Öko-Mythen Die vielen Irrtümer zur Nachhaltigkeit

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Es ist nicht alles grün, was sich als ökologisch ausgibt

Wohin die Forscher auch schauen, entpuppen sich vermeintliche Gewissheiten als Mythen: Biorinder, die auf gerodeten Urwaldflächen in Brasilien grasen, schaden der Umwelt weit mehr als Tiere, die im deutschen Stall gemästet werden. Der Grund: Der Regenwald ist ein wichtiger CO2-Speicher. Strom und Sprit aus Biomasse führen unter Umständen zu noch mehr Raubbau an der Natur als die Ausbeutung des Erdöls. Für die jährlich mehr als 550.000 Tonnen Palmöl, die Deutschland für Biosprit-Projekte einkauft, roden Subunternehmen in Ländern wie Indonesien riesige Flächen Regenwald. Die meterdicken Bäume müssen schnell wachsenden Palmölplantagen weichen.

Es ist eben längst nicht alles grün, was sich als ökologisch ausgibt.

Wie aber kommen wir zu einem verlässlichen und transparenten Maßstab für die Umweltnutzung? Die bisherigen Konzepte, beklagt Umweltforscher Schmidt-Bleek, führten allesamt in die Irre. Schlimmer noch: Die Begriffe „grün“ und „nachhaltig“ verkämen zusehends zu werbungsdienenden Schlagworten“, kritisiert der Wissenschaftler. „In Wirklichkeit entfernt sich die Welt von der Zukunftsfähigkeit“. Sein Vorschlag: Er will die Menge an natürlichen Ressourcen, die für die Herstellung und den Gebrauch eines Produkts eingesetzt werden, als „richtungssicheres ökologisches Maß“ einführen – kurz: den Materialfußabdruck berechnen. Nur wenn Ressourcenverbrauch und die Regenerationsfähigkeit der Erde im Gleichgewicht sind, nimmt die Ökosphäre keinen dauerhaften Schaden, so seine These.

Ressourcenintensität und Ressourcenproduktivität

Ressourcenintensität und Ressourcenproduktivität, schreibt er in der aktuellen Ausgabe der WirtschaftsWoche Green Economy (Hier geht´s zum kostenpflichtigen Download), sind Schlüsselkomponenten für Nachhaltigkeitsmessungen, weil sie die Entkoppelung von Ressourcenverbrauch und Umweltzerstörung beschreiben. Ihre Stärke sei, dass sie als Maß für wirtschaftliche als auch Umweltkosten dienen. “Das wirklich grüne Ziel unseres Wirtschaftssystems muss es werden“, fordert Schmidt-Bleek, den absoluten Verbrauch an Material pro erzeugtem Nutzen zu senken, dafür aber aus dem eingesetzten Material einen zumindest zehnfach größeren Nutzen zu erzeugen.“

Vordenker Haber bleibt skeptisch, ob solche Ansätze wirklich den Weg in eine grüne Wohlfühl-Ökonomie ebnen . In seinem Buch „Die unbequemen Wahrheiten der Ökologie“ zweifelt er an, ob sich humanitäre und ökologische Ziele nachhaltiger Entwicklung miteinander versöhnen lassen. Sein Fazit: „Wir werden der Tatsache ins Auge blicken müssen, das der Mensch niemals im paradiesischen Einklang mit der Natur leben wird. Es geht nur um bessere und schlechtere Kompromisse.“

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