Solarkraftwerk Ein Licht in Marokkos Wüste

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Marokko könnte Solarstrom nach Europa exportieren

Desertec ist gescheitert, aber Mustapha Bakkoury kann sich gut vorstellen, dass Marokko dennoch womöglich schon in wenigen Jahren Strom nach Europa exportiert. Bakkoury ist Vorsitzender einer königstreuen Partei und Geschäftsführer der staatlichen Behörde MASEN, die König Mohammed VI. speziell zum Ausbau des Solarstroms gründen ließ. Denn ohne das Wort des Monarchen passiert in Marokko nichts. Will er, dass Frauen in der Gesellschaft besser gestellt werden, ändert er das Familienrecht, lässt Mädchenschulen bauen und Trinkwasserleitungen in abgeschiedene Dörfer legen, damit Frauen und Mädchen nicht mehr kilometerweit zu Brunnen laufen müssen.

Prangert Amnesty International Folter in marokkanischen Gefängnissen an, kann nur ein Machtwort des Königs Abhilfe schaffen. Und will er sein Land als Vorreiter in Sachen Energiewende präsentieren, dann sprießen binnen weniger Jahre tausende Windmühlen wie Spargel entlang der Küste aus der Erde, und bedecken Parabolspiegel die menschenleere Wüste. Für den Eigenbedarf ebenso wie für den möglichen Export.

Deutsche Unternehmen liefern Teile für marokkanische Solaranlage

„EU-Länder, die es bis zum Jahr 2020 nicht schaffen, die vorgegebenen 20 Prozent ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen zu decken, könnten Strom aus Marokko importieren“, sagt MASEN-Geschäftsführer Bakkoury. „Wir diskutieren das schon auf verschiedenen Ebenen.“

Energiewende: Woher kommt der Strom 2020?
Braunkohlekraftwerk Garzweiler Quelle: dapd
Windkraft Quelle: dapd
Geothermie Quelle: dpa
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Wasserkraft Quelle: APN
Solarkraft Quelle: dpa
Stromleitungen Quelle: dpa

Das sei aber nicht der Grund, warum die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit 834 Millionen Euro an zinsgünstigen Krediten mehr als ein Drittel zur Finanzierung von Noor beiträgt, sagt Wolfgang Reuß, Leiter für Nordafrika und Nahost bei der KfW. Auch nicht, dass Siemens die Turbine liefert, die Parabolspiegel von der Firma Flabeg aus Furth im Wald stammen, die Spezialröhren mit dem synthetischen Öl von Schott Solar und das flüssige Salz zur Speicherung der Energie nach Einbruch der Dunkelheit von BASF. „Entscheidend für die Vertragsvergabe war der Preis.“ Generalunternehmer ist ein Konsortium aus Saudi-Arabien und Spanien.

Der Solarpark schafft auch Arbeitsplätz

Etwas anderes sei der KfW wichtiger, sagt Reuß: „Marokko kann in der Region eine wichtige Vorreiterrolle übernehmen und Überzeugungsarbeit leisten bei denen, die erneuerbaren Energien noch skeptisch gegenüber stehen.“ So machten die Energieimporte in Tunesien zuletzt mehr als zwei Drittel der Steigerungen im Außenhandelsdefizit aus. Die Einfuhren waren wichtiger als die Devisenzuflüsse aus dem Tourismus und den Ausfuhren der Phosphatindustrie zusammen. Selbst das an Öl und Gas - noch - reiche Algerien steuert um. Wenn das Land seinen nahezu einzigen Devisenbringer noch möglichst lange ausschöpfen will, müssen für den heimischen Bedarf Alternativen gefunden werden.

Ob die Energie-Rechnung in Marokko aufgeht, hängt ganz davon ab, wie man sie aufstellt. Aus sozialen Gründen kostet die Kilowattstunde Strom die Endkunden derzeit ungerechnet zwischen 7 und 8 Cent. Die Betreiberfirma von Noor wird sie dem Staat aber für 14,7 Cent in Rechnung stellen. „Manche Leute in meinem Dorf meinen sogar, Solarstrom dürfe gar nichts kosten, weil die Sonne doch ohnehin scheint“, sagt Ingenieur El Amrani lachend. In Ouarzazate und den Wüstendörfern sehen die Bewohner aber auch, dass mit dem Kraftwerk neue Straßen entstehen, Gesundheitszentren und Schulen.

MASEN hat eine eigene Mitarbeiterin eingestellt, die die sozialen Begleitmaßnahmen koordiniert. „Bei meinem Vorstellungsgespräch wurde ich auch gefragt, was in meinem Dorf am dringendsten benötigt würde“, erzählt El Amrani. Von den derzeit 1800 Beschäftigten auf der Baustelle kommen 1500 aus der Region, Bauarbeiter, aber auch Hochschulabsolventen wie El Amrani. „Früher, sagt er, hätte ich nach dem Studienabschluss nach Casablanca umziehen müssen oder nach Rabat. Hier gab es ja nichts.“ Das hat sich geändert.

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