Regenwald-Zerstörung Null-Abholzung bleibt ein Traum

Klimaschutz in Südamerika bedeutet vor allem Kampf gegen die Regenwald-Zerstörung am Amazonas. Dort kommen die Motorsägen einfach nicht zum Stillstand. Das Wunschziel „Null-Abholzung“ liegt in weiter Ferne.

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Die Motorsägen kommen im Amazonas-Regenwald einfach nicht zum Stillstand. Quelle: dpa

Rio de Janeiro Nicht nur Umweltschützer sind sich einig über die essenzielle Rolle des Amazonas-Regenwaldes fürs globale Klima. Das größte zusammenhängende Regenwaldgebiet der Welt ist ein wichtiger CO2-Speicher und erstreckt sich über neun Länder. Die jeweiligen Regierungen haben mehr oder weniger umfassende Strategien zum Schutz des Regenwaldes. Jedoch fallen die Bilanzen gemischt aus. Bei der UN-Klimakonferenz in Perus Hauptstadt Lima schlägt von Montag an wieder die Stunde der Wahrheit.

Je nach Region ist der Wald-Raubbau unterschiedlich begründet. In Brasilien, dem mit rund 60 Prozent Regenwaldfläche größten Amazonas-Land, setzen Rinderzucht, Sojaplantagen und die Holzmafia dem Ökosystem zu. In den ebenfalls wichtigen Regenwaldländern Peru und Kolumbien kommen die Auswüchse des illegalen Minenbaus hinzu. In Zeiten wirtschaftlicher Krisen steigt der Goldpreis und damit auch das Goldfieber, das vor dem Regenwald nicht haltmacht. 

Rund 35 Prozent der Treibhausgas-Emissionen sind in Brasilien auf Waldzerstörung und extensive Landwirtschaft zurückzuführen. Das Land konnte die Abholzungsrate in den vergangenen Jahren deutlich bremsen. Wurden im schlimmsten Jahr 2004 noch 27.772 Quadratkilometer Regenwald zerstört, waren es 2011/2012 „nur“ 4571 Quadratkilometer. Für 2013/2014 meldete das nationale Institut für Raumfahrtforschung (INPE) am Mittwoch nach vorläufigen Zahlen einen Rückgang um 18 Prozent auf 4848 Quadratkilometer im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Während Brasilien schon lange ein ausgeklügeltes Satelliten-Kontrollsystem zur Überwachung der Wälder nutzt, stellte Kolumbien dieses Jahr zum ersten Mal überhaupt offiziell die Abholzungsrate vor. 1200 Quadratkilometer Waldfläche fielen dort 2013 Motorsäge oder Brandrodung zum Opfer.

Ähnlich hoch liegt die Rate im Gastgeberland der UN-Klimakonferenz Peru. Perus Umweltminister Manuel Pulgar-Vidal steht zu dem Ziel, mittelfristig die Entwaldung zu stoppen: „Es gibt seit 2009 in Peru das Ziel, bis 2021 die Abholzung netto auf null zu reduzieren, indem wir entwaldete Flächen wiederaufforsten.“


Es geht um viel Geld

Umweltschutzverbände wie Greenpeace und WWF gehen weiter. „Wir fordern „Zero Desamatamento“ (Null-Abholzung) und das schon bis 2020. Das ist möglich und wirtschaftlich machbar“, sagte Cláudio Maretti, der für die Umweltstiftung WWF die „Iniciativa Amazônia Viva“ leitet, kürzlich der Deutschen Presse-Agentur. Maretti will dafür bei der Konferenz in Lima werben und auch für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Amazonas-Länder, die oft unkoordiniert beim Waldschutz vor sich hin werkeln. „Was wir brauchen ist eine integrierte Politik und abgestimmte Aktionen“, so Maretti.

Für ein koordiniertes Vorgehen im Kampf gegen den Klimawandel pochen in Südamerika vor allem linke Regierung wie die in Venezuela und Bolivien auf die Bringschuld der Industrieländer. Aus Sicht Marettis wird es deshalb in Lima auch wieder die Debatte geben, wer in erster Linie die historische Verantwortung für den Klimawandel trägt, womit man bei der altbekannten und heiklen Frontstellung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern ist. An diesem Punkt geht es oft um viel Geld.

Einen Vorgeschmack gab Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro Ende September beim UN-Klimagipfel in New York. „Wir sehen bestürzt, wie den Hauptverantwortlichen für den Klimawandel und dessen schreckliche Konsequenzen der geringste politische Wille fehlt, ein Übel planetarischen Ausmaßes zu stoppen oder umzukehren“, so der Nachfolger von Hugo Chávez.

Versöhnlicher und optimistischer gibt sich da die peruanische Präsidentschaft, die bei der Konferenz Kompromisslinien ausloten und festklopfen will und muss. Staatschef Ollanta Humala setzt auf das Prinzip Hoffnung und auf Konsens: „Der Moment ist gekommen, um das größte Bündnis der Geschichte für das Klima und die Entwicklung zu schmieden.“

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