Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat Kinderspielzeug und Badeartikel unter die Lupe genommen. Bei der Stichprobe stellte der BUND in acht von neun getesteten Produkten gesundheitsschädliche Chemikalien fest. Die in Deutschland gekauften Alltagsprodukte wurden von einem unabhängigen Labor auf fortpflanzungsschädliche Weichmacher, krebsfördernde polyzyklische aromatische Verbindungen (PAK) und weitere Schadstoffe geprüft.
Getestet hat der BUND Produkte aus Materialien wie Plastik, Textil und Leder teils namhafter Hersteller. Den kompletten Test finden Sie hier.
Weichmacher in Taucherbrillen und Schnorcheln
Die am höchsten belasteten Produkte stammen von den Herstellern Aqua-Lung, Corvus und Simba. Mit Weichmachern besonders hoch belastet war das Kinder-Schnorchelset der Firma Aqua-Lung. Das Labor fand unter anderem Diethylhexylphthalat (DEHP) in einer Menge von 45 Gramm pro Kilogramm Material. DEHP kann die Entwicklung der Sexualorgane von Kindern schädigen, weshalb für Spielzeug bereits ein Grenzwert von einem Gramm pro Kilogramm Material gilt. Für Schnorchel und Taucherbrillen gelten diese Grenzwerte laut Gesetzgeber nicht, obwohl Kinder diese Produkte in den Mund nehmen bzw. intensiven Hautkontakt mit ihnen haben.
Schadstoffe in Spielzeug
Weil Puppen, Teddys, Kreide oder Seifenblasen teils Chemikalien enthalten, kann Spielzeug krank machen. Einige Substanzen sind im Extremfall sogar unmittelbar gefährlich. Ein Überblick über gefährliche Schadstoffe:
Blei und seine Verbindungen kommen in Farben und Kunststoffen vor. Es wird auch in Batterien und als Lötmetall verwendet. Das Schwermetall ist giftig, egal ob es über den Mund, die Atemwege oder die Haut in den Körper gelangt. Wer Blei über längere Zeit aufnimmt, wird blass, schwach, müde und leidet an Appetitlosigkeit. Seltene akute Bleivergiftungen rufen Koliken und Erbrechen hervor und können zum Tod führen. Weitaus häufiger sind jedoch schleichende Schäden: Bei Kindern kann die geistige Entwicklung zurückbleiben. Einige Bleiverbindungen wirken auch krebserregend.
Quecksilber reagiert im Körper mit lebenswichtigen Enzymen und hemmt deren Wirkung. Es kann zu Erbrechen und Durchfall führen, bei längerer Aufnahme auch zu Seh- und Gedächtnisstörungen. Gelangt das giftige Schwermetall in die Umwelt, kann es von Mikroorganismen in Verbindungen umgewandelt werden, die das zentrale Nervensystem schädigen und schlimmstenfalls zum Tod führen. Quecksilber wird unter anderem für Neonröhren, Energiesparlampen und Batterien verwendet. Die Verbindung Quecksilberchlorid kommt bei der Porzellanmalerei vor und wird als Desinfektionsmittel eingesetzt.
Arsen wird für Metall-Legierungen, in der chemischen Industrie und zur Herstellung von Spezialglas und Halbleitern eingesetzt. Akute Vergiftungen führen zu blutigen Brechdurchfällen, Kreislaufkollaps und Atemlähmung. Gelangt Arsen in kleinen Mengen über längere Zeit in den Körper, kann es Störungen des Nervensystems und Krebs verursachen.
Antimon wird als krebserregend eingestuft. Bei Antimon-Vergiftungen zeigen sich mit Hautreizungen, Magenkrämpfen und Durchfall sowie Herz- und Kreislaufproblemen ähnliche Symptome wie bei Arsen. Ins Kinderzimmer kommt das Element als Flammschutzmittel oder über Spielzeug aus Polyester.
Barium kann über flüssige Materialien wie Farbe auf Spielzeug geraten. Vergiftungen mit der Substanz können zu Bluthochdruck führen und sich negativ auf die Nierenfunktion auswirken. Werden größere Mengen aufgenommen, können Erbrechen, Schwindel, Darmkoliken und Herzrhythmusstörungen die Folge sein.
In einem Kinder-Werkzeugset der Firma Corvus wurde der Grenzwert für DEHP in Spielzeug ebenfalls überschritten. Außerdem entdeckte das Labor erhöhte Mengen an polyzyklischen aromatischen Verbindungen. Auch in einer Maltasche von Simba wurden deutliche Konzentrationen von Phthalaten sowie eine erhöhte Belastung mit dem nervenschädlichen Toluol nachgewiesen. Siegel gäben leider keine ausreichende Sicherheit.
Eltern müssen die Initiative ergreifen
"Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, dass Kinderprodukte frei von gefährlichen Chemikalien sind. Die jetzigen gesetzlichen Regelungen reichen jedoch nicht, um Kinder wirklich zu schützen", sagt Ulrike Kallee, BUND-Chemieexpertin. Problematisch sei insbesondere, dass der kindliche Körper über die Haut, den Mund und die Atemluft einen Cocktail verschiedener Schadstoffe aufnehme. Untersuchungen des Umweltbundesamtes hätten gezeigt, dass Kinder vor allem mit Phthalaten stark belastet seien. Mögliche Folgen dieser Schadstoffe seien neben Fortpflanzungsstörungen auch eine verfrühte Pubertät.
Kallee: "Solange Gesetzgeber und Hersteller mit gefährlichen Chemikalien zu lax umgehen, müssen Eltern selbst die Initiative ergreifen. Um ihre Kinder besser zu schützen, sollten sie die Hersteller fragen, ob in deren Produkten schädliche Chemikalien enthalten sind." Die Unternehmen seien verpflichtet, innerhalb von 45 Tagen Auskunft zu erteilen. Sie empfiehlt außerdem, Produkte aus PVC zu meiden, da diese oft schädliche Weichmacher enthalten. Und: "Stark riechende Produkte enthalten meist ausgasende chemische Substanzen, die auf eine Gesundheitsgefährdung der Kinder hinweisen."
Es gibt aber auch Kritik an den Testergebnissen: Der Deutsche Verband der Spielwarenindustrie (DVSI) bemängelte, dass der BUND eigene Kriterien abseits gesetzlicher Regelungen nutze. Hersteller führten bei der Entwicklung und darüber hinaus in der Regel „umfangreiche Tests durch, um die Qualität und Sicherheit ihrer Produkte sicherzustellen“.