Freiburg ist internationales Vorbild. Hamburg punktet mit geringer Verkehrsdichte
Wer an Städte der Superlative denkt, kommt nicht unbedingt sofort auf Freiburg. Geht es aber um Ökoinnovationen, ist die südlichste Großstadt Deutschlands unschlagbar: Hier steht das erste Passiv-Hochhaus der Welt, wenige Kilometer entfernt betreibt der US-Pharmakonzern Pfizer eine international preisgekrönte Fabrik, die 90 Prozent ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen deckt. Und das in Freiburg ansässige Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) ist mit rund 1150 Mitarbeitern Europas größtes Solarforschungszentrum. "Freiburg hat mit den vielen Projekten nachhaltiger Stadtentwicklung globale Ausstrahlung", sagt ISE-Direktor Eicke Weber. Vergangenes Jahr kam sogar Thailands Kronprinzessin Maha Chakri Sirindhorn, um sich über Solartechnik zu informieren.
Bald könnten weitere Superlative hinzukommen. Vor wenigen Tagen erst gaben das Land Baden-Württemberg und die Fraunhofer-Gesellschaft bekannt, in Freiburg ein Leuchtturmprojekt für grüne Energietechnologien einrichten zu wollen, gefördert mit 80 Millionen Euro für neue Forschungsinfrastruktur vor Ort.
Dieses Engagement beschert Freiburg im Nachhaltigkeitsranking erste Plätze in gleich drei Kategorien, darunter im Themenfeld Energie & Verkehr. Die 225 000 Einwohner "profitieren vor allem von den Anstrengungen in Sachen Energieeffizienz", sagt Jonas Dovern von dem Beratungsunternehmen Kiel Economics. Die Freiburger verbrauchen pro Kopf mit 1718 Kilowattstunden im Jahr weniger Strom als die Bürger der meisten anderen Städte.
Niedrige Pkw-Dichte
Zugleich setzen sie intensiv auf Sonnenenergie: Die Erzeugungskapazität bei Solarthermie ist dort doppelt so hoch wie im Untersuchungsdurchschnitt. Und das Auto ist hier nur bei wenigen ein Statussymbol; mit 38 Fahrzeugen pro 100 Einwohner ist die Pkw-Dichte in der Uni-Stadt niedrig. Das aber dürfte kein Problem sein – die meisten Freiburger sind von ihren Wohnungen aus in wenigen Minuten an einem Bahnhof mit guter Fernverkehrsanbindung.
Kleinere Städte, wie Freiburg, sind allerdings nicht per se grüner. So schneidet auch die 1,8-Millionen-Metropole Hamburg bei Energie & Verkehr in fast allen Punkten überdurchschnittlich ab – und landet auf dem zweiten Platz. Punkten können die Hanseaten mit ihrer geringen Verkehrsdichte: Die Zahl der Autos pro Einwohner ist hier fast so niedrig wie in Freiburg – weit unter den Werten anderer Großstädte. Zudem ist das Radwegenetz der Hansestadt besser ausgebaut als in den meisten anderen Städten.
Nächstes Ziel: CO2-Neutralität
Trotz der guten Werte in dieser Teilkategorie reicht es für Hamburg nur für einen elften Platz im Gesamtranking. Punkte verlieren die Hanseaten durch eine desolate Performance im Bereich der Kinderbetreuung (Platz 48) und eine hohe Kriminalitätsrate. Außerdem recycelt keine Stadt weniger Hausmüll als Hamburg. Ein schwaches Bild für eine Metropole, die sich sonst gern mit der Bezeichnung "Umwelthauptstadt Europas" schmückt.
Die Städte auf den hinteren Rängen wiederum leiden unter hohem Stromverbrauch pro Einwohner (Saarbrücken), wenig abgerufenen Förderungsmitteln für Gebäudesanierungen (Krefeld) und langen Wegen zu den nächsten Fernbahnhöfen.
Während die Schlusslichter noch grüne Aufbauarbeit leisten müssen, denkt Freiburg schon wieder in die Zukunft. Die Stadt will sich in den nächsten Jahrzehnten nicht nur zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen mit Energie versorgen. Sie will bis 2050 zudem CO2-neutral sein.
Auch hier ist Freiburg schon recht weit: Zwischen 1992 und 2009 sind die Kohlendioxid-Emissionen der Badener um 18,5 Prozent gesunken.