Recycling Vom Kaffee-Pad zur Klamotte

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Das Geschäft mit Kaffeebriketts

Erfolgreiche Gründer und ihre Geheimnisse
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Doch ganz reibungslos laufen die Geschäfte mit den Kaffeebriketts namens Cafuego nicht. 2011 untersagte das schweizerische Bundesamt für Umwelt den Verkauf an Privatkunden. Denn Kaffeesatz gilt rechtlich als Abfall und darf folglich nicht im Kachelofen landen. Das Amt forderte Stubenrauch auf, nachzuweisen, dass keine giftigen Abgase entstünden. Die Firmenchefin beteuert zwar: „Es entstehen nicht mehr Feinstaub, Stickoxide und Schwefeldioxid als beim Verbrennen von Holz.“ Aber dem Bundesamt legte sie noch immer keine Daten dazu vor.

Noch 2011 hieß es, dass die 3R Company aus 2000 Tonnen Kaffeesatz Briketts und Pellets herstellte und vertrieb. Heute mag Stubenrauch keine Angaben zu Verkaufsmengen mehr machen. „Das ist ein Firmengeheimnis“, wehrt sie ab und fügt hinzu: „Die Nachfrage ist sehr groß. Wir bekommen nicht genug Kaffeesatz.“

Tatsächlich hat die Rangelei um den kostbaren Wertstoff schon begonnen. „Ein Großteil der Kaffeereste von Nestlé wird inzwischen bei Swiss Biochar bei Lausanne angeliefert“, sagt Hans-Peter Schmidt, Leiter des Ökoforschungsinstitut Delinat im schweizerischen Arbaz. Das Institut finanziert sich als Forschungsstiftung über Spenden, öffentliche Gelder und Auftragsforschung wie etwa für die Swiss Biochar.

Das Unternehmen kompostiert jedes Jahr 35.000 Tonnen Grünschnitt, anderen Biomüll und eben auch Kaffee. Doch seit 2010 betreibt das Unternehmen auch eine weltweit einzigartige Anlage, die aus dem Kaffeesatz samt etwas Grünschnitt Kohle erzeugt. „Diese Pflanzenkohle ist schwarz und brennt genauso gut wie Holzkohle“, sagt Delinat-Forscher Schmidt.

Die Verwandlung zum Energieträger ist einfach. Der Kaffeesatz wird in einer Anlage ohne Luft auf 600 Grad Celsius erhitzt und unter Sauerstoffabschluss verschwelt. Binnen einiger Stunden entsteht so pulverförmige Kohle – 350 Tonnen im Jahr. Bauern kaufen sie gerne, weil sie, im Stall ausgestreut, den Tiergestank beseitigt und, auf Feldern ausgebracht, den Humusgehalt erhöht. Die Biokohle eignet sich als Aktivkohle aber genauso zur Wasserreinigung und auch zum Verfeuern in Kraftwerken.

Kohle aus Kaffee ist allerdings nicht das hochwertigste Produkt. Der belgische Unternehmensgründer, Ökonom und Nachhaltigkeitspionier Gunter Pauli findet: „Zum Verbrennen ist Kaffeesatz, ob direkt oder indirekt, einfach zu schade.“ Pauli ist der Erfinder eines Konzepts, das er Blue Economy nennt. „Blau wie die Erde aus dem All“, erklärt er.

Einfache ökologische Ideen sind seine Losung: „Die besten Anwendungen sind die, bei denen wir mit einfachen Mitteln besonders hochwertige Produkte machen.“ Seit Jahren reist Pauli, der zurzeit in Tokio lebt, um die Welt und verbreitet die Vorzüge seiner Blue Economy. In keinem Vortrag fehlt dabei die Pilzzucht auf Kaffee, denn sie ist Paulis Favorit.

2000 stellte er die Idee, Pilze mitten in der Stadt auf Kaffeesatz zu züchten, auf der Expo in Hannover vor. Schon 1994 hatte der chinesische Wissenschaftler Shuting Chang erstmals beschrieben, dass auf Kaffeesatz Shiitakepilze sprießen. Doch erst seit Pauli mit missionarischem Eifer die Idee verkündet, breiten sich urbane Pilzzuchtanstalten rund um den Globus aus.

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