Neue Reaktortypen sollen Comback sichern Schöne neue Atomkraftwerke

Prominente Umweltschützer sind davon überzeugt, dass nur die Atomkraft das Klima retten kann. Angeblich produzieren die neuen Reaktoren weniger Abfall als ihre Vorgänger und sind so sicher, dass Katastrophen wie in Fukushima unmöglich werden.

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Deckel drauf. Die Baukosten des französischen Kernkraftwerks Flamanville haben sich auf 8,5 Milliarden Euro verdreifacht Quelle: Getty Images

Die Stimmung unter den Kinogängern, mehrheitlich Umweltaktivisten, ist aufgeheizt, als das Licht im Jacob Burns Film Center in Pleasantville bei New York angeht. Gerade haben sie den neuen Film "Pandora’s Promise" gesehen, in dem der renommierte Dokumentarfilmer Robert Stone die Ablehnung der Nuklearenergie als große Torheit geißelt.

In der anschließenden Diskussion lässt Robert F. Kennedy Jr. kein gutes Haar an den Aussagen der Dokumentation: Der Film sei eine "große Lüge", empört sich der Anwalt und Sohn des 1968 bei einem Attentat getöteten ehemaligen US-Justizministers "Bobby" Kennedy.

Regisseur Stone genießt den prominenten Widerspruch. Er schafft Aufmerksamkeit für seine Thesen, die für jeden Atomkraftgegner pure Provokation sind. Stones wichtigste Botschaft: Die Gefahren der Kernenergie würden maßlos übertrieben. Er zitiert die Weltgesundheitsbehörde mit der Aussage, dass der 1986 explodierte Block 4 des ukrainischen Kernkraftwerks Tschernobyl bis heute weniger als 60 Strahlenopfer gefordert habe.

Atommeiler der nächsten Generation

Dagegen rechnet Stone auf, wie viele Menschen an Luftverschmutzung sterben, weil Energiekonzerne Öl und Kohle in dreckigen Kraftwerken verbrennen: "Zwei Millionen – jedes Jahr!", schleudert er in den Saal.

Die Pointe an dieser abendlichen Auseinandersetzung: Der Filmemacher begreift sich als engagierten Klimaschützer. Doch anders als seine Gegner glaubt er nicht daran, dass sich die Erderwärmung allein mit erneuerbaren Energien stoppen lässt. Für den 54-Jährigen ist die Atomenergie die wahre grüne Quelle zur Rettung der Welt. Nur sie könne den wachsenden Energiehunger der Menschheit stillen, ohne den Planeten aufzuheizen, sagt er.

Zumindest in der angelsächsischen Welt wächst die Schar der Unterstützer für diese These. Der britische Klimaaktivist Mark Lynas, der langjährige Klimaforscher der US-Weltraumbehörde Nasa, James Hansen, und Jeffrey Sachs, Direktor des Earth Institute an der New Yorker Columbia-Universität, gehören zu den bekanntesten Köpfen.

"Sie reden die Bedrohung klein"

Sie alle seien aus Sorge um die Folgen des Klimawandels von Gegnern zu Anhängern der Kernenergie geworden, sagen sie. "Ohne Atomstrom sind die CO2-Minderungsziele unerreichbar", behauptet Sachs.

Aus Sicht von Kernkraftkritikern wie Kennedy verfolgt Stones’ Film hingegen ein durchsichtiges Manöver: Unter dem Deckmantel der Klimarettung solle eine Technik wieder hoffähig werden, die zu teuer und zu riskant sei. "Sie reden die Bedrohungen klein", wirft Kennedy dem Filmemacher vor.

CO2-Ausstoß bei der Stromerzeugung (zum Vergrößern bitte anklicken).

Aber was steckt wirklich hinter dieser neuen Auseinandersetzung? Steht die Kernkraft tatsächlich vor einem Comeback, wie ihre Anhänger behaupten?

Wahr ist: Die Kernkraft ist von allen herkömmlichen Energieträgern am wenigsten klimaschädlich. Nur Wind- und Wasserkraft sind ähnlich sauber. Vor allem Braun- und Steinkohle blasen bei der Stromerzeugung bis zum 100-Fachen und mehr CO2 in die Luft. Trotzdem gehen ungebremst neue Schmutzmeiler ans Netz. Sie scheinen der einzige Weg zu sein, dem wachsenden Energiebedarf rund um den Globus Herr zu werden.

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