, Eisvorkommen und Vegetation.

Wenn die Temperatur nunmehr langsam steigt, können wir dann Entwarnung geben?
Nein, weil ein Betrachtungszeitraum von zehn Jahren viel zu kurz ist, um überhaupt von „Klima“ zu sprechen. Wir betrachten in der Klimaforschung generell viel längere Zeitabschnitte, und da ist die Temperaturzunahme sehr deutlich zu sehen. Ein einzelner frostiger Winter oder sehr heißer Sommer sagen noch gar nichts über den Klimawandel aus.

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