Lebensmittel vom Discounter Krebserreger im Kaffee und Salz in der Pizza

Das Magazin „Öko-Test“ hat 28 Lebensmittel vom Discounter untersucht. Das Ergebnis: Die Qualität ist meist gut, die Produktionsbedingungen weniger. „Hauptsache billig“ kann auch mal daneben gehen – vor allem beim Kaffee.

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In drei von sechs getesteten Kaffeesorten vom Discounter fanden die Tester erhöhtes Acrylamid. Die meisten Sorten erhielten die Note „ausreichend“. Quelle: dpa

Qualität zum kleinen Preis – so oder so ähnlich werben Aldi, Lidl und all die anderen Billigheimer tagtäglich für ihre Produkte. Die Preise sind tatsächlich unschlagbar, aber wie steht es mit der Qualität? Das wollten auch die Tester des Magazins „Öko-Test“ wissen.

Sie schickten eine Auswahl von 28 Basis-Lebensmittel ins Labor. Das Ergebnis: Die Qualität vieler Produkte sei zwar erstaunlich gut ist, stellten die Tester fest. Die Produktionsbedingungen ließen dagegen zu wünschen übrig. So zählt überraschend die Produktgruppe Kaffee zu den Verlierern.

Die Tester kauften bei den Discounter-Ketten Lidl, Penny, Aldi Nord, Aldi Süd, Norma und Netto jeweils vier bis fünf vergleichbare Lebensmittel. Darunter war jeweils eine Kaffeesorte, eine Vollmilch, ein Parboiled-Reis, eine Spinat- oder Gemüsepizza und – falls erhältlich – ein Soja- oder Tofuprodukt. Im Preis unterschieden sich die Produkte fast nicht, allerdings teilweise in der Qualität.

Kein Discounter schneidet besonders gut oder besonders schlecht ab: So haben viele Lebensmittel gute Bewertungen erhalten, vor allem die getesteten Tofuprodukte und die frische Vollmilch. Jedoch erhielten alle getesteten Kaffeesorten nur die Note „ausreichend“ oder schlechter.

Besonders arg erwischte es diese Produkte der Discounter: Der „Bellarom Kräftig Röstkaffee“ von Lidl, der „Markus Kaffee Gold, Fein-würzig“ von Aldi-Nord sowie der „Rösta Classic Kräftig“ fielen sogar mit „mangelhaft“ durch.

Hauptkritikpunkt waren erhöhte Acrylamidwerte, die über dem deutschen Signalwert für Röstkaffee von 277 Mikrogramm pro Kilogramm lagen. Acrylamid entsteht beim Erhitzen von Lebensmitteln und gilt als krebserregend und erbgutverändernd.

Zu viele Kalorien in der Pizza

Kritisiert wurde von den Testern außerdem der unfaire Kaffeeanbau. Von dem Geld, was in der Kaffeebranche verdient wird, kommt immer noch zu wenig bei den Kaffeefarmern an. Zu den Arbeitsbedingungen gab es wenig Konkretes. Die Ketten Penny und Netto machten gar keine Angaben zu den Bedingungen, unter denen das Produkt erstellt worden ist. Lidl und Norma hingegen verwiesen immerhin auf gesetzliche Regelungen in einigen Anbauländern, einen Bezug zu den Testprodukten stellten sie aber nicht her.

