Die Pilotanlage von Dieselwest befindet sich auf dem Gelände der kommunalen Abfallwirtschaftsgesellschaft des Kreises Warendorf (AWG). Hier arbeiten bei Ecowest, einer AWG-Tochter, die wahrscheinlich fortschrittlichsten Müllmänner der Republik. In einer orangenen Warnweste führt Chefingenieur Thomas Kohlhaas über das 37-Hektar-Gelände und zeigt, wie moderne Abfallwirtschaft funktioniert.
Herzstück ist die Sortieranlage. Der Riese aus Hunderten Meter Förderband, das in mattem Schwarz seine Bahnen zieht, verwandelt Abfall in ein wattegleiches Gemisch aus winzigen Kunststoffschnipseln, das Kohlhaas Fluff nennt. Ein Teil davon geht zu den Kraftstoff-Forschern von Dieselwest. Alles andere vermarktet Ecowest als Ersatzbrennstoff, kurz EBS. Der enthält pro Tonne so viel Energie wie Braunkohle.
Wie in einer Goldmine
Aber nicht alles, was der Müllfresser schluckt, wird zu Fluff. Die Suche nach dem edelsten Abfall beginnt wie in einer Goldmine. Schredder zermalmen das Material, eine wilde Mischung aus Gewerbe- und Hausabfall, wie Erz im Bergwerk. Magnetbänder fischen Metalle für den Schrotthandel heraus. Siebe fangen feuchten Biomüll ab, der auf die Deponie kommt. Teerpappen, Holzteile und Hartplastik wie Zahnbürsten landen mit den anderen Resten in der klassischen Müllverbrennung.
Wie Sie Elektronik recyclen können
Auktionsportale wie eBay oder Kleinanzeigenplattformen sind eine gute Anlaufstelle, um Altgeräte loszuwerden. Was bei Auktionen zu beachten ist: Es kann passieren, dass Geräte unter Wert den Besitzer wechseln.
Über Portale wie reBuy, Wirkaufens oder Flip4New können alte Geräte noch zu Geld gemacht werden: Oft liegen die Angebote der Portale deutlich unter den Preisen, die man auf zum Beispiel auf eBay erzielen würde, dafür spart man sich das Risiko, Smartphone und Co. unter Wert zu verkaufen.
Wer möchte, kann mit seinen alten Geräten einen guten Zweck unterstützen. Einige Mobilfunkanbieter arbeiten dafür mit gemeinnützigen Organisationen zusammen. Alternativen: Vor Ort nach Institutionen wie der Obdachlosenhilfe schauen.
Ist ein Gerät kaputt, kann man es bei einer lokalen Sammelstelle, zum Beispiel beim Wertstoffhof, abgeben. Die Entsorgung kostet in den meisten Kommunen nichts, sofern man haushaltsübliche Mengen anliefert.
Wer sich den Weg zum Wertstoffhof sparen will, kann seine Elektrokleingeräte per Post verschicken. Die Deutsche Post bietet mit Electroreturn einen einfachen Dienst an. Online lassen sich kostenlose Versandmarken herunterladen und ausdrucken, mit denen die Geräte in die Post gegeben werden dürfen.
Ecowest war eines der ersten deutschen Unternehmen, das den hochwertigen Fluff herstellte. Mittlerweile gibt es bundesweit mehr als 40 ähnliche kommunale und private Anlagen. Sie verkaufen den aufgepäppelten Müll vor allem an Zementfabriken. Bis zu 20 Euro bringt das pro Tonne, sagen Branchenkenner. Am Ende spart das den Bürgern in Ennigerloh Geld, weil ihre Gemeinde weniger Abfall in klassische Verbrennungsanlagen schicken muss. Dort kostet die Entsorgung von unbehandeltem Hausmüll bis zu 200 Euro pro Tonne.
Neben der Kostenersparnis winkt auch ein Gewinn für die Umwelt. Weil die Abnehmer des Fluffs, die deutschen Zementhersteller, heute so viel Müll verfeuern wie nie zuvor, decken sie nur noch ein Drittel ihres Energiebedarfs mit Kohle, Öl und Gas.
Kostengünstig und umweltfreundlich
Der Abfallforscher Matthias Franke vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik im oberpfälzischen Sulzbach-Rosenberg hat kürzlich eine genaue Ökobilanz der EBS-Verbrennung in Zementwerken erstellt. Das Ergebnis: „Die Verbrennung ist teilweise sinnvoller als das Recycling“, sagt Franke. Bei einigen Kunststoffabfällen aus dem gelben Sack ist der Energieaufwand zu hoch, um die Stoffe fürs Recycling zu trennen. Außerdem produziert die Verbrennung von Fluff im Zementwerk weniger klimaschädliches Kohlendioxid als Kohle.
