Statt des Traktors nimmt der Bauer in Zukunft erst die U-Bahn und dann den Fahrstuhl, um auf sein Feld zu kommen. Denn Mais, Kartoffeln und Gurken könnten bald in Hochhäusern wachsen, mitten in der Stadt. Einer der großen Verfechter dieser Idee ist der Mikrobiologe Dickson Despommier von der New Yorker Columbia-Universität. „Eine Hochhausfarm ist nichts anderes als Dutzende aufeinandergestapelte Gewächshäuser“, sagt er.
Heute müssten Laster Nahrung vom Land über Hunderte Kilometer in die urbanen Zentren transportieren, rechnet Despommier vor. Weltweit legen diesen Weg täglich zwei Millionen Tonnen Lebensmittel zurück, was 150. 000 Lkw-Ladungen entspricht. Das führe zu einem unnötigen Verbrauch an Ressourcen wie Benzin und Strom für die Kühlung der Lagerhäuser, findet Despommier. Warum also nicht die Felder zu den Verbrauchern bringen?
Stadtbauern aus New York
Was wie eine Vision aus dem akademischen Elfenbeinturm klingt, ist in Ansätzen bereits Realität. Vorreiter sind lokale Initiativen, die auf flachen Hausdächern Gemüse ziehen. Wie in New Yorks Stadtteil Brooklyn: Dort legten Stadtbauern 2009 auf dem Dach eines Lagerhauses eine 4000 Quadratmeter große Farm an. Sie liefert jährlich sieben Tonnen Bio-Salat, Tomaten und Kräuter, die auf Wochenmärkten verkauft werden – genug, um einen Sommer lang den Verbrauch von rund 200 Menschen zu decken.
Auch Abgase scheinen dem Gemüse nichts anzuhaben. Eine Studie der US-Universität New Jersey ergab, dass trotz des Autoverkehrs der Anbau von Lebensmitteln in Metropolen unbedenklich ist. Wegen des Verzichts auf Pestizide und Konservierungsstoffe sei die Stadternte sogar oft gesünder als Gemüse vom Land.
Die Dachfarmen sind mittlerweile so erfolgreich, dass Supermärkte im nächsten Jahr in mehreren US-Städten Gewächshäuser auf ihren Verkaufshallen installieren wollen. Ganzjährig würden in jedem bis zu 30 Tonnen Gemüse wachsen.