Neue Schutzhülle für Tschernobyl: Begraben unter Stahl

Die Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl

Am 26. April 1986 gerät ein Versuch in dem ukrainischen Kraftwerk Tschernobyl außer Kontrolle. Zwei Explosionen zerstören den den Reaktor 4, vermutlich ausgelöst durch riesige Mengen Wasserstoff. Durch die Detonationen reißt das Dach auf. Radioaktive Partikel steigen auf und verbreiten sich über Europa. Die Luftaufnahme zeigt die Reaktorruine im Mai 1986.

Bild: dpa

Kraftwerksruine in Tschernobyl
Rund 600 000 sogenannte Liquidatoren, zunächst vor allem Mitarbeiter des Kraftwerks und Feuerwehrleute, helfen die Folgen der Katastrophe einzudämmen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass insgesamt rund 2200 Arbeiter vorzeitig an Strahlenschäden sterben werden.

Bild: AP

Hotel in der Geisterstadt Prypjat

Drei Tage nach dem Reaktor-Unglück lässt die Sowjet-Regierung die Stadt Prypjat mit 50 000 Einwohnern unmittelbar am AKW-Gelände räumen. Bis heute ist sie eine Geisterstadt. Im Laufe des Jahres 1986 werden etwa 116 000 Menschen aus den umliegenden Gebieten in Sicherheit gebracht und umgesiedelt.

Bild: dpa

Kontaminierter Schrott
Die Region in einem Umkreis von 30 Kilometern um den havarierten Atom-Reaktor wird zum Sperrgebiet erklärt. Insgesamt 400 000 Menschen müssen ihre Heimat verlassen. Dieser russische Militärhubschrauber kam bei den Löscharbeiten zum Einsatz. Seither rostet die kontaminierte Maschine auf einem Schrottplatz innerhalb der 30-Kilometer-Sperrzone.

Bild: dpa/dpaweb

Betonsarkophag als Schutzhülle

Um den Austritt von radioaktiver Strahlung zu stoppen, wird ein Betonsarkophag als Schutzmantel über den Unglücksreaktor gebaut. Nach fünf Monaten Bauzeit ist das 65 Meter hohe Provisorium fertig. Doch Regen, Frost und Sturm setzen der Beton-Konstruktion zu. Es bilden sich mehr als 100 Risse, tragende Wände drohen einzustürzen. Der Sarkopharg muss immer wieder erneuert werden. Die Luftaufnahme zeigt die Schutzhülle im Jahr 1998.

Bild: AP

Zerstörte Leitwarte in Reaktor 4

Das Bild aus dem Jahr 2000 zeigt zerstörte Bedienpulte im Leitstand des havarierten Reaktors. Wenige Wochen nach der GAU gehen die übrigen drei Reaktoren wieder ans Netz. Erst im Jahr 2000 wird der letzte Reaktorblock in Tschernobyl stillgelegt. Dafür erhält die ukrainische Regierung 3,1 Milliarden DM (knapp 1,6 Milliarden Euro) von der EU.

Bild: dapd

Sarkophag im Jahr 2006

Der Betonsarkophag besteht aus 7000 Tonnen Stahl und 410.000 Kubikmeter Beton. Über die Jahre wird die Konstruktion jedoch undicht: Wasser dringt durch Löcher in der Decke ein und versickert kontaminiert im Boden unterhalb des Reaktors. Rostige Stahlträger werden zu einer Gefahr für die Stabilität der gesamten Konstruktion.

Bild: dpa

Eine neue Schutzhülle kommt

Tschernobyl im Dezember 2010: Die Vorbereitungen für den Bau einer neuen Schutzhülle beginnen. Die Beton-Konstruktion hatte eine Lebensdauer von maximal 30 Jahren. Der neue Sarkophag soll 100 Jahre halten.

Bild: dpa

Ein Stahlkoloss entsteht

Im Jahr 2012, genau 26 Jahre nach der Reaktorkatastrophe, beginnen die Bauarbeiten an einer neuen Stahlhülle über dem Betonsarkophag. Er entsteht in 330 Meter Entfernung zur Kraftwerksruine. Die Kosten für den 108 Meter hohen Mantel werden auf gut 2,1 Milliarden Euro geschätzt. Zwischenzeitlich drohte ein Baustopp, weil sie die G7 nicht auf finanzielle Hilfen für die Ukraine einigen konnten. Das Bild zeigt den Baufortschritt im Jahr 2013.

Bild: dpa

Ein neuer Sarkophag für Tschernobyl
Die neue Schutzhülle für den Katastrophen-Reaktor: Der Stahlbogen ist 108 Meter hoch, 165 Meter lang und 257 Meter breit – groß genug, um die Kathedrale von Notre Dame in Paris einzuhüllen. Gebaut wurde die Stahl-Konstruktion federführend von einer Firma aus den Niederlanden. Sie hatte mit ihrer Spezialtechnik bereits im Jahr 2000 geholfen, das verunglückte russische Atom-U-Boot Kursk aus der Barentssee zu heben.

Bild: dpa

Transport-Hydraulik

Auf Spezialschienen wird die mehr als 36 000 Tonnen schwere Konstruktion langsam zu dem etwa 330 Meter entfernten Reaktor geschoben. 14 Tage dauert es, bis die gewaltige Stahlglocke den Reaktor vollständig verschluckt hat.

Bild: dpa

Der Rückbau steht erst am Anfang

Mit der Einhüllung des Katastrophen-Reaktors beginnt jedoch erst die Hauptarbeit: In einem ersten Schritt muss unter der mächtigen Stahlglocke der bisherige Sarkophag abgebaut werden. Dafür sind im Inneren des Stahlbogens unter anderem zwei fast 100 Meter lange Brückenkransysteme montiert. Die Kräne rollen auf Schienen am Boden sowie auf parallel verlaufenden Schienen an der Decke. In den kommenden Jahren soll der marode Betonsarkophag zurückgebaut und der radioaktive Müll gehoben und endgelagert werden.

Bild: dpa

Ein Neuanfang

Die Silhouette des Atom-Reaktors von Tschernobyl hat sich in das Gedächtnis vieler Menschen eingebrannt, die Bilder des havarierten Block 4 gingen um die Welt. Nun ist davon nichts mehr zu sehen: Ein Stahlbogen hat die Ruine vollständig umschlossen. 100 Jahre lang soll die neue Hülle den Austritt radioaktiver Strahlen verhindern sowie vor Umwelteinflüssen wie Nässe schützen. Doch der gefährlichere Teil der Sanierung steht erst bevor.

Bild: REUTERS