Nachhaltigkeit Der grüne Boom ist kaum zu stoppen

Krise? Welche Krise? Aktuelle Studien zeigen: Unternehmen der Green Economy wachsen stark und sind weniger krisenanfällig. Um sie geht es in unserem neuen Portal "WiWo Green".

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Wer offen über seinen CO2-Ausstoß spricht
Der Nachhaltigkeitsindex "Global 800 Carbon", der von der britischen Nichtregierungsorganisation EIO herausgegeben wird, berücksichtigt nicht nur den direkten Kohlenstoffdioxyd-Ausstoß, der zum Beispiel bei der Produktion und beim Heizen entsteht. Sondern erhebt auch indirekte Umweltbelastungen, die zum Beispiel durch den Kauf von Rohstoffen, durch Dienstreisen und Transporte und die Verwendung der erzeugten Produkte entsteht. Bei einem Autohersteller zum Beispiel wird der CO2-Ausstoß aller Fahrzeuge über deren gesamte Lebensdauer errechnet. Die Klimaforscher erwarten von den Unternehmen Auskunft in 15 Kategorien indirekter Umweltbelastung. Wer viel veröffentlicht, schneidet besser ab. An der Spitze steht ein deutsches Unternehmen, das dort überrascht. Quelle: dpa
Platz 10: National Australia BankBranche: Finanzwesen Berichtskategorien: 5 CO2-Intensität: 108,9 Die Klimaforscher erwarten von den Unternehmen Auskunft in 15 Kategorien indirekter Umweltbelastung. Wer viel veröffentlicht, schneidet besser ab. Auf Platz 10 und damit gerade noch unter die Top Ten der nachhaltigsten Unternehmen schafft es die National Australia Bank. Sie ist das größte Geldhaus des Landes und berichtet in fünf Kategorien. Quelle: dapd
Platz 8: WestpacBranche: Finanzwesen Berichtskategorien: 5 CO2-Intensität: 108,6 Das australische Geldhaus Westpac Banking Corporation mit Sitz in Sydney beschäftigt rund 37.000 Mitarbeiter und ist neben dem Heimatmarkt Australien in zwölf weiteren Ländern Asiens vertreten. Quelle: REUTERS
Platz 9: CommerzbankBranche: Finanzwesen Berichtskategorien: 5 CO2-Intensität: 108,8 Die mit knapp 15 Millionen Privatkunden und einer Million Geschäftskunden zweitgrößte Bank Deutschlands schafft es auf Platz 9 im „Global 800 Carbon Ranking“. Im Jahr 2009 hat der Vorstand eine Klimastrategie verabschiedet. Um die CO2-Emissionen, die bei der Hauptversammlung entstehen, ließ die Bank in Panama 2200 Bäume pflanzen. Laut eigenen Angaben hat die Commerzbank ihre CO2-Emissionen zwischen 2007 und 2010 fast halbiert. Quelle: dapd
Platz 7: ValeBranche: Bergbauindustrie Berichtskategorien: 6 CO2-Intensität: 4672,3 Das brasilianische Bergbauunternehmen Vale entstand 1942 als Staatsunternehmen und wurde erst vor einigen Jahren privatisiert. Durch Übernahmen stieg Vale zum heute zweitgrößten Bergbauunternehmen der Welt auf. Es ist dank geringer Lohnkosten und niedriger Steuern mit 35 Prozent Marktanteil der weltgrößte Exporteur von Eisenerz. Quelle: dpa
Platz 6: BaxterBranche: Medizintechnik Berichtskategorien: 6 CO2-Intensität: 149,7 Mit rund 250 Niederlassungen in über 40 Ländern ist Baxter einer der weltweit größten Anbieter für Pharmaprodukte und Medizintechnik. Das Unternehmen hat sich ein Image als nachhaltiges Unternehmen aufgebaut. Es ist das einzige US-Unternehmen im Gesundheitswesen, das seit 2005 jedes Jahr auf der Liste der Global 100 landet, einer Liste des kanadischen Magazins für „sauberen Kapitalismus“, die jedes Jahr auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos präsentiert wird. Quelle: dpa
Platz 5: Santander Bank BrasilienBranche: Finanzwesen Berichtskategorien: 6 CO2-Intensität: 103,8 Der brasilianische Ableger der spanischen Bankgruppe Santander ist das fünfte Geldhaus unter den Top Ten des „Global 800 Carbon Rankings“. Die Brasilianer sorgten vor drei Jahren für Aufsehen in der Finanzwelt – mit einem Rekord-Börsengang, bei dem sie umgerechnet 5,5 Milliarden Euro einnahmen. Quelle: REUTERS

