Natur Wenn Städter der Pflanztrieb überkommt

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Alltagswelt des „Urban Gardening“

Margeritenzucht in einem Tokioter Bürogebäude Quelle: REUTERS

Armin Werner kann sich gut vorstellen, dass Dachgewächshäuser und Tomatenfischcontainer schon bald zur realen Alltagswelt des „Urban Gardening“ gehören – nicht zuletzt, weil sich die Marketingabteilungen von Aldi bis Wal-Mart dafür interessieren könnten. Der Institutsleiter für Landnutzungssysteme am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung arbeitet im Rahmen des BMBF-Wissenschaftsjahrs 2012 („Zukunftsprojekt Erde“) an einer Bestandsaufnahme der jungen Bewegung, rechnet ihre wirtschaftlichen Potenziale hoch, sammelt Forschungswissen und stellt es einem wöchentlich wachsenden Netz von Wissenschaftlern, Architekten und Städteplanern zur Verfügung.

Aber Werner sagt auch, dass er sich insgesamt noch etwas schwertue mit der Vorstellung, „Urban Farming“ könne ein wichtiger Produktionszweig der Zukunft sein. Die Effizienz der traditionellen Landbetriebe sei groß, sagt Werner, und die Anforderungen an Hygiene und Lebensmittelsicherheit in kleinen Stadtfarmen proportional viel teurer, weshalb Stadtfarmer allenfalls mit Exotika, etwa speziellen Kräutersorten für die Spitzengastronomie oder eben „ultrafrischen“ Gemüseprodukten, punkten könnten.

Wunsch zu gärtnern

In Nordamerika hat „Urban Gardening“ bisweilen eine andere Bedeutung. Während das Thema in Kanada vor allem Designzeitschriften ziert, in denen es um Loftbegrünung und emissionsfreies Hochhaus-Wohnen geht, macht es in den USA als eine Art existenzielle Grassroot-Bewegung in verarmten Industriestädten wie Detroit die Runde: Man erinnert an die städtischen „Victory Gardens“ während des Zweiten Weltkriegs und preist die Vorzüge der Subsistenzwirtschaft als eine Art Sozialprogramm für Arme. In Deutschland indes, glaubt Armin Werner, sei vor allem der soziale Aspekt entscheidend: „Es geht um den Stadtgarten, sicher, aber vor allem geht es ums Stadtgärtnern.“

Und wo die Blumen stehen, dürfen die Bienen nicht fehlen. 600 Hobby-Imker zählt allein Berlin. Manchmal wird auch dort geimkert, wo weit und breit nicht eine Blüte ist. Wie auf dem Dach des Pullman Hotels in Köln. Der Haus-Imker ist Rolf Slickers, Direktor des Hotels. Seine Gäste haben etwas von Slickers Hobby: Auf dem Frühstücksbüfett steht Honig aus den hoteleigenen Bienenstöcken.

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