Nachhaltigkeit Mit diesen Tricks waschen sich deutsche Unternehmen grün

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Begriffe neu definiert

Baumwoll-Feld Quelle: REUTERS

Das Problem ist aber: Bei einem flüchtigen Blick entsteht möglicherweise der Eindruck, es handle sich um ein Bioprodukt. In Wirklichkeit aber enthalten einige Tuben Zutaten auf Erdölbasis, die in reiner Naturkosmetik verboten sind.

"Wenn ein Unternehmen einen kleinen Teil ihres Produkts oder ihrer Produktpalette grün färbt, den Rest der Produktion aber einfach weiterlaufen lässt, dann ist das immer ein starkes Indiz für Greenwashing", sagt der Münchner Kommunikationsberater Andreas Knaut. Wenn Kunden Greenwashing durchschauen, glaubt Knaut, wenden sie sich von den Produkten ab.

Mitunter definieren Unternehmen auch Begriffe neu, die von Kunden sonst oft anders verwendet werden. Die Reinigungsmarke Frosch etwa wirbt mit der Aussage "Bio-Qualität seit 1986". Aus Bioanbau ist aber kaum etwas in den Flaschen. Dafür enthalten sie synthetische Konservierungsmittel und Lebensmittelfarbstoffe. Das Unternehmen bestreitet das nicht, weist aber darauf hin, dass es "bio" anders definiere als die Lebensmittelindustrie. Unter anderem nutze Frosch teilweise Zutaten pflanzlichen Ursprungs "und respektiert das Leben der Tierwelt". Immerhin.

FCKW-frei heißt nicht umweltfreundlich

Eine besonders dreiste Spielart des Greenwashing-Tricks ist, nachhaltige Merkmale herauszustellen, die ohnehin längst Gesetz sind. So werben Unternehmen bis heute mit dem Label FCKW-frei für Kühlgeräte, Klimaanlagen und Haarsprays – obwohl der Stoff seit 1991 verboten ist. Das Versandhaus Otto wirbt für eine Matratze ohne FCKW. Der Pharmakonzern GlaxoSmithKline hat ausdrücklich FCKW-freie Asthmasprays im Programm. Selbst Audi und Fiat weisen die Klimaanlagen einzelner Modelle als entsprechend ozonschichtfreundlich aus.

Umweltfreundlicher sind FCKW-freie Produkte dabei keineswegs. Denn als FCKW-Ersatz enthalten sie fluorierte Kohlenwasserstoffe: "Die können sogar klimaschädlicher als FCKW sein, weil sie zum Teil stärkere Treibhausgase sind", sagt Katja Becken vom Umweltbundesamt. "FCKW-frei hat null Aussagekraft."

Mal ist Greenwashing Kalkül, mal nur ein Versehen. In jedem Fall aber kratzt es am Image grüner Strategien. Unternehmen verlieren selbst dann ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie es mit der Nachhaltigkeit eigentlich ernst meinen – ihre Aktionen aber unzureichend kontrollieren.

"So viel Biobaumwolle gibt es gar nicht auf dem Markt"

Hamburg, Mönckebergstraße. Egal, ob Kunden beim Wochenendbummel bei H&M oder C&A durch die Läden schlendern, sie finden immer mehr Hemden, T-Shirts und Hosen mit Labels wie "Organic Cotton". C&A verkaufte vergangenes Jahr angeblich 32 Millionen Kleidungsstücke aus Biobaumwolle. H&M jubelt über einem Zuwachs von 130 Prozent.

Doch es gibt Zweifel an der schönen Story. "Die Biobaumwollkollektionen von C&A und H&M können gar nicht zu 100 Prozent aus Biobaumwolle sein", sagt Elke Hortmeyer von der Bremer Baumwollbörse, der Interessensgemeinschaft der Baumwollindustrie. "So viel Biobaumwolle gibt es gar nicht auf dem Markt."

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