Von Pferdelasagne und Ehec-Sprossen
2016: Plastik im SchokomantelAbermillionen Schokoriegel müssen in die Werkstatt – sozusagen. Nachdem eine Kundin in einem Marsriegel auf ein Stück Plastik gebissen hat, hat der Hersteller mit einer gigantischen Rückruf-Aktion begonnen. Sie gilt mittlerweile für alle Staaten der Europäischen Union, mit Ausnahme von Bulgarien und Luxemburg. Betroffen sind Riegel der Marken Mars und Snickers mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum vom 19. Juni 2016 bis 8. Januar 2017 zurück; zudem alle Produkte der Marke Milky Way Minis und Miniatures sowie mehrere Celebrations-Mischungen mit diesem Mindesthaltbarkeitsdatum. Quelle: dpa
2016: Glyphosat und Malz, Gott erhalt'sPro Jahr konsumiert ein Deutscher durchschnittlich 107 Liter Bier. Und damit nicht nur, streng nach dem deutschen Reinheitsgebot, Wasser, Hopfen, Hefe und Malz, sondern auch noch eine gerüttelte Menge Glyphosat – das weltweit meist eingesetzte Pestizid. In deutschen Bieren wurden Mikrogrammwerte deutlich über den Grenzwerten für Trinkwasser gemessen, im krassesten Fall 300-fach über dem Grenzwert. Direkte Gefahr für die Gesundheit besteht allerdings nicht. Quelle: dpa
2014: Dänischer Wurstskandal erreicht DeutschlandIn Dänemark stellte sich 2014 heraus, dass Produkte des Wurstherstellers Jørn A. Rullepølser mit Listerien-Bakterien verseucht waren. Listerien sind für gesunde Menschen in aller Regel ungefährlich, allerdings ein Risiko für immungeschwächte Personen und schwangere Frauen. In Dänemark starben innerhalb von 30 Tagen zwölf Menschen, 15 weitere erkrankten. Der Betrieb wurde geschlossen, die Produkte zurückgerufen. 160 Kilogramm waren auch an einen deutschen Supermarkt in Schleswig-Holstein an der dänischen Grenze gegangen – sie waren bereits verkauft, bevor sie sichergestellt worden konnten. Verbraucher wurden gebeten, die Wurst zu vernichten oder zurückzugeben. Quelle: dpa
2014: Käse mit ColiDas Unternehmen Vallée-Verte rief die zwei Käsesorten „Saint Marcellin“ und „Saint Felicien“ zurück. In den Produkten der französischen Käserei Fromageries L'Etoile wurden Coli-Bakterien nachgewiesen. Diese können innerhalb einer Woche nach Verzehr zu teils blutigem Durchfall, Bauchschmerzen, Erbrechen sowie Fieber führen. Gerade bei Kindern besteht außerdem die Gefahr von Nierenkomplikationen. Quelle: dpa
2014: Von wegen Edel-Hähnchen2014 deckte die „Zeit“ auf: Das Neuland-Gütesiegel, gegründet vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem deutschen Tierschutzbund und der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft, als ganz besonderes Qualitätssiegel hielt bei Brathühnchen nicht so ganz, was es versprach. Eigentlich sollten Neulandtiere aus Freilandhaltung stammen, gefüttert mit Körnern aus der Region. Tatsächlich stammen in Norddeutschland viele Tiere aus einem ganz gewöhnlichen industriellen Schlachtbetrieb in Niedersachsen. Quelle: dpa
2013: Pferd in der LasagneZusammen mit der Ehec-Epidemie wohl der aufsehenerregendste Lebensmittel-Skandal der vergangenen Jahre: 2013 stellte sich heraus, das Rindfleisch in mehreren Fertiglasagnen aus der Tiefkühlung war eigentlich Pferd. Im Anschluss wurden in Labortests rund 70 Fälle von falsch etikettierten Fertigprodukten nachgewiesen. Die größte Menge an Pferdelasagne gab es in Nordrhein-Westfalen mit 27 Fällen, gefolgt von Hessen (13), Baden-Württemberg (8) und Bayern (8). Weitere betroffene Länder waren Mecklenburg-Vorpommern (5), Brandenburg (4) und Hamburg (2). Quelle: REUTERS
2013: Noch mehr PferdBegonnen hatte der Skandal in Irland und Großbritannien, wo bereits im Januar Hamburger-Frikadellen auftauchten, die Spuren von Pferd enthielten. Bei Hamburgern der Marke Tesco waren es sogar deutlich mehr als nur „Spuren“: Sie bestanden zu 23 Prozent aus Pferdefleisch. Die Tiefkühl-Hackbällchen „Köttbullar“ der Möbelhaus-Kette Ikea in tschechischen Häusern enthielten ebenfalls Pferd und flogen daraufhin aus dem Sortiment – zum Ausgleich landete in schwedischen Tiefkühlregalen Lasagne mit einem Pferdefleischanteil von bis zu 100 Prozent. In ganz Europa wurden schließlich Händler festgenommen, die falsch deklariertes Fleisch verkauften. Quelle: dpa

