Pfandskandal um Corona Die verschlungenen Wege der leeren Flaschen

Verschifft Corona seine leeren Bierflaschen tatsächlich nach Mexiko? Der Streit zwischen Radeberger und Umwelthilfe um eine möglichen Pfandbetrug zeigt die Probleme des vermeintlich so vorbildlichen deutschen Recyclingsystems.

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Riskanter Streitfall: Sodastream-Werbung am Flughafen Johannesburg mit Coke-Flaschen Quelle: Pressebild

Nun trägt Sodastream den Flaschenkrieg auch nach Deutschland. Das israelische Unternehmen stellt Geräte her, mit denen man selbst Wasser aufsprudeln kann. Seit einigen Jahren wirbt das Unternehmen dafür mit Käfigen, die mit leeren Plastikflaschen gefüllt sind. Am Montag wird Sodastream solch einen Flaschenberg auch vor dem Hauptbahnhof in Frankfurt am Main aufstellen.

Das ist ein Affront gegen Coca Cola, denn unter den 2000 Plastikflaschen befinden sich auch zahlreiche Exemplare des Getränkeriesen. Die Anwälte des weltgrößten Limonadenherstellers haben sich bereits über die Werbung beschwert und Sodastream aufgefordert, den Käfig am Flughafen Johannesburg zu entfernen.

Doch die Israelis weigern sich. „Wenn Coca-Cola seinen Müll zurückhaben möchte, können sie ihn haben“, sagt Sodastream-Chef Daniel Birnbaum, dann solle sie den aber auch überall einsammeln. „Die Deutschen denken hier gibt es kein Umweltproblem“, sagt Birnbaum. Doch 80 Prozent der nichtalkoholischen Getränke in Deutschland seien Einwegflaschen und auch Mehrweg sei wegen des Transports ökologisch nicht ideal.

Die größten deutschen Brauereien
Der Getränkemarkt in Deutschland ist hart umkämpft. Besonders bei den Biermarken ist die Auswahl groß. Ein Überblick. (Krombacher-, Veltins- und Radeberger-Zahlen von 2012, sonst 2011) Quelle: dpa
Platz 10: Frankfurter BrauhausDas Frankfurter Brauhaus verkaufte im vergangenen Jahr rund 2,25 Millionen Hektoliter Bier, wovon knapp 100.000 Hektoliter ins Ausland exportiert wurden Damit liegt das Unternehmen auf dem zehnten Platz. Das Frankfurter Brauhaus braut seit mehr als 600 Jahren. 1396 entwickelten Kartäusermönchen in Frankfurt das Bier und verfeinerten es im Laufe der Jahrhunderte. Heute produziert das Unternehmen vor allem Frankfurter Pilsener, Frankfurter Export, Pilsator, Hefeweizen, Radler und Maltonade. Von 1991 bis 2003 gehörte das Unternehmen zum Dortmunder Getränkekonzern Brau und Brunnen. Vor acht Jahren wurde schließlich die Frankfurter Brauhaus GmbH gegründet und von der TCB-Beteiligungsgesellschaft übernommen.
Platz 9: VeltinsAuf dem neunten Platz liegt die Brauerei Veltins aus Meschede. Die Brauerei verkaufte im vergangenen Jahr rund 2,6 Millionen Hektoliter Bier, knapp 2,4 Millionen davon in Deutschland. Im Vergleich zum Vorjahr konnte Veltins den Absatz um 4,2 Prozent steigern. 1824 begann das Unternehmen, Bier nach dem deutschem Reinheitsgebot zu brauen. Mehr als 180 Jahre und fünf Generationen später ist die Brauerei noch immer in Familienbesitz. Vor zehn Jahren startete das Veltins mit der Produktrange des Biermix „V+“. Ansonsten produziert die Brauerrei die Sorten Pilsener, Leicht, Alkoholfrei, Malz und Radler. Quelle: obs
Platz 8: CarlsbergEinen großes Minus musste Carlsberg Deutschland im vergangenen Jahr verkraften: Um 26,2 Prozent ging der Absatz zurück, die Brauerei aus Hamburg verkaufte nur noch rund 3,4 Millionen Hektoliter Bier. Carlsberg wurde 1847 in Kopenhagen gegründet. Die Brauerei verkauft Astra, Lübzer, Lüneburger, Holsten, Duckstein und das gleichnamige Bier Carlsberg. Zur Carlsberg Deutschland Gruppe gehören auch die Holsten-Brauerei in Hamburg und die Mecklenburgische Brauerei in Lübz. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 7: WarsteinerAuf dem siebten Platz liegt die Unternehmensgruppe Warsteiner Deutschland. Im Jahr 2010 setzte die Gruppe etwa 5,4 Millionen Hektoliter ab. Schon seit 1753 ist die Warsteiner Brauerei im Besitz der Familie Cramer. Mittlerweile gehören zahlreiche Unternehmen zu der Brauerei: Neben der Herforder Brauerei, der Paderborner Brauerei, der Brauerei Frankenheim und der Schlossbrauerei Kaltenberg etwa auch die Welcome Hotelgruppe.  Die Unternehmensgruppe Warsteiner produziert verschiedene Biersorten: Herforder, Weissenburg, Paderborner Gold, Isenbeck, Frankenheim, König Ludwig und Warsteiner Premium in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Quelle: dpa
Platz 6: Brau Holding Im vergangenen Jahr hat die Brauereigruppe rund 5,3 Millionen Hektoliter Bier produziert, also knapp 1,6 Prozent weniger als im Jahr davor. Die Brau Holding International ist ein Verbund regionaler Brauereien. Zu ihr gehören insgesamt drei Brauereigruppen mit zwölf Brauereien und einem Mineralbrunnen: die Paulaner Brauerei Gruppe, die Kulmbacher Gruppe (zu 63 Prozent) und die Südwest Gruppe. Die Holding ist ein Joint Venture der Schörghuber Unternehmensgruppe (50,1 Prozent) mit dem niederländischen Brauereiunternehmen Heineken (49,9 Prozent). Dementsprechend groß ist auch das Sortiment, das die Brauereien der Holding vekaufen: Heineken, Fürstenberg, Hoepfner, Schmucker-Bier, Dad Brambacher, Braustolz, Scherdelbier, Würzburger-Hofbräu, Sternquell, Kulmbacher, Hopf Weiße, AuerBräu, Thurn und Taxis Bier, Hacker Pschorr, Paulaner. Quelle: dpa
Platz 5: Krombacher Im Jahr 2012 hat die Krombacher Brauerei ihren Gesamtausstoß nochmal im Vergleich zum Rekordjahr 2011 steigern können: Insgesamt stieg der Getränkeausstoß um 1,4 Prozent auf über 6,5 Millionen Hektoliter (2011: 6,4 Millionen). Allerdings hat nicht das traditionelle Pils dazu beigetragen - die Hektoliterzahl ging um 0,8 Prozent auf 4,38 Millionen zurück - sondern die nichtalkoholischen Getränke wie Schweppes, Orangina und Dr Pepper, die auch zur Krombacher-Gruppe gehören. Der Gesamtumsatz des Familienunternehmens stieg um 1,2 Prozent auf knapp 658 Millionen Euro. Quelle: dpa