Die Aussicht auf einen kostengünstigen und umweltfreundlichen Brennstoff hat mit den EBS-Kraftwerken inzwischen sogar eine neue Generation von Verbrennern hervorgebracht, die einzig auf Müll der Extraklasse eingestellt sind. Sie arbeiten effizienter als die meisten herkömmlichen Müllverbrennungsanlagen und produzieren Strom und Wärme für Papierfabriken, die Chemie- und die Stahlindustrie.
Bestimmte Kunstabfälle werden besser recycelt
Das neueste und größte EBS-Kraftwerk soll kommendes Jahr im Industriepark Höchst in Frankfurt am Main starten. Die rund 350 Millionen Euro teure Anlage wird die mehr als 90 dort angesiedelten Unternehmen mit Elektrizität und Dampf für ihre Produktion versorgen. Dafür verfeuert sie jährlich einen Abfallberg, wie er in Hamburg anfällt.
Aber ob Zementfabriken oder EBS-Kraftwerke: Nicht mit jeder Sorte Müll werden die Anlagen zu Umweltschützern. Bestimmte Kunststoffabfälle sind besser im Recycling aufgehoben. Ausgediente Gartenstühle etwa und löchrige Gießkannen aus Plastik, das kaputt gespielte Bobby Car, Folien, die Spargelfelder bedeckten oder Strohballen umhüllten, oder die Gehäuse von Elektrogeräten. „Wichtig fürs Recycling ist, dass die Abfälle sauber und sortenrein sortiert werden“, sagt Recyclingexperte Thomas Probst vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung.
Bioabbaubare versus biobasierte Kunststoffe
PCL (Polycaprolacton) ist ein biologisch abbaubarer Kunststoff, der auf Basis von Erdöl hergestellt wird. Er kommt vor allem in der Verpackungstechnik und in der Medizintechnik zum Einsatz. Ganz ähnliche Eigenschaften weisen PBAT (Polybutylenadipat-terephthalat), PBS (Polybutylensuccina), PGA (Polyglycolid) und andere auf.
Allgemeine Kunststoffe, die nicht kompostierbar sind: PE (Polyethylen), PP (Polypropylen), PVC (Polyvinylchlorid), PS (Polystyrol), PET (Polyethylenterephthalat) und andere.
Dabei handelt es sich um Stärke-Blends, die sich aus unterschiedlicher Biomasse zusammensetzen können. Bekannte Materialien sind Cellophan, PLA (Polylactide), Chitin und andere.
Die meisten Cellulose-Derivate wie Zucker (PE+PVC) oder Rizinusöl (PU +PA) bestehen zwar aus Biomasse. Ihre Polymere sind dennoch nicht biologisch abbaubar. Sie kommen in Filmbindern, Klebstoffen oder Wasch- und Reinigungsmitteln vor.
Scanner erkennen die begehrten Polyolefine
Ist das der Fall, haben Unternehmer wie Michael Scriba leichtes Spiel. Der Geschäftsführer von MTM Plastics im thüringischen Niedergebra gehört zu den Pionieren bei der Verwertung von Polyolefinen. Aus diesen Kunststoffen bestehen Dosen, Tuben, Tüten, Folien, Becher und Flaschen – also vieles von dem, was sich im gelben Sack der Verbraucher findet.
Früher ließ Scriba noch von Hand sortieren, erzählt er bei der Führung durch seinen Betrieb. Heute trennen Zentrifugen und andere Maschinen die Abfälle. Infrarotstrahlen schießen auf die Kunststoffe, anhand des reflektierten Lichts erkennen Scanner die begehrten Polyolefine. Sie wandern in einen Extruder, der die bunten Kunststoffteilchen auf bis zu 240 Grad erhitzt, bis sie zu einer Masse verschmelzen. Im weiteren Prozess wird sie entgast, gereinigt, mit Zusatzstoffen vermischt und schließlich durch ein Sieb gepresst. Kühlt die Masse ab, entsteht ein pfefferkorngroßes Granulat, das in Säcken an 60 Kunststoffverarbeiter in ganz Europa geht. Sie stellen daraus Mülltonnen, Kisten, Eimer sowie Bauteile für Autos oder Büromöbel her und auch neue Gartengeräte.