Größeren Einblick gewährten allein die beiden Aldi-Discounter. Beide sind Mitglied der 4C-Assoziation, die sich für einen nachhaltigen Kaffeeanbau einsetzt. Die 4C-Anteile sind jedoch gering: zehn Prozent im Röstkaffee Classic (Aldi Süd) und zirka 27 Prozent im Markus Kaffee Gold (Aldi Nord). Daher reicht es insgesamt nur zu einem „unfair“ – trotz teilweise vorgelegter Belege.

Auch am großen Pizza-Sortiment der Discounter hatten die Tester einiges auszusetzen. So steckte in vier Produkten zu viel Salz, in zweien zu viele Kalorien. Dabei sollte die Hauptmahlzeit möglichst nicht mehr als ein Drittel des Tagesrichtwertes beisteuern – orientiert an Empfehlungen für berufstätige Männer und Frauen.

Dennoch gab es für die Pizzen immerhin dreimal ein „Gut“. Die „Trattoria Alfredo Steinofen Pizza Vegetale“ von Lidl schnitt sogar mit „sehr gut“ ab. Hier fanden die Tester keine Mängel. Ein Kritikpunkt unter den sonstigen Mängeln: Die Bio-Spinatpizzen von Netto und Norma waren nur auf einer Seite mit Käsewürfeln belegt.

Faire und Bio-Lebensmittel bevorzugen

Minuspunkte gab es auch für Reis und Sojadrinks. In allen sechs Reisprodukten wurden mehr oder weniger erhöhte Gehalte an krebsverdächtigem, anorganischem Arsen gemessen. Die Mengen liegen zwar meist deutlich unter dem derzeit diskutierten Grenzwert, trotzdem wären geringere Belastungen wünschenswert.

Deutschlands größte Lebensmittelhändler
Gute Zeiten für LebensmittelhändlerDie Lebensmittelhändler können größtenteils auf ein gutes Jahr zurückblicken. Bis auf wenige Ausnahmen verbuchten alle Unternehmen ein Umsatzwachstum - manche sogar im zweistelligen Bereich. Der Gesamtumsatz der zehn umsatzstärksten Händler in Deutschland lag bei rund 210 Milliarden Euro. Wobei ein Viertel davon allein auf den ersten Platz entfällt.Quelle: TradeDimensions, Lebensmittelhandel Deutschland 2014 Quelle: dpa
Bartels-Langness Quelle: PR
Globus
Rossmann Quelle: dpa
dm Quelle: dpa
Lekkerland
Metro-Gruppe Quelle: dpa

„Gut“ schnitten auch die Milchsorten im Test ab. „Öko-Test“ kritisierte lediglich die Haltungsbedingungen der Milchkühe: Die Fettsäuren in der Milch deuteten auf geringe Grünfuttergabe oder eine fehlende Weidehaltung hin. Außerdem teilten alle Anbieter mit, dass die Milchbauern nicht verpflichtet seien, auf genmanipuliertes Futter zu verzichten.

Wer beim Discounter kauft, will sparen – aber nicht an der Qualität. Diese Rechnung geht aber nicht immer auf. Wer überwiegend billig kauft, muss sich darüber im Klaren sein, dass sich solche Produkte nur in durchorganisierten, industrialisierten Prozessen herstellen lassen, wo Umwelt, Tiere und teils die Produzenten auf der Strecke bleiben können. Deshalb das Fazit von „Öko-Test“: Wer umweltschonende und gerechte Abläufe unterstützen möchte, sollte regionale, faire und Bio-Lebensmittel bevorzugen.

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