Mit seinen Aktionen lenkt Sodastream die Aufmerksamkeit auf einen Dauerstreit zwischen Getränkeindustrie und Umweltaktivisten: Welche Flaschen sind am umweltfreundlichsten? In Deutschland hat sich dabei ein komplexes System etabliert. Einerseits gibt es seit Jahren einen ausgefeilten Mehrwegflaschenkreislauf, andererseits wurde mit dem grünen Punkt und der Einführung des Dosenpfandes auch ein umfangreiches System zum Recycling von Einwegflaschen etabliert.  

Doch seit der damalige Umweltminister Jürgen Trittin im Juli 2003 in einem Netto-Markt in Berlin-Pankow den ersten Pfandautomaten einweihte, sind manche Probleme eher mehr geworden. Der Pfand von 25 Cent auf Dosen und Einwegflaschen sollte Kunden abschrecken und so die Mehrwegquote stärken, doch das Gegenteil ist eingetreten. Damals hatten Mehrwegflaschen noch einen Marktanteil von 64 Prozent, inzwischen ist er auf unter 50 Prozent gesunken. Viele Nutzer halten die Flaschen mit dem 25-Cent-Pfand fälschlicherweise für Mehrweg.

Verdacht einer einmaligen Pfand-Schummelei

Die Probleme zeigen sich auch im jüngsten Streitfall zwischen Radeberger und der Deutschen Umwelthilfe. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Jürgen Resch fordert einen vorläufigen Verkaufsstopp für das Bier Corona Extra, noch bis Mittwoch läuft das Ultimatum. Wenn Radeberger nicht eine Unterlassungserklärung unterzeichnet und aufhört, Corona als Mehrwegflaschen zu vertreiben, „werde ich sofort vor Gericht gehen“, droht Resch.

Es geht um den Verdacht einer bisher einmaligen Pfand-Schummelei. Darum, ob das von der Radeberger-Gruppe vertriebene Trend-Bier aus Mexiko rechtswidrig mit nur acht statt 25 Cent Pfand belegt ist und so mehr Käufer findet. Das Unternehmen weist das zurück. Es gibt seit der Veröffentlichung der Vorwürfe am Mittwoch aber Widersprüche. Es geht um die Frage, ob Corona-Flaschen tatsächlich als Mehrwegflasche genutzt werden.

Radeberger ist hier auch auf korrekte Angaben seines Partners angewiesen, der Grupo Modelo, die Corona produziert. Die lässt via Madrid wissen, dass alle Flaschen aus Deutschland über Antwerpen zurück nach Guadalajara in Mexiko verschifft, dort gespült und mit Bier wiederbefüllt würden. Joaquin Ávalos von der Grupo Modelo in Guadalajara sagt hingegen, dass keine Flasche zurückkäme.

„Die Flaschen nach Mexiko zu transportieren wäre doppelt bis drei Mal so teuer, wie neue Glasflaschen zu produzieren“, sagt Resch, „ökonomisch geht das gar nicht“. Und selbst im Internet bewirbt Radeberger die Flaschen als Einwegflaschen, die mit 25 Cent Pfand zu belegen sind.

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