Viele tragen einer der Schlüsseltechnologien zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energien mit sich in der Tasche herum oder haben sie zumindest gerade in Reichweite: die Batterie. Wenn Batterien billiger werden und mehr Energie speichern können, werden Elektroautos oder von Wind und Sonne gespeiste Häuser rentabler - auch wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht bläst. Solche Lösungsansätze zählen zu den hoffnungsvolleren Aspekten der UN-Klimakonferenz ab kommender Woche in Paris.
„Wenn man es mit dem Abschied von fossilen Brennstoffen bei der Energieversorgung für ein Haus, eine Stadt oder einen Staat ernst meint, kann man das nicht ohne Energiespeicherung tun“, sagt Jay Whitacre, Batterie-Experte und -Erfinder an der Carnegie Mellon Universität.
Zahlen zur Erderwärmung
...forderte die Hitzewelle von 2003 allein in Frankreich.
...Dollar Mehrkosten für den globalen Küstenschutz.
weniger Hitze in Wüstenstädten dank optimaler Luftströmung.
Auch der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore, die derzeitige Herausgeberin des Wissenschaftsmagazins „Science“, Marcia McNutt, und andere sehen bessere Batterien als einen der Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel.
Seit mehr als 200 Jahren gibt es Batterien. Aber dieses Jahr hat die Technologie nochmals eine riesigen Schritt nach vorn gemacht. Im Oktober verkündete ein Forscherteam, eine Batterie gebaut zu haben, die eine zehnmal so hohe Dichte hat wie die besten Batterien derzeit auf dem Markt.
Im September gewann Erfinder Whitacre einen Förderpreis in Höhe von 500.000 Dollar (470.000 Euro) für seine umweltfreundliche Batterie auf Wasserbasis. Und im April kündigte Investor Elon Musk an, dass sein Unternehmen Tesla Motors mit High-Tech-Batterien für Häuser mit Solarpanelen an den Markt gehe, mit denen Strom für die Nacht und für wolkige Tage gespeichert werden kann.
Technische Hintergründe zu Akkus
Eine Batterie hat die Aufgabe, beim Aufladen möglichst viele Elektronen aufzunehmen und diese mit möglichst wenigen Verlusten zu speichern. Beim Entladen gibt sie die Elektronen dann wieder ab, um mit diesem Strom zum Beispiel einen Elektromotor oder ein Handy zu betreiben.
Im Akku übernehmen die sogenannten Lithium-Ionen diese Speicheraufgabe: Diesen Atomen fehlt ein Elektron. Daher sind sie elektrisch positiv geladen. Beim Aufladen strömen negativ geladene Elektronen in den Akku und sammeln sich in einem dichten Geflecht aus dem leitfähigen Kohlenstoff Graphit. Dorthin wandern dann auch die positiv geladenen Lithium-Ionen. Jedes von ihnen bindet ein Elektron – man könnte auch sagen, dass jedes Ion ein Elektron festhält, um die Ladungsneutralität zu gewährleisten. Beim Entladen des Akkus verlassen die Elektronen das Graphit nach und nach wieder. Damit wandern auch die positiv geladenen Lithium-Ionen aus dem Graphit-Netzwerk heraus. Später kann der Ladezyklus dann von neuem beginnen.
Je mehr Lithium-Ionen in einen Akku hineinpassen, umso mehr Elektronen und damit Energie können auf gleichem Raum gespeichert werden. Daher arbeitet Bosch schon länger unter anderem daran, den Graphit-Anteil zu reduzieren oder ganz auf das Graphit zu verzichten. Dies würde die Energiedichte des Akkus deutlich steigern. Das scheint jetzt dem Start-up Seeo, das Bosch gekauft hat, gelungen zu sein.
„Die Geschwindigkeit der Innovation scheint zuzunehmen“, sagt JB Straubel, Cheftechniker und mit Musk zusammen Co-Gründer von Tesla. „Wir sind gerade ungefähr an dem Punkt, wo die Leistung und Lebensdauer von Batterien etwa die von fossilen Brennstoffen erreicht. Wenn man das verdoppeln kann, sind die Aussichten rosig.“
In seiner riesigen „Gigafactory“ in Nevada hat Tesla damit begonnen, sogenannte Powerwalls für die Verwendung in Häusern zu produzieren. Die Nachfrage aus aller Welt ist so groß, dass man mit der Produktion nicht nachkommt.
Im November kündigte ein Versorger in Texas an, dass er seinen Kunden Windenergie in der Nacht kostenlos anbiete, weil sie nicht gespeichert werden könne. Das ist der Punkt, an dem Tesla ansetzen will. Nicht nur bei Autos, sondern auch bei Häusern. In zehn Jahren soll es nach Straubels Einschätzung deutlich billiger und sauberer sein, Energie aus Wind und Sonne zu erzeugen und in Batterien zu speichern, statt Kohle, Öl oder Gas zu verwenden.
Forscherteams weltweit tüfteln an neuen Batterien
„Was die Situation geändert hat, ist die Gigafactory“, sagt Venkat Srinivasan, stellvertretender Direktor des Gemeinschaftszentrums für Energiespeicherungsforschung am Lawrence Berkeley National Lab. „Vor zwei Jahren hat niemand geglaubt, dass jemand fünf Milliarden Dollar in eine große Batterienfabrik investieren würde.“
Tesla baut auf existierende Technologien, die in Massenproduktion gefertigt und vermarktet werden. Das ist der eine bedeutende Wandel in der Branche. Der andere ist die Arbeit, um die Batterien selbst noch effizienter zu machen.
Der Erfinder der heute weit verbreiteten Lithium-Ionen-Batterie ist John Goodenough, ein Professor an der Universität von Texas. Sein nächstes Projekt ist eine sicherere Batterie auf Sodium-Basis, ein Element, das reicher vorhanden ist und das schneller aufgeladen werden kann.
"Rennen gegen die Zeit"
„Ich hoffe jetzt, dass ihr euch selbst von eurer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen befreien könnt“, erklärte er im Oktober, als er von Israel mit einem insgesamt mit einer Million Dollar dotieren Auszeichnung für die Förderung alternativer Energieträger geehrt wurde. „Ich glaube, im kommenden Jahr wird es einen Durchbruch geben“, sagte er weiter. „Ich bin hoffnungsvoll, aber wir sind noch nicht ganz so weit.“
Glenn Amatucci, Direktor der Energiespeicherforschung an der Rutgers University spricht von einem „Rennen gegen die Zeit. Jeder Tag, jede Stunde ist entscheidend dafür, dass man vorankommt.“ Bei Goodenough ist die Eile besonders groß. Acht Stunden am Tag arbeitet der inzwischen 93-Jährige an seiner neuen Batterie.
Weltweit tüfteln zahlreiche Forscherteams an verschiedenen neuen Batterien. Einer der vielversprechendsten Materialien ist ein Lithiumoxid, das fünf bis zehnmal mehr Energie speichern kann als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien.
Allerdings gibt es hier noch eine Reihe von Hindernissen, die die Technik bislang recht ineffizient machen - noch. Die Technik ist trotzdem vielversprechend, doch bis zu einer kommerziellen Nutzung werden noch mindestens sieben bis zehn Jahre vergehen, wie Grey sagt. Andere Wissenschaftler forschen an Batterien auf Wasser- oder Magnesium-Basis.
Tesla hat laut Straubel alle verschiedenen Batterien-Optionen im Blick. „Es ist eine laufende Revolution“, sagt er. „Das ist der kritische Teil in dem gesamten Puzzle, bei dem es darum geht, die Verbrennung fossiler Energieträger komplett zu stoppen.“