IPCC Kritik am UN-Klimarat wird lauter

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Neue Aufgaben: Kurzberichte zu spezifischen Einzelthemen

Diese Regionen drohen zu verschwinden
NildeltaDer afrikanische Strom Nil versorgt Menschen in sieben Ländern mit Wasser und sorgt für fruchtbaren Boden. Von Ruanda und Burundi fließt er durch Tansania, Uganda, den Südsudan und den Sudan, durch Ägypten und mündet dann ins Mittelmeer. Gerade in Ägypten gilt der Fluss als Lebensader. In den nächsten zwölf Jahren könnte sich seine Bedeutung jedoch umkehren: Wenn die Meeresspiegel weiter ansteigen, würden die Menschen aus dem Nildelta von Überschwemmungen vertrieben. Quelle: obs
HalligenGenauso bedroht vom steigenden Meeresspiegel sind die zehn deutschen Halligen rund um die Insel Insel Pellworm vor der Küste Schleswig-Holsteins. Steigt der Meeresspiegel weiter, können die Bewohner der Halligen die Landwirtschaft nicht aufrecht erhalten - ihre Lebensgrundlage wäre bedroht. Stürme, häufigere Überflutungen und damit verbundene Bodenerosionen könnten die Halligen im Laufe der Zeit vollständig wegspülen. Quelle: dpa/dpaweb
WattenmeerSteigt der Meeresspiegel sehr schnell und hoch, könnte auch Wattenmeer komplett verschwinden. Damit würden tausende Vögel ihre Lebensgrundlage verlieren. Quelle: dpa
KilimandscharoDoch auch die Berge sind bedroht: Durch die Klimaerwärmung sind die Gletscher auf dem ostafrikanischen Kilimandscharo um 80 Prozent geschrumpft. In den nächsten drei bis vier Jahren soll die Schneedecke ganz verschwunden sein. Da wegen der globalen Erwärmung auch der Wolkenkranz, der die Spitze des Berges umschließt, weniger wird, ist die dortige Wasserversorgung gefährdet. Am Fuß des Mount Kilimanjaro lebt die Volksgruppe der Massai, außerdem tausende Tierarten wie Affen, Büffel, Elefanten, Pelikane, Raubkatzen, Nashörner, Zebras und Gazellen. Verschwinden die Wolken um den Kilimandscharo herum, verschwindet auch die Lebensgrundlage von Mensch und Tier. Quelle: dapd
GletscherAllgemein verschwinden Schnee und Eis von der Erdoberfläche - nicht nur in Ostafrika oder an den Polen. So sind beispielsweise auch die österreichischen Skigebiete wie Kitzbühel betroffen. Schon ein Temperaturanstieg von drei Grad reicht laut Geologen aus, um 80 Prozent der Alpengletscher abzutauen. Forscher gehen davon aus, dass im Jahr 2050 alle Alpen gletscherfrei sein werden. Quelle: gms
Namib-WüsteDeutsche Forscher sind erst im vergangenen Sommer in der Nähe der Wüste Namib in Namibia im Südwesten von Afrika auf riesige unterirdische Wasservorräte gestoßen. Trotzdem bleibt das Land vom Klimawandel gefährdet: Trocknet die Wüste noch stärker aus, könnten Wanderdünen Mensch, Tier und Pflanzen bedrohen. Laut Geologen reicht ein Temperaturanstieg von 2,1 Grad, damit Sandstürme und Wanderdünen aus der Namib-Wüste rund die Hälfte der Tier- und Pflanzenwelt auslöschen und das Leben der Menschen gefährden. Quelle: dpa
Amazonas-RegenwaldGut sechs Prozent der Vogel-, Amphibien- und Säugetierarten müssten im brasilianischen Amazonasbecken mittlerweile ausgestorben sein - weil der Regenwald dort seit vier Jahrzehnten zerstört wird. Ein Fünftel des Amazonas-Regenwalds ist bereits vollständig zerstört. Quelle: dpa

Tatsächlich mehren sich Forderungen, man möge die großen Zusammenfassungen abschaffen – selbst wenn manche Wissenschaftler und Politiker beteuern, die großen Klimaberichte des IPCC seien als Grundlage für den Klimaschutz unverzichtbar. Bloß: Zu einem globalen Abkommen über verpflichtende Emissionsminderungen haben die kiloschweren Klimaberichte bisher nicht geführt. Dabei wird der IPCC im November schon 25 Jahre alt.

Möglicherweise steht ihm deshalb nun eine große Reform ins Haus. Denn in Fachkreisen grummelt es schon länger. Als Reaktion darauf bat das IPCC-Sekretariat die Mitgliedsländer im März 2013, Vorschläge zur Zukunft des Gremiums zu machen.

Erste Ideen liegen bereits vor. Ein Teil der Informationen in den Berichten sei schnell veraltet, die Schlussfolgerungen seien nicht immer nachvollziehbar, heißt es etwa aus Den Haag. Statt Universalberichten wie bisher wünschen sich Niederländer und US-Amerikaner daher vom IPCC mehr spezialisierte Arbeiten zu Einzelthemen.

Extremwetter als Vorbild

Als positives Beispiel gilt etwa der Bericht zum Extremwetter, der 2012 erschien. Der Klimaforscher Martin Claußen am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg sieht das ähnlich: „Ich kann mir gut vorstellen, dass kürzere Berichte zu spezifischen Themen nützlicher wären.“

Der Wert der wissenschaftlichen Begutachtung durch den IPCC liegt auch darin, dass sich die Welt auf den Klimawandel vorbereitet – da sie ihn schon nicht verhindert. Dann aber sollten Informationen zu den regionalen Auswirkungen der globalen Erwärmung besser aufbereitet werden, fordern viele.

Hans von Storch vom Zentrum für Material- und Küstenforschung in Geesthacht bei Hamburg schlägt etwa vor, dass die Regionalberichte von Experten vor Ort verfasst werden – und nicht von Auswärtigen. Die wissenschaftliche Güte der Regionalberichte, so meint von Storch, sollte dann aber der IPCC bescheinigen.

So viel zumindest scheint bei aller Ungewissheit klar: Die Funktion des Gremiums wird sich wandeln, überlebt hat es sich noch nicht.

Klima | Kritiker fordern, die Aufgaben des UN-Klimarats IPCC neu zu definieren.

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