Wenn Florian Meyer-Delpho in die Zeitungen blickt, liest er viel über geplante Entlassungen, sinkende Aktienkurse und Prognosen über wirtschaftlich schwierige Zeiten. Solche Meldungen wirken auf den Kölner wie aus einer anderen Welt. Denn für ihn und seine Kollegen beim Startup Greenergetic könnte es kaum besser laufen. Sie haben eine Seite entwickelt, über die Hausbesitzer nicht nur die richtige Solaranlage für ihr Dach aussuchen können.

Das Portal organisiert  als Komplettanbieter die richtigen Produkte, die besten Anbieter und schickt die Handwerker gleich noch mit. “So wird der Kauf einer Solaranlage so einfach wie die Anschaffung eines Fernsehers”, sagt Meyer-Delpho. Gerade hat Greenergetic mit verschiedenen Stadtwerken Kooperationen geschlossen, die das Portal nun ihren Kunden empfehlen wollen.

Ohne Zweifel: Es läuft gut für das Kölner Startup. Und als Greenergetic seine Idee vor wenigen Tagen in Düsseldorf auf der Cleantech-Konferenz Ecosummit  vorstellte, waren viele andere junge Unternehmen dort, die ähnliche Erfolgsgeschichten zu erzählen hatten. “Zur Zeit entstehen so viele Ideen, als würde es die Euro-Krise überhaupt nicht geben”, sagt Ecosummit-Chef Jan Michael Hess.

Grün durch die Krise: Die Euphorie über die Chancen der Green Economy beschränkt sich keineswegs nur auf Startups. Auch größere Unternehmen entwickeln sich nach Ansicht von Experten wirtschaftlich stabiler, wenn sie sich nachhaltig aufstellen. Selbst die Wirtschafts- und Finanzkrise “hat die Expansion der Umwelttechnik und Ressourceneffizienz nicht bremsen können”, heißt es beim Bundesumweltministerium (BMU).

Die innovativsten Unternehmen der Welt
Platz 94: HenkelDer deutsche Konsumgüterhersteller Henkel trotzt der Staatsschuldenkrise und ist auf Rekordkurs. Der Persil-Produzent konnte im zweiten Quartal 2012 den Überschuss um fast zehn Prozent steigern. Umsatz (1 Jahr): + 1,8 Prozent Gesamtgewinn (5 Jahre): + 11,6 Prozent Quelle: dpa
Platz 93: AdidasDie drei Streifen gehört mit zu den bekanntesten Marken der Welt. Der Nike-Konkurrent Adidas aus dem fränkischen Herzogenaurach versucht nun mit eigenen Stores die Gewinnmargen zu steigern. Umsatz (1 Jahr): + 11,4 Prozent Gesamtgewinn (5 Jahre): + 7,9 Prozent Quelle: dapd
Platz 77: SAPUnter den Firmen mit dem größten Erfindungsreichtum sind sichtbar viele Softwareunternehmen. Der deutsche Softwarehersteller SAP bietet alles, was ein Unternehmen an Software begehren kann, insbesondere für Buchführung, Controlling und Co. und schafft es unter die Innovativsten Unternehmen Deutschlands. Umsatz (1 Jahr): + 11,1 Prozent Gesamtgewinn (5 Jahre): + 5,8 Prozent Quelle: dpa
Platz 75: Fresenius SEDer deutsche Gesundheitskonzern aus dem hessischen Bad Homburg vor der Höhe gehört zu den größten Krankenhausbetreibern Deutschlands und betreibt für verschiedene Sparten einzelne Tochterunternehmen. Der Konzern ist seit 2009 im Dax gelistet. Umsatz (1 Jahr): + 7,0 Prozent Gesamtgewinn (5 Jahre): + 10,2 Prozent Quelle: dapd
Platz 59: Fresenius Medical CareFresenius Medical Care ist die auf Dialyse spezialisierte Tochter der Fresenius SE. Beide sind im Dax gelistet und gehören zu den 100 innovativsten Unternehmen der Welt. Umsatz (1 Jahr): + 6,3 Prozent Gesamtgewinn (5 Jahre): + 9,7 Prozent Quelle: AP
Platz 36: BeiersdorfDas innovativste Unternehmen Deutschlands ist laut Forbes der Kosmetikkonzern Beiersdorf, dessen berühmtestes Produkt wohl die Nivea-Creme ist. Umsatz (1 Jahr): + 1,1 Prozent Gesamtgewinn (5 Jahre): + 2,7 Prozent Quelle: AP
Platz 10: ARM HoldingsDank dem Smartphone-Markt wächst ARM Holdings, ein britischer Mikrochip-Hersteller, solide und macht mehr Gewinn. Einen Großteil der Aktien an Advanced RISC Machines hält neben Acorn auch Apple, das die Lizenzen von ARM für seine Smartphones braucht. Umsatz (1 Jahr): + 16,9 Prozent Gesamtgewinn (5 Jahre): + 27,3 Prozent Quelle: dpa

In ihrem Umwelttechnologie-Atlas liefern die Experten die Zahlen gleich mit: So ist der weltweite Markt für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz zwischen 2007 und 2010 um durchschnittlich 11,8 Prozent pro Jahr gewachsen und hat heute ein Volumen von knapp zwei Billionen Euro. Deutsche Unternehmen haben daran immerhin einen Anteil von 15 Prozent.

Unternehmen die nachhaltig wirtschaften, kommen aber nicht nur besser durch die Krise. “Sie sind auch langfristig erfolgreicher“, sagt Robert Haßler, Chef der Nachhaltigkeits-Ratingagentur von Oekom Research aus München. Er muss es wissen. Sein Unternehmen bewertet die Nachhaltigkeitsbemühungen von Konzernen in aller Welt.  

Das neue Nachhaltigkeitsportal der WirtschaftsWoche WiWo Green

Screenshot WiWo Green

Auch Bundesumweltminister Peter Altmaier sagt, wir müssten eine intensivere Debatte über den engen Zusammenhang von Umweltschutz und Wirtschaftswachstum führen. Der sei nämlich kaum zu übersehen. Diese Debatte werden wir bei der WirtschaftsWoche ab sofort noch intensiver führen. Dafür haben wir das Nachhaltigkeitsportal WiWo Green gestartet, das Sie ab sofort unter green.wiwo.de erreichen: Seien es erneuerbare Energien, innovative Mobilitätsformen, Konzepte für die Städte von Morgen oder schlicht Effizienztechniken – bei WiWo Green finden Sie von nun an tagesaktuell alles, was die grüne Wirtschaft bewegt.

Denn klar ist: Der grüne Boom ist kaum noch zu stoppen. Während Bund und Länder noch über ein Regelwerk für die Energiewende streiten, beginnen selbst produzierende Unternehmen wie BMW und Sto Baustoffe ihre eigene Energiewende. Sie sind dabei große Teile ihrer Produktion auf erneuerbare Energien umzustellen. BMW will seine Autos schon in wenigen Jahren ausschließlich mit Grünstrom aus Solar, Wind, Geothermie und Biogas fertigen (Unternehmen sind weiter als die Bundesregierung).

“Die deutsche Wirtschaft hat als eine der ersten Volkswirtschaften erkannt, dass die Entwicklung von Umwelttechnologien mit globalem wirtschaftlichen Erfolg einhergehen”, sagt Marco Voigt vom Cleantech Media Award, einem der begehrtesten Preise der grünen Wirtschaft. Dabei achten die meisten nur auf die Energiewende. Doch die Green Economy ist weit mehr als nur grüner Strom. “Gerade in den Bereichen Recycling und bei Ressourcen- und Energieeffizienz tut sich gerade extrem viel”.

Wachsumstreiber Green Economy: Auch die Berater von Ernst&Young haben der Cleantech-Branche in einer aktuellen Studie solides Wachstum bescheinigt.

Krise hin oder her: All das war wohl erst der Anfang. Laut Studien des BMU wird es in den nächsten Jahren so weitergehen. Bis 2015, erwarten die deutschen Unternehmen der Umwelttechnik und Ressourceneffizienz laut BMU ein jährliches Wachstum von knapp elf Prozent. Und während anderswo Stellen abgebaut werden, rechnen sie mit einer jährlich um knapp achteinhalb Prozent wachsenden Zahl von Beschäftigten.

Spannende Zeiten also, die wir auf unserem neuen Portal "WiWo Green" ab sofort begleiten werden.

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